Satirische Betrachtung

Freikirchler dienen Asylsuchenden – und Sektenexperten

Freikirchler helfen freiwillig in Asylzentren. «20 Minuten» schöpft bereits Verdacht, sie würden Flüchtlinge missionieren. Sektenexperten reagieren empört. Was ist davon zu halten? Eine satirische Betrachtung von Daniel Gerber.

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Schlagzeile in «20 minuten» vom 1.12.15
«In manchen Asylzentren gehen Freikirchler ein und aus», berichtet die Zeitung «20 Minuten», was zu tief betroffener Schnappatmung bei Sektenkundlern führt. Die Zeugen Jehovas haben sogar ein Merkblatt zur Mission unter Flüchtlingen herausgegeben – offenbar ohne vorher das Gut zum Druck bei Sektenkenner Hugo Stamm eingeholt zu haben, der deshalb in seinem Blog im «Tages-Anzeiger» unter dem Titel «Das Endzeitfieber steigt bei radikalen Freikirchen» tadelt.

Dass eine Schwester aus einer landeskirchlichen Gemeinschaft in Berlin sagte, die Flüchtlinge seien von Gott hierher geschickt worden, damit sie missioniert werden, lässt Stamm tief in seinen gut sortierten, verbalen Waffenschrank greifen: «Solche Haltungen stehen oft am Anfang von religiösen Konflikten.» Und deshalb gilt, was sonst mahnend aus der gleichen Ecke abgestraft wird: Sippenhaftung – jedenfalls wenn es um Freikirchler geht.

Freiheitsstatue erschiessen

Horden von Freikirchlern fallen also über Menschen her, die nach Annahme, Liebe, Perspektive und Hoffnung suchen und erzählen von einem Gott, der Liebe, Hoffnung, Perspektive und Hoffnung bietet. Sie laden zu Deutschkursen, bieten Zeit, offene Ohren – schlicht ein Gegenüber. Dennoch scheint das etwa gleich schlimm zu sein, wie wenn jemand fordern würde, die Freiheitsstatue standesrechtlich zu erschiessen.

Und so verwunderte es nicht, dass sich weitere finstere Vergehen der Freikirchler auftürmen: Regina Spiess von «Infosekta» ist zu Ohren gekommen, dass Christen in Zentren Spielnachmittage und Deutschkurse anbieten. Sie zeigt sich grundsätzlich besorgt, insbesondere dann, wenn die Kinder bekehrt würden und die Eltern nicht – am besten ist natürlich, wenn die Eltern diesen Schritt auch gleich machen; aber Ernst beiseite.

Rigide Sexualmoral

Kritisch beurteilt Regina Spiess die rigide Sexualmoral vieler Freikirchen – ja, da dürften die Ankömmlinge aus Aleppo, Kabul, Mosul und Teheran völlig überfordert sein und bald ganz Beirut ihr volles Leid klagen, denn viele stammen aus einem kulturellen Hintergrund, in dem freier Sex und Regenbogen-Familien staatlich gefördert werden. Die Kopftücher und Burkas sind ja eigentlich nur Tarnung, oder? Gerade punkto sexueller Moralvorstellung weichen die Freikirchler also laut «Infosekta» am weitesten von den Vorstellungen der Asylsuchenden ab.

Die neue Frisur von David Beckham

Zur Kultur des Nahen und Mittleren Osten ebenso wie zu jener Afrikas gehört folglich auch in keiner Weise, dass man ganz natürlich über Religion und Glauben redet. Vielmehr interessiert auch da jede Mimik des Bachelor oder die neue Frisur von David Beckham.

Menschen aus Nahost stufen den Westen als christlich ein. Ihnen die christlichen Wurzeln vorzustellen ist nun aber offenbar nicht genehm. Obschon es sie interessieren würde. Besser aber erklären wir ihnen, dass es beispielsweise diskriminierend ist, einem Elternteil «Mutter» und dem anderen «Vater» zu sagen. Interessieren wird sie das allerdings – jedoch werden sie diese im Westen ernstgemeinte Forderung als das verstehen, was dieser Text hier ist: Eine Satire. 

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Datum: 02.12.2015
Autor: Daniel Gerber
Quelle: Livenet

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