Infosekta «besorgt»
Sodom und Gomorrha – nur andersherum
Die Freikirche ICF engagiert sich für Jugendliche im Kreis 5 in Zürich. Dort leben viele Muslime. «Infosekta» ist nun besorgt. Menschen mit Migrationshintergrund könnten auf enge Werte ansprechen. Das wäre natürlich schlimm. Sodom und Gomorrha. Nur andersherum. Das schönste Schmankerl aber kommt von Georg Otto Schmid.
«Infosekta» ist besorgt, was auch uns natürlich betroffen und ein Stück weit traurig macht. «Die Acts-Leute meinten es zwar gut, vermittelten aber auch ihre Jesusbotschaft und ihren engen Wertekanon», beugt sich eine Mitarbeiterin der Beratungsstelle in der Zeitung «20 Minuten» kritisch über das Wirken der jungen Christen. Da stehen wir fast schon vor einem schauderhaften Moment der Ratlosigkeit.
«Liebe deinen Nächsten wie dich selbst», überschreibt Jesus in der Bibel seinen, aus dem besorgten «Infosekta»-Blickwinkel, engen – um dieses zeitlos würdevolle Wort noch einmal zu verwenden – «Wertekanon»: «Dieser spricht gerade Jugendliche mit Migrationshintergrund besonders an.» Da türmen sich nun schon tiefschwarze, unergründlich-unheilvolle Schatten vor uns auf.
Botellon
Ein wahres Gedanken-Grusel-Kabinett wartet. Was geschieht, wenn Jugendliche sich weniger mit Alkohol, Game-Sucht, aufgemotzten Autos, Herzen brechen, ruinösen Krediten und – nicht zu unterschätzen wegen der Klimaerwärmung – öffentlichem Rülpsen beschäftigen?
Und wenn sie sich stattdessen mit Nächstenliebe, Vergebung statt mit Hass und dem Getränk des Vertrauens beschäftigen? Da würde die Sonne wohl untergehen, bevor es Abend wird. Müssten die Behörden, um zu verhindern, dass plötzlich in Liebe und Harmonie von Generation zu Generation gelebt wird, staatlich subventionierte Botellon mit strenger Hand durchsetzen, um eine gewisse Reststabilität eines offenen und liberalen Wertekanons aufrechtzuerhalten.
Verdachtsrethorik
Doch der «Infosekta»-Lagevortrag ist noch nicht ganz versiegt: «Oft entfremden sich Jugendliche von ihren Eltern», heisst es weiter. Das ist nun nicht zu unterschätzen. Umstürzlerische Komplotte und tiefverwurzeltes Aufbegehren gegen die verhassten, elterlichen Despoten warten oft, wenn sich Jugendliche mit dem ICF beschäftigen. Ansonsten kennen die jungen Menschen natürlich nur variantenreiche Hilfe im Haushalt und salbungsvolle Worte über alle Entscheide der vorangehenden Generation. Und nein, nein, niemals nie werden geringste Gedanken der Kritik auch nur in die Nähe der Zunge kommen. Die Pubertät hat ausgespielt.
Doch wer sich mit ICF beschäftigt, entfremdet sich also und spricht plötzlich nur noch so, als würde er die Relativitätstheorie auf Suaheli erklärt bekommen. Nun, bei ICF wird für die Eltern gebetet, Zuneigung statt Entfremdung gelernt. Wie überall kann es natürlich bedauerliche Einzelfälle geben – die aber nicht mit dem Gesamtbild verwechselt werden dürfen.
Die alte Frau
Was ist, wenn die Werte, die ICF vertritt, plötzlich eine Renaissance erfahren? Was ist, wenn junge Menschen plötzlich einer alten Frau, pardon, einer Seniorin, über die Strasse helfen?
Stellen wir uns schon jetzt die lückenlose Berichterstattung vor: «Das Grauen kam um 15:31 Uhr Ortszeit. Bisher unbescholtener Teenager (16) hilft einer Seniorin (84) über die vielbefahrene Hauptstrasse. Nach der Tat machte sich der Nächstenliebe-Unhold davon. Die Seniorin ist erleichtert, die Bewohner sind entrüstet.»
Schmankerl und Conchita Wurst
Was wäre diese satirische Betrachtung ohne Schmankerl – in Form einer Realsatire. Das christlich geprägte Musical «Life on Stage» weckte eine kritische Betrachtung durch «20 Minuten» (03.11.2014). Georg Otto Schmid von der landeskirchlichen «Relinfo» berichtet, dass es sich hier um eine weltanschaulich werbende Veranstaltung handelt: «Als evangelikale Organisation hat das Netzwerk Schweiz eine missionarische Aufgabe.» Dies sollte dem Publikum bewusst sein. Ansonsten würde die Gefahr bestehen, dass sich Besuchende an der weltanschaulichen Werbung stören. Denn die Botschaft sei klar: «Das Musical soll den Zuschauenden das Christentum in evangelikalem Verständnis näherbringen.» Und wo ist das Problem? Was Conchita Wurst darf, dürfen biblisch orientierte Christen auch – wie es ein «20-Minuten»-Leser formuliert. Nämlich für ihr Weltbild einstehen.
Ein auf der Bibel basierendes Musical wirbt also für die in der Bibel geworbene Weltanschauung. Da braucht es keine gehobenen mathematischen Formeln, um herauszufinden, dass da der Weltuntergang und Sodom und Gomorrha Hand in Hand vor der Türe stehen. Dass da nicht schon «Infosekta» darauf gekommen ist… Schliesslich wirbt «Migros» stets für «Coop» und «Aldi». Und «Mercedes» für «BMW» und «Audi». Und die Reformierte Landeskirche für den Islam und den Buddhismus (oder beinhaltet nun dieser letzte Satz eine zusätzliche Real-Satire?).
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Autor: Daniel Gerber
Quelle: Livenet