Mathematikprofessor Lennox:
«Auch Atheisten glauben»
Christen in Europa fühlen sich zunehmend eingeschüchtert und tun sich schwer über ihren Glauben zu sprechen. Demgegenüber sind Atheisten in der Gesellschaft auf dem Vormarsch. Diese Einschätzung äusserte Mathematikprofessor John Lennox am Kongress christlicher Führungskräfte in Hamburg. Auch das Bemühen um ein gutes Image verhindere, sich zum Glauben zu bekennen.
Der deutsche Kongress christlicher Führungskräfte in Hamburg ging am Samstag mit einem hochkarätigen Referat zu Ende. John Lennox, Mathematik-Professor und Dozent an der Universität in Oxford, machte Mut, trotz Widerständen auf Gott zu vertrauen und das Gehirn zu benutzen.Professioneller Beruf und naives Bibelverständnis
«Eine grosse Schwierigkeit ist», so Lennox, «dass wir Angst in der Öffentlichkeit haben, weil wir beruflich viel professioneller ausgebildet sind als im Umgang mit der Bibel.» Es gebe einen «Zuversichtsverlust» im Blick auf die Bedeutung der Bibel. Viele sähen sie nur noch als ein Buch, das für die Gemeinde und das eigene Leben wichtig sei. Draussen aber, in der Öffentlichkeit, da gehe es nicht um die Bibel, sondern die Kultur. «Die Dinge kommen kaum zusammen. Und es ist sehr wichtig, dass wir das ändern.»
Glaube gibt es in allen Bereichen des Lebens
Ein weiteres Hindernis, sich zum Glauben zu bekennen, sei, dass Glaube weithin nur noch als ein religiöser Begriff verstanden werde. «Glauben benutzen wir jeden Tag, in allen normalen Bereichen, so Lennox. «Es ist wirklich schade, dass wir Glaube nur noch als religiösen Begriff gebrauchen. Auch die Naturwissenschaften und der Atheismus sind ein Glaubenssystem.» Glaube sei dann gegeben, so Lennox, wenn man einen Sachverhalt ohne Gründe akzeptiere. «Das gibt es überall, auch in den Naturwissenschaften und auch im Atheismus.» Moderne Menschen glaubten aber, dass Wissenschaft nur aus bewiesenen Aussagen bestehe. Von daher seien viele der Ansicht, «dass Wissenschaft und Glauben nicht mehr zusammenpassen.»
John Lennox ist gebürtiger Ire. Für ihn sei wichtig gewesen, so der Mathematikprofessor, dass ihm seine Eltern zum einen ihren Glauben an Jesus vermittelt hätten, aber zugleich auch den Raum schafften, um selbst zu denken.
Beispiel Daniel
Ein Vorbild dafür, als Christ in einer Gesellschaft zu leben, die mit dem lebendigen Gott der Bibel nichts anfangen könne, sei der Jude Daniel. Von ihm berichte die Bibel im Alten Testament, wie er im sechsten Jahrhundert vor Christus nach Babylon verschleppt wurde.
Es sei kein Zufall, dass der babylonische König Nebukadnezar die goldenen Gefässe aus dem Tempel in Jerusalem nach seinem Sieg über die Juden an sich genommen habe. Gold sei «ein Symbol des absoluten Wertes Gottes.» Das habe Nebukadnezar für sich allein beansprucht. Deswegen habe er verlangt, dass alle Untertanen sein Standbild anbeteten.
Auch Menschen, die an keinen Gott glaubten, suchten absolute Werte, meint Lennox. «Man kann ohne absolute Werte nicht leben. Deswegen nimmt man reale Dinge und verabsolutiert sie.»
Jesus, der «absolute Wert»
Die Darstellung des Lebens von Daniel als Gefangener in Babylon vermittle eine «gewaltige Botschaft: Die Gefahr zweierlei zu tun: das Absolute zu relativieren und das Relative zu verabsolutieren.»
Für Christen gelte, dass Gott und Jesus Christus die absoluten Werte seien. «Alles andere hängt davon ab.» Und wer nach dieser Richtlinie lebe, sei aufgefordert, sich vor anderen zu Jesus zu bekennen.
«Herr Professor, ich denke, ich bleibe bei meinem Glauben.»
John Lennox erinnerte daran, wie er als 19-Jähriger nach Oxford kam. Er habe im Kreis von Professoren und einem Nobelpreisträger versucht, Zeugnis von seinem Glauben zu geben, auch wenn er vermutlich ungeschickt dabei vorgegangen sei.
Ein Professor reagierte kritisch auf ihn: «Wenn sie Karriere in der Mathematik machen wollen, geben sie diesen kindischen Glauben auf. Dieser Glaube wird sie lähmen. Sie werden damit nicht gut vorankommen.» Lennox erwiderte: «Herr Professor, ich denke, ich bleibe bei meinem Glauben.»
Lennox lehrt an der University of Oxford, sein Schwerpunkt ist die Verhältnisbestimmung von Wissenschaft und Religion. Zu dem Thema wurde er als Autor und Redner bekannt. Lennox führte öffentliche Diskussionen mit Personen wie Richard Dawkins, Christopher Hitchens und Michael Shermer, die die Existenz Gottes oder ein Eingreifen Gottes in die Welt bezweifeln oder ausschliessen.
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Autor: Norbert Abt
Quelle: Livenet