Marlies Raaflaub
Vom Partygirl zur Bergbäuerin
Marlies Raaflaub aus Gstaad fühlt sich wohl im Berner Oberland. Seit ihrer Ausbildung in der Krankenpflegeschule Spiez lebt sie in den Bergen. Heimat ist für Marlies in den Bergen. Zusammen mit ihrem Mann Ueli bewirtschaftet sie einen Bio-Betrieb. Auch die Schwiegereltern und ihre vier Kinder leben unter ihrem Dach. Heimat ist für Marlies dort, wo sie ihre Identität in Jesus leben kann.
Wenn Marlies Raaflaub in ihrem Garten arbeitet, ist sie von der herrlichen Bergwelt des Saanenlandes umgeben. Sie liebt es, der Schöpfung nahe zu sein und sieht den Ertrag ihrer Sträucher und Beete als Geschenk Gottes. Gern lässt sie Wanderer daran teilhaben, indem sie ihr Hoflädeli immer wieder mit selbstgekochter Konfitüre, Bio-Glacé oder Nidle-Täfeli bestückt. Die Früchte erntet Marlies direkt vor dem Haus des Muhofs, die eigenen Kühe liefern Rahm und Alpkäse.
Dieses Jahr wird die Ernte allerdings sehr gering ausfallen. Der Jahresanfang war zu nass. Weder Obst noch Gemüse werden mit Pestiziden behandelt, deshalb ist der Hof sehr vom Wetter abhängig. Doch Marlies vertraut darauf, dass Gott sie in jedem Fall versorgt. «In anderen Jahren hängen die Bäume dann wieder voller Früchte», erklärt die passionierte Gärtnerin.
«Bärn hani gärn»
Aufgewachsen ist die 53-Jährige im Zürcher Weinland. Als Ausbildungsort zur Krankenpflegerin wählte sie Spiez. «Das Berner Oberland hat mir schon immer gefallen», erklärt sie und lächelt. Auch wenn es sehr streng sei, am Berghang einen Bio-Hof zu betreiben, bereut sie den Umzug nicht. Vier Kinder zwischen 15 und 23 Jahren gehören heute zur Familie.
Die Schwiegereltern wohnen im gleichen Haus und helfen da und dort mit. Marlies ist zuständig für Haus, Garten, Weidepflege und die Vermarktung ihrer Produkte im Lädeli oder online. Zudem hilft sie mit im Stall und erledigt Administratives, etwa die Anstellungsverträge für den Senn und Käser, die im Sommer ihre 24 Kühe auf der Alp pflegen. Die Milch wird vor Ort zum würzigen Alpkäse verarbeitet. In dieser Zeit ist die Familie oft mit Heuen und Wildheuen beschäftigt. Bei diversen Arbeiten leisten auch Zivildienstler wertvolle Unterstützung.
Auf der Suche...
«Ich tanze sehr gern», hält Marlies fest. Während sie nach ihrer Ausbildung im Engadin im Spital arbeitete, verbrachte sie viel Zeit mit ihrer Clique beim Tanzen. Ganze Nächte schlugen sie sich in Discos um die Ohren und hatten Spass. Natürlich wurde dabei auch getrunken, geraucht und gekifft. «Schon immer habe ich nach mehr gesucht, sehnte mich nach Spiritualität», stellt Marlies Raaflaub klar. Seit ihrer Kindheit ist sie wiederholt Christen begegnet, die ganz bewusst mit Gott durchs Leben gehen. «Einmal fragte mich eine junge Frau, ob mich das Partyleben wirklich erfülle. Wahre Lebensfreude könne nur Jesus geben.»
Marlies las Bücher über die grossen Weltreligionen, suchte nach Sinn und Orientierung im Leben. Als einige ihrer christlichen Freunde sie einmal zum Tanzen begleiteten, beeindruckte sie das sehr. Vorher war für Marlies klar gewesen: «Christ sein will ich unter keinen Umständen! Die haben ein langweiliges Leben, dürfen sicher nicht tanzen und ihnen ist alles verboten, was Spass macht.» Gleichzeitig nahm sie bei diesen Christen eine andere Atmosphäre wahr, als bei den Kumpels aus der Clique. «Ich spürte die Liebe, die sie Jesus und mir gegenüber hatten und war hin- und hergerissen.»
«Gott, zeig dich mir!»
Natürlich war da auch Angst vor den Konsequenzen der Jesus-Nachfolge. «Was bedeutet das für mich? Was gebe ich auf, wenn ich diesen Weg wähle?», fragte sie sich. «Ich wusste damals nicht, dass es eine klare Entscheidung braucht, um mit Jesus zu leben», erklärt Marlies. Immer häufiger las die junge Pflegerin in der Bibel, die sie geschenkt bekommen hatte. Als 20-Jährige forderte sie Gott heraus: «Wenn es dich wirklich gibt, dann zeige dich mir!» Immer wieder geschahen daraufhin Dinge, die kein Zufall sein konnten. «Meine Gebete wurden erhört», bestätigt Marlies.
Die junge Frau lud Jesus in ihr Leben ein und bezieht ihn seither in jeden Lebensbereich mit ein. Innerlich steht sie ständig im Dialog mit ihm und erlebt das Wirken Gottes auch im Alltag. Kürzlich fuhr die Familie zum Schwimmen an einen See. «Leider hatte meine Tochter ihre Badehose nicht eingepackt», erzählt Marlies. «Ich schilderte Gott im Stillen das Problem.» Als Raaflaubs beim Badeplatz ankamen, hing tatsächlich ein Badeanzug am Baum. Er gehörte offenbar niemandem. «Ich war sehr überrascht, wie humorvoll Gott ist und selbst banale Anliegen nicht unbeantwortet lässt», sagt die vierfache Mutter und schmunzelt. Auch wenn sie den Eindruck hat, jemand brauche sie, kann sie alles stehen- und liegenlassen, um diesem Menschen ihre Wertschätzung zu zeigen. «Nächstenliebe ist mir sehr wichtig. Ich wünsche mir, dass jeder Mensch weiss, dass er wertvoll ist, dass Gott ihn liebt.»
Glaube und Gemeinschaft leben
Marlies Raaflaub arbeitet gern mit den Händen. Der Kopf sei auf diese Art frei zum Beten. «Ich bin immer mit Jesus im Gespräch», hält die begeisterte Landfrau fest. «Er gehört einfach zu meinem Leben, ich frage ihn um Rat und vertraue ihm das Wohlergehen anderer Menschen an.»Sehr gern trifft sich Marlies auch mit einer Freundin, um auszutauschen und zu beten. Dann spazieren sie zusammen oder singen und musizieren. Auch im Freundeskreis wird gemeinsam gesungen, gebetet und gegessen. «Das ist für mich Kirche im Alltag», hält die vielseitig interessierte Frau fest.
In der Freizeit unternimmt Familie Raaflaub gern etwas zusammen, geniesst die Gemeinschaft miteinander und mit Gott in der Natur. «Wir wandern und schwimmen gern und nutzen den freien Sonntag oft für Ausflüge.» Raaflaubs haben festgestellt, dass es sich lohnt, diesen Tag für Erholung und Gemeinschaftspflege einzusetzen. «Sechs Tage sollst du arbeiten, am siebten sollst du ruhen», heisst es in der Bibel. Dieser Rhythmus hilft ihnen, die vielseitige Arbeit zu bewältigen und einander dabei nicht zu verlieren. «Ich möchte nie mehr ohne Jesus unterwegs sein. Er ist mein treuer Freund», bekräftigt Marlies. «Immer wieder erlebe ich, dass Gott die Sehnsucht meines Herzens stillt.»
Dreigenerationen-Betrieb
Der Muhof ist ein
Dreigenerationen-Familienbetrieb oberhalb von Gstaad. Seit Jahrzehnten leben die Raaflaubs als Bergbauern im Einklang mit der Natur. 1993 haben sie den
Betrieb auf Bio umgestellt. Rund um den Hof gibt es zahlreiche
schattenspendende Hochstammbäume. Der Spielplatz unter zwei grossen Eschen
bietet nebst zahlreichen Attraktionen für Gross und Klein gemütliche
Sitzgelegenheiten und direkte Verpflegung aus dem Selbstbedienungs-Hofladen.
«Bei uns helfen und denken alle mit. Ohne gemeinsames Anpacken wäre es sowieso
unmöglich, diesen Betrieb im steilen Gelände um Gstaad zu führen»,
erklärt Marlies Raaflaub.
Dieser Artikel erschien zuerst in der Verteilzeitschrift Hope Simmental & Saanenland von Livenet.
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Autor: Mirjam Fisch-Köhler
Quelle: Hope Simmental & Saanenland