Porno-Boom und die Folgen
Der Anthropologe Prof. Dr. Thomas Schirrmacher und die Autorin Christa Meves deckt die Unbekömmlichkeit der Pornographie – besonders für die Seelen männlicher Wesen auf.
Pornographie
… ist die totale Vermarktung der privatesten Sache der Welt. Sex wird zu einem Zuschauersport, der möglichst öffentlich stattfinden sollte.
… macht die Sexualität käuflich und damit wertlos. Denen, die an Pornographie Millionen verdienen, ist jedes Mittel recht, um noch mehr daran zu verdienen.
… entpersonalisiert die Sexualität. Das Gegenüber ist nicht mehr eine geliebte Person, sondern ein anonymes Sexualobjekt.
… macht süchtig wie andere Suchtmittel und ist der Einstieg in die Welt der Droge «freie Sexualität», die jede Verantwortung für das eigene Handeln leugnet. Pornographie führt zur klinisch erfassbaren Sucht.
Die Pornosucht lässt sich psychologisch-medizinisch mit anderen Arten der Sucht und ihrer Stadien vergleichen:
1.Stadium: Man kommt von der Pornographie nicht mehr los.
2. Stadium: Der Pornokonsum wird häufiger und umfangreicher.
3. Stadium: Es tritt ein Eskalationseffekt ein, indem auch mit sehr großen Mengen konsumierter Pornographie der gewünschte Erfolg nicht mehr erreicht werden kann.
4. Stadium: Es erfolgt eine zunehmende Abstumpfung und Desensibilisierung gegenüber den merkwürdigsten Darstellungen und Handlungen.
5. Stadium: Es entsteht ein Zwang, das Gesehene zu praktizieren, wobei jedes Mittel recht ist.
… Wie Hunger und Durst ganz gewiss nicht kleiner werden, wenn man im Fernsehen verlockend hergerichtete Speisen und raffiniert gemachte Getränkewerbung sieht, sondern größer, so wird der Sexualtrieb durch Pornographie und Sexfilme in aller Regel nicht reduziert und abgebaut, sondern stimuliert und er drängt erst recht und noch stärker als vorher nach realer Befriedigung, egal welche Kosten damit verbunden sind.
… Pornographie vermittelt ein unbeschränktes Recht, die eigenen sexuellen Wünsche rücksichtslos einlösen zu dürfen. Vergewaltigungen und sexueller Missbrauch von Kindern sind nur ein Beispiel für eine Sexualität, die den eigenen Trieb zum Maßstab aller Dinge macht.
…Das vorrangige Verbrechen ist somit die mögliche Vergewaltigung. Wer Vergewaltigung immer weniger verabscheut, führt sie auch eher tatsächlich durch.
Pornographie
… führt zu Nachahmungsverbrechen, denn sie führt dazu, dass ihre Konsumenten ausprobieren und nachahmen, was ihnen optisch vorgemacht wird.
… wird automatisch immer brutaler und bringt unglaubliche Gewaltorgien hervor. Die Verwendung von Sex und Gewalt wird in unserer Gesellschaft immer intensiver. Ein Bereich, in dem die Brutalisierung ganz offensichtlich wird, ist die Kinderpornographie.
… entwürdigt die Frau und macht sie zu einem käuflichen Objekt.
…prägt die Einstellung der Männer Frauen gegenüber und bringt Frauen um das elementare Recht, Mensch sein zu dürfen. Frauen sind laut Pornographie nackte Wesen und vor allem zur Befriedigung geschaffen.
…macht den Körper des Menschen zum höchsten Maßstab und zerstört damit alle inneren Werte einer Beziehung. Was der Mensch wert ist, wird an seinem Aussehen gemessen.
… belastet Kinder mit Problemen, die sie weder bewusst noch unbewusst verarbeiten können.
… zerstört die Partnerschaft zwischen Mann und Frau, weil «Idealfrauen» als heimlicher Maßstab die Dritten im Bunde sind. Viele Paare sind inzwischen zur Sexualität ohne Pornographie unfähig.
…vermittelt den Gedanken, dass jede sexuelle Handlung zwischen Menschen möglich (und berechtigt) ist, die sich gerade zum ersten Mal getroffen haben. Sex ist angeblich überall möglich und gut, zu jeder Zeit und mit jedermann.
Die Moderne hat die Großmacht Sexualität leichtfertig in einer verheerenden Weise fehleingeschätzt. Es ist dem Menschen unbekömmlich, den so mächtigen, notwendigen Lebensbeweger Sexualität aus seinem Zusammenhang zu reißen. Sie hat das mit allen Grundtrieben des Menschen gemein: Isoliert man sie, setzt man sie absolut, so beginnen sie zu wuchern und den Menschen seiner Freiheit zu berauben. Sein Wille erweist sich allzu oft geringer als der hochgezüchtete, aufgereizte und absolut gesetzte Antrieb. Er verselbstständigt sich und zwingt so die Menschen in die Sucht. An den Trieb gefesselt verlieren sie ihre Willensfreiheit – sie sind nicht in der Lage, den Trieb zu beherrschen, sondern dieser beherrscht sie. Er fordert durch immer größer werdenden Druck seinen Tribut. Der Mensch wird zu seinem Sklaven. Pornographisches Material wird zum süchtig gesuchten Moloch.
Die Entstehungsgeschichte dieser Fehlentwicklung ist rasch zusammengefaßt: In der Mitte der 60er Jahre erreichte – gleichzeitig mit der Freigabe der Anti-Baby-Pille, von den USA her – die Sexwelle Europa. In Deutschland machte 1968 die Studentenrevolte, die es sich zum Ziel setzte, die Gesellschaft zur Anarchie zu verändern, die «Befreiung zur Sexualität» zu einem Programmpunkt ihres «Marsches durch die Institutionen». Die Lust avancierte zum höchsten Garanten des Lebensglücks. Die Sexualität wurde infolgedessen ihrer Tabuzonen enthoben. Alle herkömmlichen Bastionen der Eingrenzung wurden als eine zu überwindende «Leibfeindlichkeit» diskriminiert.
Die Hüllen fielen auf der ganzen Bandbreite. Die täglich millionenfach in Augenschein genommene aufreizend nackte Schöne in der «Bild-Zeitung» («Kronen-Zeitung»; in der Schweiz im «Blick») hat mit Pornographie angeblich ebenso wenig zu tun wie die TV-Sendungen nach Mitternacht und die pornographische Videoschwemme. Das glauben die Macher mittlerweile sicher zu wissen, und seit der Reform des Strafrechts dürfen sie sich selbstredend auch in Sicherheit wiegen: Das alles sei «Kunst» – und deshalb sei verdammt, wer hier Übles denke; er erweise sich allenfalls selbst als Relikt vergangener Zeiten mit einer verklemmten Sexualität...
Die Fehlentwicklung zur Pädophilie findet heute um so häufiger statt, je mehr ein Kind unzureichend betreut wird. Fehlender familiärer Hintergrund, nicht ausreichende Anwesenheit der Bezugspersonen, das Fernsehen als ein schädigender Ersatz für eine zureichende Bindung an nahe Verwandte – eine Situation, die Kinder heute allzu häufig erleiden – bereiten diese Fehlentwicklungen vor. Die Kinder gehen auf die Suche nach Liebe und Zärtlichkeit, so dass sie zur leichten Beute von Kindsverführern werden.
Die Eskalation der Pädophilie und anderer Perversionen – allgegenwärtig geworden durch pornographische Tendenzen – die horrende Zunahme des sexuellen Kindsmißbrauchs auch im privaten Bereich als konsequente Folge der Fehlentwicklung ist eine große Herausforderung für die Gesellschaft. Spätestens jetzt, angesichts der horrenden Zunahmen von Sexualdelikten sollte das einen Aufbruch hervorrufen. Es ist an der Zeit, nicht weiterhin verantwortungslosen Schreibtischtätern und Geschäftemachern das Feld zu überlassen.
Sexualtäter sind in den allermeisten Fällen Sexualsüchtige, und das heißt, dass der pathologisch gewordene Drang stärker ist als der Wille und den Menschen so zum Wiederholungstäter macht. Es ist dringend an der Zeit, dass hier endlich wieder Erfahrungswissenschaft an die Stelle einer blauäugigen Fehleinschätzung tritt.
Aber das hieße vor allem zu erkennen, dass der Mensch maßlos seine eigene Steuerungsfähigkeit überschätzt hat, dass er dumm und überheblich das Machen nach der eigenen Mütze an die Stelle des Hinaufhorchens und -fragens gesetzt hat. Erst nach einer Rückkehr zur Realität menschlicher Ohnmacht angesichts der Mächte über ihm ließe sich auf echten Fortschritt hoffen.
Die Vergötzung der Sexualität ist eine dumme Sünde, weil sie überheblich einen Teil der Natur des Menschen an die Stelle Gottes setzt. Für Sünde gibt es nur einen gangbaren Weg. In Busse und Reue hin zu Jesus Christus, der allein uns unsere schwere Schuld abnehmen und uns in echte Liebe und Freiheit führen kann.
Weiterführende Literatur:
Christa Meves, Thomas Schirrmacher:
Ausverkaufte Würde. Der Pornographie-Boom und seine psychischen Folgen.
Hänssler-Verlag, Holzgerlingen 2000
Bestell-Nr. 393.544, ISBN 3-7751-3544-8
Christa Meves
Freipraktizierende Kinder- und, Jugendpsychotherapeutin, Mitherausgeberin einer Wochenzeitung, Autorin
Die reiche Öffentlichkeitsarbeit von Christa Meves entstand einerseits aus einer eigenständigen neuen wissenschaftlichen Weiterentwicklung von bereits vorhandenen Erkenntnissen in Tiefenpsychologie und Pädagogik und andererseits durch den Impuls der Mitverantwortung.
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