Gottes Gnade macht frei
Margot Kässmann: Zentrale Punkte der Reformation hoch aktuell
In der modernen Gesellschaft zählen Leistung und Erfolg. Da ist der Gedanke der Reformation, dass jeder Mensch die Liebe und Gnade Gottes braucht, brandaktuell.
Diese Einschätzung vertritt die «Beauftragte der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) für das Reformationsjubiläum 2017», Margot Kässmann. Die frühere Bischöfin und EKD-Ratsvorsitzende war Sprecherin auf dem dritten Christlichen Medienkongress vom 16. – 18. Januar in Schwäbisch Gmünd.«Martin Luther», so Kässmann, «sprach über die Gnade und dass wir aus ihr leben. Es ist eben nicht die Leistung, sondern allein Gottes Gnade, die uns Würde und Sinn gibt.» Das Wort Gnade sei dennoch heute nicht leicht zu vermitteln. Deshalb solle man eher von der Liebe Gottes sprechen und sich Bilder überlegen, die diese Gnade veranschaulichen. «Denn aus der Gnade Gottes entsteht die Kraft des Glaubens.»
Kässmann erinnerte die Journalisten und Medienvertreter an die besonderen Rahmenbedingungen des Reformationsjubiläums 2017. Sie nannte unter anderem die Globalisierung, die Erfahrung des Holocaust und den mittlerweile hundertjährigen ökumenischen Dialog und die damit verbundene Annäherung als besondere Charakteristika des Jubiläums.
Zudem sei es das erste Reformationsjubiläum, in der die Mehrheit der reformierten Kirchen Frauen zu allen ordinierten Ämtern zulasse. Dies sei kein Zugeständnis an den «Zeitgeist», sondern Teil der lutherischen Tauftheologie. Die EKD-Beauftragte zitierte Martin Luther: «Jeder, der aus der Taufe gekrochen ist, ist Priester, Bischof, Papst.» Vor diesem Hintergrund sei die oft zitierte Bild-Schlagzeile «Wir sind Papst» zutiefst lutherisch.
Aus der Tauftheologie habe die Reformation auch den Respekt gegenüber Frauen entwickelt, so Kässmann. Bis zur Reformation habe das zölibatäre und klösterliche Leben als der «angesehenere Lebensweg» gegolten. «Die öffentliche Heirat von bisher zölibatär lebenden Priestern, Mönchen und Nonnen», so Margot Kässmann, sei daher «ein theologisches Signal» gewesen.
«Etwas für die Reformation Elementares sollte deutlich werden: Die Weltzuwendung und demonstrative Sinnlichkeit des reformatorischen Glaubens. Die Reformatoren wollten mit ihrem Schritt zur Ehe ein Beispiel geben, dass auch das Leben in der Familie, mit Sexualität und Kindern, von Gott gesegnetes Leben ist. Dein Beruf ist das, was du tust in der Welt, ob als Besen schwingende Magd oder als regierender Fürst.»
Margot Kässmann erinnerte daran, dass Luthers Reformgedanken sowohl aus dem Studium der Bibel als auch aus seiner Frömmigkeit als Augustinermönch entstand: «Zuallererst war die Reformation aus dem Bibelstudium und aus der geistlichen Klosterbewegung erwachsen.» Das gelte nicht nur für Martin Luther, sondern auch für Huldrych Zwingli.
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Autor: Norbert Abt
Quelle: Livenet