Sibylle und Roland Bircher
«Auch mit dem Rollstuhl haben wir Zukunft»
Wenn das Leben gleich mehrere Dinge mit sich bringt, die über unsere Kraft gehen – was dann? Sibylle und Roland Bircher haben sich auf den Weg gemacht.
Sibylles Bruder ertrank im Jahr 1998. «Ich konnte das jahrelang nicht verarbeiten. Dann ereigneten sich in meinem Bekanntenkreis zwei weitere tödliche Unfälle.» Diese Schicksalsschläge zweier Familien trafen die Lehrerin schwer und brachten ihr zum Bewusstsein, dass der Tod ihres Bruders sie noch immer blockierte. «Ich hatte weiter funktioniert und vorwärts geblickt, ohne das seelische Trauma zu verarbeiten.»Roland hatte im Jahr 1999 einen Töffunfall. «Seitdem bin ich komplett gelähmt. Ich musste damit umgehen – von einer Sekunde zur andern.» Mit Gottes Hilfe, sagt er, hat er es geschafft. «Wir hatten die Heirat geplant – es war viel schwieriger, weil der Unfall dazwischen kam. Wir heirateten trotzdem kurz nach dem Unfall. Wir kämpften uns gemeinsam durchs Leben», sagt Roland und blickt Sibylle an.
Positive Seiten sehen
Birchers haben vor einigen Jahren die Schule für Heilung SFH in Gwatt bei Thun besucht. «Es hat uns geholfen, Dinge anders zu sehen», sagt Roland. «Soll ich Gott anklagen, weil ich im Rollstuhl bin? Nun kann ich es besser einordnen.» Sibylle halfen die Schulungs- und Impulswochenenden, auch die positiven Seiten zu sehen. «Es ist schwierig, wenn so viele Leute einem Ratschläge geben und sagen: Der Unfall ist passiert wegen… – oder wenn sie besser als wir wissen wollen, wie mit der Situation umzugehen ist.»
In der Schule hat das Paar verinnerlicht, «dass Gott nicht einer ist, der uns wegen unserer Fehler Unfälle oder Lebenssituationen leiden lässt. Sondern er bringt uns durch. Wir sind durch Gott, was wir jetzt sind, wir können mit dem Unfall umgehen und Erwartungen haben für die Zukunft. Es ist möglich, mit dem Rollstuhl zu leben. Gott gibt jeden Tag Kraft. Wir müssen nicht fragen: Warum? Es ist, wie es ist, und Gott trägt weiter.» Mit Rolands Behinderung ergeben sich für das Ehepaar besondere Aufgaben und Chancen: «Sie ergibt viele Brücken zu Menschen, die man sonst nicht hat. Kontakte, Gespräche.»
Trauer zulassen
Für Sibylle stand in der SFH die Verarbeitung der weit zurückliegenden Schockerlebnisse im Vordergrund. Sie hatte damals viele kleine Jobs in der Familie, in Gemeinde und Schule übernommen, um sich abzulenken. «Ich beschäftigte mich übermässig und kam an Grenzen, sodass ich merkte, es geht nicht weiter. Ich musste an mir arbeiten, auf mich achtgeben. Zuerst hatte ich die Trauer zuzulassen und zu sagen: Es ist so traurig, was mir im Leben zugestossen ist.»
Mit Gottes Hilfe konnte sie von dem Punkt an weitergehen. «Zuerst zurückkommen und zulassen, dass es mich traurig macht, dass es mich schlimm dünkt, was unserer Familie und ein Jahr später uns als Paar geschehen ist. Aber dann auch merken, dass ich Gott um Hilfe bitten kann für jeden Tag – und merken, was das in mir verändert.» Birchers bleiben von dem Geschehenen gezeichnet. «Im Sommer, wenn sich der Tod des Bruders jährt, wird mir besonders bewusst, dass wir wieder ein Jahr gelebt haben, weitergekommen sind und mit Gott Erfahrungen gemacht haben. Der Todestag ist immer emotional. Der Schmerz bleibt, aber er wird erträglicher.»
Innen heil werden
Wie stark war bei Roland der Wunsch nach körperlicher Wiederherstellung, als er sich für die SFH anmeldete? Nicht deswegen habe er es getan, sagt er. «Was zählt, ist die innere Heilung. Für Gott ist es nicht unmöglich, mich körperlich wiederherzustellen. Ich wollte aber nicht darauf fixiert sein.» Laut Sibylle hat die Schule ihnen Mut gemacht, dem Wunsch Worte zu geben: «Tatsächlich wäre es wunderbar, körperliche Wiederherstellung zu erleben. Wir lesen es in der Bibel; es ist früher passiert. Und ja, eigentlich freuen wir uns zu erwarten, dass das heute wieder passiert. Gleichzeitig sind wir so weit, dass wir wissen: Auch mit dem Rollstuhl können wir leben und haben Zukunft.»
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Autor: Peter Schmid
Quelle: Livenet