Der Eurovisions-Traum

Fünf Gründe für eine grosse Überraschung

Die Heilsarmee-Band «Takasa» könnte den Eurovision-Songcontest gewinnen. Aus den gleichen Gründen wie «Lordi». «Lordi» war der Sieger mit der dritthöchsten Punktzahl; 292 Punkte. Die Heilsarmee kann einen ähnlichen Wert erreichen.

Dass Takasa den Songcontest gewinnt, ist wahrscheinlicher, als landauf, landab angenommen wird. Die Voraussetzungen sind – man möge ob dem Vergleich nicht zürnen – ähnlich wie beim Triumph der seltsam gewandeten, finnischen Hardrock-Combo «Lordi». Gleich wie bei Lordi dürfte eine mathematische Gleichung die Takasa-Musiker auf einer Sänfte des Wohlwollens zum Sieg tragen.

Um den Takasa-Vorteil zu verdeutlichen, widmen wir uns zunächst dem Kräftemessen, in welchem Lordi 2006 in Athen den Sieg davontrug. Ungeachtet der Stimmen für die allgemeine Darbietung zählte Lordi auch auf die Votes von drei Fraktionen: 1. Die der Rock-, Hardrock- und Metal-Liebhaber in jedem Land Europas, die nur allzu gern eine Band wie Lordi den seichten Pop übertrumpfen sahen. Ihre Stimmen verteilten sich nicht auf die 23 mehrheitlich austauschbaren Songs. 2. Jene, die das Aussergewöhnliche mögen. Den «Freak-Bonus» hatte Lordi auf sicher. 3. Nicht wenige halten den Songcontest für Unsinn, «BBC» und «DRS 3» begleiten das Programm entsprechend satirisch. «Spasswähler» entscheiden sich deshalb ebenfalls nicht für den durchschnittlichen Beitrag, bei dem eine leichtbekleidete Frau den Refrain singt und ein geschniegelter Herr im Anzug sich durch weinerliche Strophen quält. Um dem Zirkus «eins auszuwischen», wählen sie ebenfalls das, was aus dem Rahmen fällt.

All diese Stimmen gebündelt ergaben aus jedem Land eine stattliche Punktzahl.

Takasa wie Lordi

Takasa ist gegenüber Lordi sogar noch leicht im Vorteil, denn abgesehen von den Punkten für die Darbietung kann der Beitrag aus der Schweiz sogar noch auf eine vierte und fünfte Fraktion pochen. Der Reihe nach. Fraktion 1: Die Genre-Gruppe. Bei Lordi waren’s die Hardrock-Liebhaber, bei Takasa die bekennenden und teils auch traditionelle Christen. Davon gibt es in manchen Staaten erheblich viele. 2. und 3. stimmen ebenfalls mit Lordi überein. Die Anti-08/15 sowie die Jux-Stimmen gehen ebenfalls auf das Konto von Takasa. Und da heuer insgesamt die schrägen Vögel wie Stefan Raab, Lordi oder wie im letzten Jahr die russischen «Buranovskie Babushki» fehlen, ist Takasa in dieser Sparte sogar konkurrenzlos. 

Und nun kommt eine 4. Fraktion dazu: Menschen, welche die Arbeit der Heilsarmee unabhängig ihrer Konfession schätzen. Davon gibt es im Osten wie im Norden viele, auch dies macht ein paar Prozentpunkte aus. Und Fraktion 5: Emil-Fans. «Heilsarmee-Emil» ist ein absoluter Sympathieträger, der zusätzliche Stimmen für Takasa generieren wird.

All diese Fraktionen vereint – gemeinsam mit den zusätzlichen Stimmen für die Darbietung – dürften konstant für Stimmen aus mehr oder weniger allen wahlberechtigten Ländern sorgen. Und so könnte sich das Punktekonto stetig erhöhen – und SRF müsste sich dann der Herausforderung stellen, im Jahr 2014 den Songcontest in der Schweiz auszutragen.

Emil mit Plan B gerüstet

Trotzdem ein abstraktes Gedankenspiel, das nur hinter vorgehaltener Hand im diskreten Flüsterton – und natürlich nicht ernst gemeint ausgesprochen – und danach gleich wieder vergessen wird: es könnte sein – und das Wort «könnte» überstrahlt alles in diesem Satz –, es könnte also sein, dass doch eine andere Nation die Nase vorne hat.

Emil, der mit Bibel und Sackmesser nach Malmö gereist ist, hat bereits einen Plan B. Vor seiner Abreise nach Schweden erklärte er, wie er kürzlich mit der Heilsarmee in einem Altersheim für eine 100-jährige Frau zum Geburtstag spielte. Die Bewohner hätten sich gefreut. Selbst wenn Takasa entgegen der hier geschilderten Erwartungen nur den zweiten Rang erreichen sollte, Emil würde es auch dann nicht langweilig.

Webseiten:
Takasa
Takasa auf Facebook

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