Für christliche Autoren
Tolkiens Haus soll ein «Bruchtal» für Schreibende werden
Fans des weltbekannten Fantasy-Autoren J. R. R. Tolkien planen, das Haus zu kaufen, in dem er «Der Herr der Ringe» und «Der Hobbit» schrieb. Sie wollen es nicht zu einem Museum machen, sondern zu einem Treffpunkt und Arbeitsplatz für Schreibende.
Die Häuser vieler bekannter Autorinnen und Autoren sind längst Museen, wie zum Beispiel das «Greenway Estate» von Agatha Christie, das Jane-Austen-Haus in Chawton, das «Centre Dürrenmatt» in Neuchâtel oder auch so seltsame Wohnorte wie der Hölderlinturm in Tübingen, in dem der Dichter 36 Jahre lang bis zu seinem Tod als geisteskrank eingesperrt war. Doch die wenigsten dieser Orte ermöglichen das, was ihre früheren Besitzer darin taten: schreiben.
Tolkiens Haus
Der vielleicht berühmteste Professor Englands zog mehrfach in seinem Leben um. 1930 lebte er bereits in Oxford und zog dann ein Haus weiter von der Northmoor Road 22 ins Haus Nummer 20. Dort kamen seine Kinder zur Welt, und dort schrieb er auch seine bekanntesten Werke. 17 Jahre lang lebte und arbeitete Tolkien hier.Nun plant ein Trägerverein – das «Project Northmoor» –, das Anwesen zu kaufen. Weil es mitten in einem Wohngebiet liegt, kann es nicht in ein Museum umgewandelt werden, doch die Tolkien-Fans haben sowieso andere Pläne. Seit wenigen Wochen sammeln sie Spenden zum Kauf des Hauses und haben bisher (Stand 10.1.21) 15 Prozent der veranschlagten Summe von fünf Millionen Britischen Pfund zusammen.
Die Vision
Nach Wunsch der Initiatoren soll in Tolkiens ehemaligem Wohnsitz eine Schreibwerkstatt entstehen. Autorinnen und Autoren können dann ein Stipendium erhalten und dort gemeinsam schreiben, arbeiten und leben. Der Schwerpunkt soll auf Fantasyliteratur liegen.
Damit würde das Tolkien-Haus nicht nur den «Originalschreibtisch des Meisters» zeigen wie so viele andere Museen: Es würde dazu beitragen, dass auch in Zukunft Menschen zum Stift oder zur Tastatur greifen und Bücher verfassen. Tolkien selbst würde dieser Gedanke sicher gefallen. Er war zwar ein akribischer wissenschaftlicher Arbeiter, der zum Beispiel die elbische Sprache seiner erdachten Welt in Mittelerde sehr detailliert ausfeilte, aber er war auch ein geselliger Autor, der seinen Schreibprozess mit anderen teilte. Typisch dafür war die Diskussionsgruppe der «Inklings» (Tintenkleckser). Seit den frühen Dreissigerjahren trafen sich C. S. Lewis, J. R. R. Tolkien unter anderem mit Dorothy Sayers, George MacDonald und G. K. Chesterton. Sie stellten sich gegenseitig ihre Arbeiten vor und spornten sich an weiterzuschreiben. Es waren nicht alles gläubige Menschen, aber viele – wie die oben genannten – schon. Und so manches ihrer Werke wäre ohne diese Gemeinschaft wohl kaum entstanden.
Die Kritik
Laut «Christianity Today» gibt es allerdings auch kritische Stimmen zum Projekt. Manche vermuten, dass das Haus eher zur Gewinnung eigener Glaubensanhänger dienen könnte als dafür, Tolkiens Erbe zu bewahren. Julia Golding, die Gründerin des «Project Northmoor», wies das zurück: «Bei uns wird es Raum für jedermann geben, unabhängig von der jeweiligen Glaubenseinstellung. Die kulturelle Vielfalt der Welt einzuschränken, ist das Gegenteil von dem, was wir erreichen wollen.» Golding räumt ein, dass auch «Tolkien im Kontext seiner Zeit und seines Glaubenshintergrunds schrieb», doch schon seine Geschichten seien universell und «sehr zugänglich für jeden, unabhängig von der religiösen Herkunft, weil er zentrale menschliche Werte wie Opferbereitschaft, Freundschaft, Kameradschaft und – nicht zuletzt – Liebe porträtiert».
Es bleibt abzuwarten, ob das alte Wohnhaus der Familie Tolkien «ein neues Bruchtal» wird. In der gleichnamigen Elbensiedlung im «Herrn der Ringe» treffen sich Reisende aller Rassen und Hintergründe zum Nachdenken, Forschen, Schreiben «und natürlich, um Abenteuer zu erleben».
Zum Thema:
Jetzt im Kino: «Tolkien» : Das Leben des «Herr der Ringe»-Erfinders
Klares Denken gefragt: C.S. Lewis: 10 Argumente für den Glauben
Er heisst «Mittelerde»: Film über das Leben J.R.R. Tolkien in Arbeit
Autor: Hauke Burgarth
Quelle: Livenet / Christianity Today