Fontis-Buchtipp: «Muttertier»

Die stille Revolution am Wickeltisch

«Muttertier» ist ein freches und klug geschriebenes Buch über Mütter, Kinder und «die stille Revolution am Wickeltisch» – und wie es sich damit glücklich leben lässt. Bestseller-Autorin Birgit Kelle weiss, wovon sie spricht – sie ist selbst Mutter von vier Kindern.

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Birgit Kelle
Mütter haben den härtesten Job der Welt – sie stehen 24 Stunden am Tag, 7 Tage die Woche zur Verfügung. Das ist eigentlich allen klar, die selbst Kinder haben oder die länger als ein paar Minuten mit Kindern verbracht haben, die nicht die eigenen sind. Und doch begegnet Müttern, die für ihre Kinder zu Hause bleiben, oft Unverständnis.

Den Müttern eine Stimme geben

Birgit Kelle hat es sich zur Aufgabe gemacht, diesen Müttern eine Stimme zu geben: «Tausenden von Müttern hört niemand in der Politik zu. Sie bleiben medial unsichtbar. Man spricht ihnen Verstand und Intellekt ab, weil sie lieber Kinder grossziehen, als Vorstände zu stürmen. Dabei werden sie nicht selten von Selbstzweifeln geplagt, weil sie mit einer Gesellschaft konfrontiert sind, die ihnen täglich zuruft: ‹Du bist ein Niemand!›» Als Mutter von vier Kindern kennt Birgit Kelle das nur zu gut.

Ein Auszug aus Birgit Kelles neuem Buch «Muttertier» gibt einen aufschlussreichen Einblick in die Thematik des Buches:

«Nur» Hausfrau und Mutter?

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Birgit Kelle
«Die meisten Mütter, die mir in den vergangenen Jahren begegneten, waren nicht unzufrieden mit ihrem Leben, sondern mit der Resonanz auf selbiges. Ich habe noch nie eine Mutter kennen gelernt, die nicht schon zigmal in ihrem Leben mit der Frage konfrontiert wurde, warum sie nicht arbeite oder ob sie denn auch 'was Richtiges' mache, ausser Kinder zu hüten. Wann sie denn endlich wieder arbeite? Oder warum sie überhaupt studiert habe, wo sie doch nur Kinder hüte?

Zumindest die letzte Frage ist einfach zu beantworten: Damit wir klug genug sind, auf solche Beleidigungen nicht mit Handgreiflichkeiten zu antworten, sondern bestenfalls mit Ignoranz.

Vielen tun diese unaufhörlichen Beleidigungen aber stattdessen leider weh. Es tut ihnen weh, dass die Gesellschaft, ihre Politiker, ihre Arbeitgeber und manchmal sogar ihre Ehemänner und ihre besten Freundinnen der Meinung sind, dass das, was sie täglich tun, weniger wert sei als der stupideste Job an einem x-beliebigen Fliessband. Dafür gäbe es nämlich Geld, wenn auch noch so wenig. Eine Mutter bekommt oft nicht einmal ein ‹Danke›.

'Sie sprechen mir aus der Seele' – das ist immer noch der häufigste Satz, den ich von anderen Müttern höre, einfach nur, wenn ich darüber schreibe und spreche, warum es mich glücklich macht, Zeit für meine Kinder zu haben. Warum es mich wütend macht, wie die Politik mit uns umgeht, und warum ich für nichts in der Welt meine Kinder gegen eine Karriere tauschen würde.

Es macht mich wütend, dass so viele dieser Frauen in dem Bewusstsein leben, mit ihnen sei irgendetwas nicht in Ordnung, weil ihnen alle Welt erklärt, sie seien auf dem falschen Weg. Die meisten haben längst aufgegeben, ihren Standpunkt in Diskussionen überhaupt noch zu benennen. Sie schweigen. Aber sie sind wütend.

'Nur Mutter', 'nur Hausfrau' – wie viele Frauen geben selbst schon diese Antwort auf die Frage, was sie denn tun. 'Nur'. Richtig, die Gehirnwäsche jahrzehntelanger 'Befreiung' der Frau ist nicht spurlos an uns vorübergegangen. Sie führt so weit, dass wir als Mütter selbst schon unter den Scheffel stellen, was wir täglich leisten. Sieben Tage die Woche, 24 Stunden täglich.»

Gelebte Weiblichkeit

Birgit Kelle hat mit «Muttertier» ein Buch über Weiblichkeit geschrieben. Weiblichkeit, die gelebt werden kann, gar gelebt werden muss. Ein klares Plädoyer für das Muttersein. Ein klares Lob an alle Mütter, die sich jahrelang die Nächte um die Ohren schlagen, erschöpft sind – und gleichzeitig glücklich, weil sie Zeit für ihre Kinder haben. Und diese Zeit grosszügig an ihre Kinder verschenken. Es ist verschenkte Zeit, die nichts mit der Effektivität und Produktivität des Berufslebens gemein hat. Oder wie es Kelle formuliert: «Essen kochen, Gewürze riechen, sich in die Finger schneiden. Badezimmer putzen, Gartenarbeit oder Auto waschen. Auch wenn es mehr Zeit kostet, es mit Kindern zu machen, als es schnell als Erwachsener zu erledigen. Zeitlose Zeit beim Betrachten von Wolken, beim Blumenpflücken und beim Kichern mit Kindern. Mütter, die Zeit haben, sind der Antipol in einer gehetzten Gesellschaft. Sie sind Hüterinnen der Zeit. Mütter, die noch Zeit haben, sind das letzte Bollwerk gegen die Mechanismen einer effizienten Gesellschaft und den verschlingenden Zugriff eines kapitalistischen Marktes.»

Ein authentisches, durchlebtes und freches Buch, dessen Lektüre nicht nur (werdende) Mütter geniessen werden, sondern mit Sicherheit auch ihre Männer.

Zur Autorin

Birgit Kelle ist Mutter von vier Kindern, Journalistin und Publizistin. Sie hat bereits zwei Bestseller veröffentlicht: «Dann mach doch die Bluse zu» und «GenderGaga» (beide adeo). Ihr drittes Buch «Muttertier» ist im Fontis-Verlag erschienen.

Zum Buch:
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Datum: 24.07.2017
Autor: Elisabeth Schoft
Quelle: Fontis

Kommentare

Es wäre schön auch von Vätern zu lesen, die voll in Ihrer Vaterrolle (als Hausmann und Papi) aufgehen und die Karriere zurückstellen für ihre Kinder und auch ihre Frau. Es wäre eine Bereicherung und Entlastung für alle und die Kinder hätten mehr von Papi und Mami. Leider gibt es zur Zeit für Männer sehr wenig Teilzeitstellen, man hat bei der ganzen Emanzipation die Väter vergessen.

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