Familie zuerst

Mütter wollen immer noch Mütter sein

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Die neuen Zahlen des Bundesamtes für Statistik zeigen, dass viele Mütter kleiner Kinder in der Schweiz gar nicht oder nur Teilzeit arbeiten. Nur 13 Prozent bleiben voll erwerbstätig. Die vierfache Mutter und Autorin Birgit Kelle setzt sich für mehr Akzeptanz von Hausfrauen und Müttern in der Gesellschaft ein.

Das Zauberwort im Zusammenhang mit der Kinderbetreuung lautet Teilzeitpensum. Mehr als die Hälfte der Schweizer Mütter von Kindern im Alter bis zu sechs Jahren arbeiten Teilzeit. Es gibt aber immer noch einen Drittel, der sich trotz dem Gleichstellungs-Trend unserer Zeit 100 Prozent auf die Aufgabe als Hausfrau und Mutter konzentriert. Nur 13 Prozent der Mütter bleiben voll erwerbstätig. Dies zeigen Zahlen des Bundesamtes für Statistik aus dem Jahr 2013. Im Grundsatz lässt sich feststellen, dass Mütter auch heute noch Mütter sein wollen.

Mutter sein ist in

Die deutsche Journalistin Birgit Kelle setzt sich seit Jahren für ein besseres Image der Mütter und Hausfrauen ein. Im letzten Jahr veröffentlichte sie das Buch «Dann mach doch die Bluse zu» und sorgte damit in Politik und Medien für Furore in vielen Gender- und Sexismusdebatten. Ihr Buch ist ein Aufschrei gegen den Gleichheitswahn. Im Interview mit der Zeitschrift «Zukunft CH» sagte sie, es sei Zeit gewesen aufzustehen. Livenet.ch publiziert hier einen Auszug aus dem «Zukunft CH»-Interview mit Birigt Kelle:

Zukunft CH: Frau Kelle, würden Sie sich als moderne Frau bezeichnen?
Birgit Kelle: Aber sicher doch. Ich bin Hausfrau und Mutter, das ist vermutlich sogar schon wieder post-modern, das ist in Zeiten von heute nahezu Avantgarde.

Hatten Sie das von Anfang an geplant, Ihr Leben als Hausfrau und Mutter zu führen?
Nein, ich hatte ganz andere Pläne. Ich wollte Rechtsanwältin werden und Karriere machen. Ich hatte mir weder über das Heiraten noch über das Kinderkriegen jemals grosse Gedanken gemacht. Und dann kam im wahrsten Sinne des Wortes «das Leben dazwischen». Heute bin ich Journalistin und Mutter von vier Kindern – das Beste, was mir jemals passieren konnte.

Andere Frauen bezeichnen Sie als gescheiterte Existenz…
Ja, ich bin unter emanzipatorischen Gesichtspunkten eine ganz traurige Gestalt: Mein Mann verdient mehr als ich, ich mache mehr Haushalt als er, ich bin finanziell abhängig und hab meine Karriere zugunsten von Kindern auf Eis gelegt. So sehen mich die Damen Feministinnen, die mich aus diesem bedauernswerten Zustand erlösen wollen. So bekommt man es durch andere Frauen, durch die Politik und durch die Medien immer wieder eingetrichtert. Frauen am Herd sind «vergeudete Potentiale», weil wir einfach nichts aus unserem Leben machen und es damit vertrödeln, Kinder gross zu ziehen, wo wir doch stattdessen die Welt retten könnten – oder zumindest an einer Supermarktkasse sitzen könnten, um uns selbst zu verwirklichen – und nebenbei Steuern zahlen könnten.

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Birgit Kelle
Ist der Feminismus gescheitert, wenn er doch jetzt bestimmte Lebensformen wiederum nicht zulässt?
Schlimmer: Er verrät seine eigenen Ideale. Er ist einst aufgebrochen, um jeder Frau die Möglichkeit zu geben, ihr Leben frei zu gestalten, es so zu leben, wie sie es selbst will. Heute erleben wir leider, dass es wieder nur ein zulässiges Frauenbild gibt: Das der modernen, berufstätigen Frau, finanziell unabhängig. Während wir also früher darum kämpfen mussten, aus einem bürgerlichen Leben als Frau ausbrechen zu dürfen, müssen wir heute darum kämpfen, in einem bürgerlichen Leben verbleiben zu dürfen. Was neu ist: Heute schreiben uns nicht mehr Männer vor, wie wir zu leben haben, sondern andere Frauen. Wir sind also vom Regen in die Traufe gelangt.

Wie sind Sie dazu gekommen, Ihr Buch zu schreiben?
Weil es mir gereicht hat. Ich hab keine Lust mehr zu erklären und zu entschuldigen, warum ich so lebe, wie ich es will. Niemand macht mehr Politik für die Frauen, die gerne Mütter sind, gerne ihre Kinder selbst grossziehen und dafür Zeit und Geld investieren. Ständig erklärt man uns, was wir falsch machen, wir werden als «Heimchen am Herd» beleidigt. Es war Zeit, dagegen aufzustehen.

Laut einer Theorie der Kommunikationswissenschaft, der sog. Schweigespirale, hängt die Bereitschaft vieler Menschen, sich öffentlich zu ihrer Meinung zu bekennen, von der wahrgenommenen Mehrheitsmeinung ab. Wie und wo erleben Sie dieses Phänomen derzeit?
Ich erlebe es z.B. ständig bei anderen Frauen. Wenn man mit ihnen alleine redet, dann sprudelt es aus ihnen heraus, dann sagen sie, dass sie glücklich sind als Hausfrau, als Mutter, vielleicht mit einem Teilzeitjob. Dass sie froh sind, genug Zeit für die Kinder zu haben, dass sie gar nicht mehr Karriere wollen. Sobald sie aber mit anderen oder gar Fremden zusammen sind, dann schweigen sie. Dann bezeichnen sich viele sogar selbst als «Nur-Hausfrauen», weil sie wissen, man hat kein Ansehen mit diesem Status. Sie schweigen also, weil sie glauben, sie stehen alleine da mit ihrer Meinung, dass es grossartig ist, dass es gut und wertvoll ist, was sie tun. Diese Schweigespirale würde ich gerne durchbrechen. Dafür habe ich dieses Buch geschrieben, und auch einen Verein gegründet, damit diese Frauen endlich wissen: Ihr seid nicht allein, wir sind sogar ziemlich viele.

Der Titel Ihres Buches «Dann mach doch die Bluse zu» ist ungewöhnlich. Wie sind Sie darauf gekommen?
Der Buchtitel ist identisch mit dem Titel eines Artikels, den ich im vergangenen Jahr zur Sexismusdebatte in Deutschland schrieb und der bis heute einer der meistgelesenen Internetartikel im deutschsprachigen Raum ist. Ich hatte mir damals mein Unverständnis über diese «#aufschrei»-Kampagne auf Twitter von der Seele geschrieben. Dass ich mich als Frau nicht ständig als Opfer fühle, dass ich Männer gerne mag, dass ich gerne Komplimente höre und meine Weiblichkeit als Frau auch gerne zeige. Daraufhin schrieben mir Tausende von Menschen, Männer, Frauen, junge, alte, die das auch so sahen und diese Frontenaufteilung, hier die bösen sexistischen Männer – die natürlich nur eines wollen – und da die unschuldigen, armen Frauen, die sich ständig wehren müssen gegen übergriffige Männer, die ihnen auch noch sagen, dass sie sie schön finden. Der Titel kam konkret zustande, als ich von der US-Schauspielerin Megan Fox las, die sagte, sie wolle von ihrem sexy Image runter und ernst genommen werden als Schauspielerin, um dann nur wenige Wochen später in Unterwäsche auf einem Hochglanzmagazin das Cover zu zieren. Und da hab ich spontan gedacht: Dann mach doch die Bluse zu, dann sieht dir auch einer in die Augen.

Was erleben Sie für Reaktionen auf Ihr Buch?
Am häufigsten kommt dieser Satz: «Sie sprechen mir aus der Seele.» Es ist wie ein Aufatmen, wenn sie begreifen, dass sie nicht alleine sind und hier jemand genau das aufgeschrieben hat, was sie selbst denken, aber niemals gesagt haben.

Was möchten Sie Müttern bzw. jungen Frauen noch mit auf den Weg geben? Oder auch jungen Männern?
Jungen Müttern würde ich gerne auf den Weg geben: Hört auf euer Bauchgefühl und lest nicht so viele Ratgeber. Intuitiv wissen wir oft sehr schnell, was das Richtige ist, dann fangen wir aber an, uns von anderen beeinflussen zu lassen. Jungen Männern würde ich empfehlen: Ihr müsst nicht ständig jede Frau verstehen, das klappt sowieso nicht. Es reicht, wenn ihr sie liebt und ihr das zeigt.

Zur Person

Birgit Kelle, verheiratet, vier Kinder, wurde 1975 in Heltau, Siebenbürgen, geboren. Sie studierte Rechtswissenschaften in Freiburg (i.B.) und machte ein Volontariat zur Redakteurin beim Badischen Verlag. In zahlreichen journalistischen Beiträgen (u.a. Die Welt, Focus) und Vorträgen streitet sie dafür, dass Frauen ihren Lebensweg frei wählen können, und fordert staatliche Unterstützung für diejenigen, die Kinder bekommen und selbst erziehen. Sie ist Vorsitzende des Vereins «Frau 2000plus e.V.»

Zum Buch

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Cover des Buches «Dann mach doch die Bluse zu: Ein Aufschrei gegen den Gleichheitswahn» von Birgit Kelle
Titel: Dann mach doch die Bluse zu
Untertitel: Ein Aufschrei gegen den Gleichheitswahn
Autor: Birgit Kelle
ISBN/EAN: 9783942208093
Verlag: adeo Verlag / Gerth Medien
Erschienen: 09.2013
Seiten/Umfang: 192 S.
Kaufen:
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Zum Thema:
Dossier «Muttertag»
Dossier «Eltern sein»
Kommentar von Birgit Kelle: Traut Euch, Mütter! Ihr seid viele!
Nachgefragt: Hier kommen die «Undesperate Housewives»

Datum: 14.05.2014
Autor: Florian Wüthrich / Beatrice Gall
Quelle: Livenet / Zukunft CH

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