Die vergessene Kunst

«Jetzt hör mal zu!»

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Kinder im Gespräch (Bild: pixabay)
«Jeder will gehört werden, doch gleichzeitig schwindet die Fähigkeit, dem anderen auch mal zuzuhören», erklärte die «Sonntagszeitung» vom vergangenen Wochenende in einem lesenswerten Artikel. Bleibt zuzufügen: Das gilt nicht nur zwischenmenschlich.

«Wirklich zuzuhören, ohne dabei gedanklich abzuschweifen oder den anderen zu unterbrechen? Das ist so selten wie eine Sternschnuppe am abendlichen Grossstadthimmel», findet Autorin Julia Rothhaas in dem SoZ-Artikel. «Dabei kann nur gewinnen, wer die Ohren aufsperrt, statt nur zu plappern.» Und: «Das Bedürfnis nach ein paar Minuten Aufmerksamkeit ist enorm. 2008 gaben 80 Prozent der Befragten gegenüber dem Marktforschungsinstitut Allensbach an, dass 'Zuhören' für sie zu einem guten Gespräch gehöre, auf Platz zwei hinter 'Vertrauen'.»

«Ich weiss schon, was jetzt kommt»

Wenn zwei Gesprächspartner einander nahestehen – etwa ein Ehepaar –, macht das die Kommunikation oft nur noch schwieriger: Man geht davon aus, schon zu wissen, was der/die andere gleich sagen wird – «und vervollständigt die Sätze des Partners, weil sie zu lange dauern, würgt Erzählungen der Freundin ab, weil sie ja doch immer das gleiche erzählt, unterbricht den Bruder mit 'Ich weiss schon, was jetzt kommt'». Das ist ein Grund, warum viele ihre Probleme lieber beim Coiffeur, beim Sitznachbarn im Flugzeug oder beim Barkeeper deponieren.

Zwei Münder und ein Ohr

Zuhören ist nicht nur in der Horizontalen eine seltene Kunst, sondern auch in der Vertikalen. Interessant ist, dass wir auch Gott gegenüber – wenn wir denn das Gespräch mit «dem da oben» suchen – oft nur plappern und ihn bestürmen und so tun, als hätten wir zwei Münder und nur ein Ohr bekommen. Egal, ob Sie ein gelegentliches Stossgebet nach oben schicken, länger für ein Problem auf den Knien liegen oder vielleicht gern «worshippen»: Beten ist etwas Wunderschönes – aber wer sagt, dass wir nur die Redenden sein und ihn mit unseren Gedanken und Problemen bestürmen müssen? Haben Sie Gott gegenüber schon einmal gesagt: «Was beschäftigt dich eigentlich? Was möchtest du mir sagen?» und auf «Hören» umgestellt?

Dass der Gott der jüdisch-christlichen Tradition nicht ein stummes Wesen ist, sondern redet, gehört seit dem ersten «Es werde Licht» zu seinem Wesen. Wenn eine Autoritätsperson im Staat etwas sagt, hören wir besser zu, oder? Das wichtigste Glaubensbekenntnis des Volkes Israel beginnt mit «Schema Jisrael – Höre, Israel». Hören, bevor wir reden – das könnte unser Leben revolutionieren, denn Gott ist bis heute ein leidenschaftlicher Kommunikator, hat ein «Mitteilungsbedürfnis» und ist voller guter Gedanken und ganz eigener Ideen.

Hören – aber wie?

Das wirft natürlich die Frage auf: «Wie hören wir ihn denn?» Es gibt Menschen, die sagen: «Wenn Gott zu mir reden will, soll er es doch tun. Ich habe ihn aber noch nie gehört, also gibt es ihn entweder nicht oder er ist stumm.»

Das ist ein vielschichtiges Problem, aber es gibt eine ganz einfache Grundregel der Kommunikation: Ich muss auf die Frequenz oder das Medium einstellen, das der «Sender» gewählt hat, wenn ich etwas hören will. Wenn ich auf SRF 2 ein Konzert hören will, muss ich a) auf UKW gehen und b) 87,9 MHZ einstellen (jedenfalls bis 2024…).

Gott «sendet» zum Glück nicht nur auf einer Frequenz und auf einem Medium. Hier sind einige seiner «Kanäle»:

  • Die Schöpfung ist ein ständiges «Konzert»: die Vögel singen Gottes Lob, die bunten Wälder spiegeln seinen Sinn für Schönheit wider, die Regelmässigkeit der Tages- und Jahreszeiten kommuniziert uns seine Treue….

  • Immer, wenn in Ihrem Leben etwas schief geht oder etwas Überraschendes geschieht oder Sie ein besonderes Geschenk bekommen – aufpassen, dahinter könnte Gott stehen!

  • Jemand sagt Ihnen etwas, das Sie trifft (positiv oder negativ) und Sie spüren: Da steckt etwas dahinter. Gott «redet» recht häufig durch Menschen!

  • Ein heisser Tip: Lesen Sie in der Bibel, offen und «hörend». Dieses Buch ist hochkonzentriertes «Wort Gottes», inspiriert vom Schöpfer selbst und das Haupt-Medium, das er gewählt hat, um uns anzusprechen. 

Wer Menschen zuhören lernt, begeht einen Akt der «Demut», hält sich nicht für allwissend, nimmt sich zurück und öffnet sich gleichzeitig für neue Gedanken und Erfahrungen. Wer es wagt, Gott zuzuhören, wird dasselbe erleben – und Dinge hören und lernen, die alle menschliche Klugheit weit übertreffen. Jetzt hören Sie mal zu!

Zum Thema:
Gott kennenlernen
Monolog oder Dialog?: Wie man lernen kann, Gottes Stimme zu hören
Berufen – was bedeutet das?: Teil 2: Gott hören

Datum: 20.10.2022
Autor: Reinhold Scharnowski
Quelle: Jesus.ch

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