Umfrage
Volk will keinen Grenzwert bei Behandlungskosten
«Soll eine Limite festgelegt werden, wie viel medizinische Leistungen für ein zusätzliches Lebensjahr kosten dürfen?» Auf die brisante Frage antwortet eine klare Mehrheit der Schweizer Bevölkerung (über 75 Prozent) mit einem Nein. Das zeigt eine repräsentative Umfrage der Zeitung «reformiert». Das Volk halte am Solidaritätsgedanken fest.
Dürfen und sollen medizinische Leistungen angesichts der Gesundheitskosten rationiert werden? Erstmals ist in der Schweiz laut «reformiert» die Bevölkerung dazu befragt worden. Bisher hätten sich zumeist Politiker und Fachleute zu solchen Fragen geäussert.
Gegen eine Rationierung
Das Ergebnis der repräsentativen Umfrage fällt eindeutig aus. 75,6 Prozent der Befragten (80,3 Prozent der Frauen) sind gegen eine solche Rationierung. Auf die Frage «Soll gesetzlich ein Grenzwert definiert werden, wie hoch die medizinischen Ausgaben maximal sein dürfen, um ein Leben voraussichtlich um ein Jahr zu verlängern?» haben sie mit einem Nein geantwortet. Immerhin 19,7 Prozent beantworteten die Frage hingegen mit einem Ja. 4,7 Prozent antworteten mit einem «Weiss nicht».
Die Forderung, dass jeder Mensch «Anspruch auf optimale medizinische Versorgung» haben müsse, und zwar unabhängig von Alter und Lebenserwartung, findet in der Umfrage eine sehr deutliche Zustimmung. Klar abgelehnt wird die Forderung der 2011 eingereichten Volksinitiative «Abtreibungsfinanzierung ist Privatsache». Diese will die Kosten des Schwangerschaftsabbruchs aus der obligatorischen Grundversicherung streichen.
Gesundheitswesen zu teuer
Grenzen der Solidarität seien in der Umfrage dennoch deutlich geworden, heisst es in der Medienmitteilung von «reformiert». Eine knappe Mehrheit wäre demzufolge bereit, Alkoholikern eine Lebertransplantation zu verweigern, wenn gleichzeitig junge Menschen auf ein solches Organ warten müssten. Auch Leistungskürzungen für Risikosportler und höhere Krankenkassenprämien für Raucher finden eine gewisse Unterstützung.
«Generell zu teuer» findet eine deutliche Mehrheit das Gesundheitswesen in der Schweiz. Als Hauptgrund für die Kostenexplosion macht eine Mehrheit (32,1 Prozent) das Verhalten der Patienten selber aus, die wegen Bagatellen den Arzt aufsuchten. Fast ebenso viele (31,8 Prozent) geben der Pharmaindustrie die Schuld an der Kostenexplosion.
Die Umfrage ist vom Meinungsforschungsinstitut Isopublic zwischen dem 13. und 19. September 2012 im Auftrag von «reformiert» durchgeführt worden. Dabei wurden 1011 Personen in der deutsch- und französischsprachigen Schweiz mittels Online-Fragebogen zu den Gesundheitskosten in der Schweiz befragt.
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Quelle: ref.ch / Kipa