Psyche und Ehrlichkeit
Lügen ist ungesund
Wer bewusst versucht, bei der Wahrheit zu bleiben, wird dadurch gesünder und stärkt seine Beziehungen zu anderen Menschen. Lügen bringt Stress. Notorisches Lügen ist deshalb chronischer Stress pur.
Das belegten Psychologen der «University of Notre Dame» auf dem Jahrestreffen der «American Psychological Association» in Orlando. «Teilnehmer unserer Studie konnten die Alltagslügen bewusst und drastisch reduzieren. Im Gegenzug nahmen Gesundheitsbeschwerden ab», sagt Studienleiterin Anita Kelly.
Ehrlich per Auftrag
Zehn Wochen dauerte das Ehrlichkeits-Experiment. Jeder Zweite Teilnehmer erhielt die Anweisung, im Versuchszeitraum auf kleine und grössere Lügen zu verzichten. Wöchentlich wurden die Probanden nach Gesundheit und Beziehungen befragt, zudem erhob ein Lügendetektor, wie oft geflunkert wurde.
Teilnehmer der Gruppe, die ehrlich bleiben musste, berichteten von deutlich weniger Gesundheitsproblemen: Etwa Halsschmerz oder Kopfweh oder auch Spannungsgefühle und Traurigkeit kam bei ihnen seltener vor als in der Vergleichsgruppe. Statistische Analysen zeigten auch eine Verbesserung der zwischenmenschlichen Beziehungen in der ehrlichen Gruppe, was auch eine mögliche Erklärung für die Effekte der körperlichen und psychischen Gesundheit sein könnte.
Übersicht braucht Nerven
«Notorisches Lügen bringt chronischen Stress», erklärt der Psychiater und Psychotherapeut Raphael Bonelli. Lügner fürchten stets ein Aufdecken und müssen deshalb die Übersicht behalten, wem sie was erzählen dürfen. Die verschiedenen Versionen sollten ja irgendwie zusammenpassen. «Die besten Lügner sind jene, die sich das auch selbst glauben. Oft belügt man sich selbst, um eine schmerzhafte Veränderung zu vermeiden», so Bonelli.
Ehrlichkeit nachhaltig
Denn Ehrlichkeit tut oft weh, weshalb die Lüge öfters als Gebot der Höflichkeit und des Schutzes vor Verletzungen gerechtfertigt wird. In Wahrheit wolle man damit aber bloss nicht anecken, sagt Bonelli. «Manchmal braucht es diesen Schmerz, da die Wahrheit frei macht. Sie kann ein Durchbruch zu einem gesünderen Selbstbild sein.» Lügner seien kurzfristig im Vorteil, Ehrlichkeit mache uns hingegen auf lange Sicht für Andere verlässlich. «Deswegen sagt man auch: Lügen haben kurze Beine», so der Experte.
Strategie gegen Lügen
Im US-Experiment logen die Teilnehmer am Ende der zehn Wochen im Schnitt nur noch einmal pro Woche, berichten die Studienautoren. Sie hatten dabei mehrere Strategien entwickelt, um nicht lügen zu müssen. Viele der Teilnehmer gaben über ihre tägliche Leistung einfach wahrheitsgetreu Bescheid, statt stets zu übertreiben. Andere machten Schluss mit falschen Ausflüchten, etwa für das Zuspätkommen oder beim Misslingen von Aufgaben.
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Autor: Bruno Graber
Quelle: Livenet/pte