Hilfreiche Streitkultur
Lieber gut streiten als schlecht versöhnen
«Du sollst nicht streiten, denn das ist Sünde.» Diese Aussage steht nicht in der Bibel. Aus gutem Grund. Denn auch wenn Frieden ein biblischer Wert ist, führt der Weg dorthin oft über Konflikte und Streit. Doch dazu ist eine gute Streitkultur nötig.
Manche schauen sich ihre Art zu streiten dort ab, wo es laut und heftig zugeht. Da fliegen bei kleinsten Unstimmigkeiten schon schwere Beleidigungen hin und her. Andere, die Angst vor dieser Art des Streitens haben, schweigen lieber, um die Harmonie nicht zu stören. Beide Verhaltensweisen sind weit verbreitete Streitkulturen – und beide sind gleich schlecht. Denn mit ihnen kommt man der Lösung einer Meinungsverschiedenheit keinen Schritt näher.
Beispiele für «biblisches» Streiten
Der erste Streit der Menschheit wird in der Bibel noch dezent ausgeblendet und nicht im Detail beschrieben. Aber es wird einen Familienkrach gegeben haben, als Adam Gott gegenüber mal eben behauptete: «Die Frau, die du mir zur Seite gegeben hast, die gab mir von dem Baum, und ich ass!» (1. Mose Kapitel 3, Vers 12. Und danach kommen alle paar Seiten Streitereien vor, mal geht es um den persönlichen Vorteil wie bei der Auseinandersetzung zwischen den Hirten von Abram und Lot (1. Mose Kapitel 13, Vers 7); Abram verzichtet damals auf seinen Vorteil und beendet damit den Streit. Mal geht es um Ungerechtigkeiten bei der Versorgung Bedürftiger durch die Gemeinde (Apostelgeschichte Kapitel 6); Als Lösung setzt die Gemeinde Diakone ein, die die Hilfeleistungen koordinieren. Und mal kommt es zu theologischen Auseinandersetzungen, weil Christen das Fleisch sehr unterschiedlich einschätzen, das sie essen. Was für die einen Grundnahrungsmittel ist, ist für die anderen das «Essen der Götzenopfer». Spannenderweise ist die Lösung dieses Konflikts nicht eindeutig: Jeder soll auf sein Gewissen hören (1. Korinther Kapitel 8).
Deutlich wird an diesen und den zahllosen anderen Beispielen in der Bibel: Auch fromme Menschen streiten sich. Diese Auseinandersetzungen sind manchmal notwendig und manchmal überflüssig. Oft kommt es danach zur Versöhnung oder Lösung des Konflikts, aber nicht immer.
5 einfache Streit-Tipps
Wer beim Streiten ein paar einfache Regeln beherzigt, hat gute Chancen, Lösungen zu finden. Das gilt für Auseinandersetzungen in der Familie, am Arbeitsplatz oder in der Gemeinde – überall, wo Menschen aufeinandertreffen.
1. Bleiben Sie sachlich und greifen Sie Ihr Gegenüber nicht persönlich an.
2. Lassen Sie den anderen ausreden.
3. Halten Sie sich mit Vorwürfen zurück und sagen lieber «Ich empfinde das so…» als «Du bist schuld …». Verallgemeinern Sie nicht («Alles ist immer…»).
4. Bleiben Sie offen für Gedanken und Lösungen des anderen.
5. Nehmen Sie sich Zeit – echte Lösungen brauchen meist etwas länger.
Klingt das banal? Vielleicht ist es das auch, aber wenn mehr Menschen sich an diese einfachen Grundsätze halten würden, wäre streiten viel konstruktiver.
Manchmal gibt es keine Lösung
Das reiche biblische Erbe an Auseinandersetzungen bietet einiges an Vorbildern, denn nicht jeder Streit ist eskaliert. Oft sind auch reife Auseinandersetzungen und weise Entscheidungen beschrieben, die zu überraschenden Lösungen führen.
Manchmal gibt es für einen Streit allerdings keine direkte Lösung. Und diese Erkenntnis kann immens befreiend sein. Als die Apostel Paulus und Barnabas sich wegen einer Personalfrage zerstreiten, kommen sie zu keiner gemeinsamen Sicht, «deshalb entstand eine heftige Auseinandersetzung, sodass sie sich voneinander trennten» (Apostelgeschichte Kapitel 15, Vers 39). Mit etwas Abstand finden die beiden nicht nur wieder zusammen, sondern erleben das, was biblische Autoren ebenfalls an vielen Stellen unterstreichen: dass Frieden trotz unterschiedlicher Positionen möglich ist. «Und der Friede Gottes, der allen Verstand übersteigt, wird eure Herzen und eure Gedanken bewahren in Christus Jesus!» (Philipper Kapitel 4, Vers 7).
Frohes Streiten!
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Autor: Hauke Burgarth
Quelle: Livenet