Rachel Gilson
«Meine sexuelle Ausrichtung: Verheiratet»
Rachel Gilson lebt einen homosexuellen Lebensstil, als sie Jesus kennenlernt und Christ wird. Ihr Gebet, dass Gott ihre Anziehung zu Frauen wegnimmt, wird nicht erhört. Bis sie lernt: Es geht nicht darum, heterosexuell zu werden, sondern Gott zu vertrauen und ihm zu gehorchen. Hier erzählt sie ihre Geschichte.Meine Eltern lernten sich in einer Schwulenbar in San Francisco kennen. Meine Mutter wollte einfach einen sicheren Ort zum Tanzen, mein Vater war der Türsteher. Er verliess meine Mutter und mich, nachdem er uns beide körperlich missbraucht hatte.
Der erste Kuss: «Alles erstrahlte in hellen Farben»
Mit 15 lernte ich in der Schule meine erste intime Freundin kennen. Wir unterhielten uns und ihre Schönheit raubte mir den Atem – so wie es andere Mädchen mit Jungs erlebten. Ich fragte mich: «Darf ich so etwas einem Mädchen gegenüber empfinden?» Nach unserem ersten Kuss mit 16 Jahren war es so, als ob die Welt, die ich bisher als schwarz-weiss erlebt hatte, in hellen Farben erstrahlte. Doch als ich zur Uni nach Yale ging, betrog mich meine Freundin mit einem Jungen. Als ich sie wiedersah, war unsere innige Freundschaft mit einem Mal eisig und verfroren.
Auf der Suche nach Gott
Zurück an der Uni, diskutierten wir in Philosophie über Descartes und ich fragte mich, ob Gott existieren konnte. Ich begann heimlich nach religiösen Themen zu googeln. In dieser Zeit hörte ich zum ersten Mal von Jesus. Davor hatte ich nicht viel von Religion gehalten. Aber die Artikel und Bibelstellen, die ich fand, gaben mir ein völlig neues Bild. Ich sah, wie Jesus Menschen, die ich überhaupt nicht beachtet hätte, wahrnahm, ihnen Würde gab und ihnen diente. Mein Leben verlief völlig gegensätzlich dazu.
Ein Buch und die Überzeugung
Eines Tages stolperte ich bei einem Freund über das Buch «Pardon, ich bin Christ» von C. S. Lewis. Der Titel machte mich neugierig – und ich nahm das Buch heimlich mit. Beim Lesen merkte ich mit einem Mal: Es gibt einen Gott – mein Herz und mein Verstand konnten das nicht länger leugnen.
Aber mit dieser Erkenntnis kam in mir Panik auf über mich selbst und meine Boshaftigkeit. Ich hatte gelogen und betrogen. Ich hatte sogar dieses Buch von einem ahnungslosen Freund gestohlen! Wie konnte ich da einem reinen, heiligen Gott begegnen? Doch Jesus hatte die Trennung von Gott ertragen, damit ich zu ihm kommen kann. Und ich wusste, ich wäre blöd, dieses Angebot auszuschlagen. Ich war so dankbar, schloss die Augen und übergab mein Leben Jesus.
Gehorchen, bevor man es versteht
Bald bekam ich eine Bibel geschenkt und wurde zu einer Bibel-Studiengruppe von Studenten eingeladen. Das gesamte Semester folgte ich diesen Studenten auf Schritt und Tritt, und beobachtete alles, was sie taten und sagten. Doch ich hatte immer noch Fragen, insbesondere die, was ich mit meiner Anziehung zu Frauen machen sollte. Ich wusste, die Bibel war ganz klar: Was ich wollte, war tabu! Aber ich verstand nicht, warum. Wie konnte Liebe, Intimität und innige Gemeinschaft von einem Gott verboten werden, der selbst liebevoll, intim und gemeinschaftssuchend war? Mein ganzes Leben lang hatte ich gelernt, ein Konzept zu beherrschen, bevor ich ihm zustimmte. Wie konnte ich etwas so Wichtigem zustimmen, ohne den Grund zu verstehen?
Eine Frage des Vertrauens
Ich wusste, dass Jesus vertrauenswürdig war, weil er ein so grosses Opfer für mich gebracht hatte. Wer hätte da mehr Vertrauen verdient? Gehorsam im Glauben funktioniert nur, wenn er auf einer Person basiert, nicht auf einer Regel. Eine Regel, die auferlegt wird, bringt uns dazu, mit uns ins Gericht zu gehen und abzuwägen, wie vernünftig die Regel ist. Doch wenn eine Regel aus einer Beziehung herauskommt, ebnet das den Weg zum treuen Gehorsam. In der heftigsten Vertrauensprüfung der Bibel sagte Gott Abraham, dass er seinen Sohn Isaak opfern sollte. Wenn Abraham diese Aufforderung isoliert betrachtet hätte, hätte er sicherlich nicht gehorcht. Aber Abraham war ein Freund Gottes. Und weil er Gottes Wesen kannte, zögerte er nicht.
Nach und nach verstand ich, dass «mich heterosexuell machen» nicht die Antwort war. Durch die Bibel und tiefe Gespräche merkte ich: Sex ist nichts, was Gott entdeckt und dann mit willkürlichen Beschränkungen versehen hatte. Nein, er hatte es geschaffen, um uns zu lehren und zu segnen. Und als seine Lehre gegen meine Instinkte ging, und ich trotzdem meine Wünsche unterdrückte, sagte ich damit auf tiefe Weise: «Ich vertraue dir».
Ein Mann kommt ins Spiel...
Dieses Vertrauen brachte mich manchmal fast zum Zerbruch, vor allem als Gott einen Mann in mein Leben stellte. Wir wurden Freunde und er erfuhr meine ganze Vergangenheit. Trotzdem war er an mir interessiert. Wenn Jesus mir vergeben hatte, würde er mir das nicht vorhalten können. Ich kämpfte mit mir selbst: Ich fühlte keine sexuelle Anziehung, aber ich bewunderte seine Güte, seine Wärme und unsere gemeinsamen Prioritäten. War es falsch, mit ihm auszugehen? Aber ich merkte, dass er mich liebt und wusste, er würde ein guter Ehemann und Vater sein und mich näher zu Jesus bringen. Ich dachte sogar, dass wir auch echte körperliche Liebe erleben könnten, wenn auch mehr erlernt als natürlich.
Nach und nach öffnete Jesus meine Augen für eine Art der Liebe, die ich noch nie erlebt hatte. Eine Liebe, die von Engagement und echter Freude durchdrungen ist und nicht so sehr von Leidenschaft. Wieder einmal gehorchte ich, bevor ich es verstand – und ich heiratete den jungen Mann, bevor ich mich in ihn verliebte, weil ich Jesus über alles liebte.
Es gab homosexuelle Menschen, die hinterfragten, ob ich je wirklich lesbisch war. Es gab Christen, die stolz erklärten, dass Gott mich von meiner Homosexualität geheilt hat. Die Wahrheit ist: Wenn ich auch nach zehn Jahren Ehe jemanden neben meinem Ehemann attraktiv finde, dann ist dieser jemand weiblich. Doch meine Ehe ist ein Ort der Freude und der Heilung. Wenn mich jemand fragt, was meine sexuelle Ausrichtung ist, antworte ich «verheiratet» – mit demselben Segen und denselben Lasten wie andere verheiratete Christen. Und mit derselben Quelle von Hoffnung und Kraft, dem Heiligen Geist.
Leben in Gemeinschaft
Ich würde niemals sagen, dass Ehe der normale oder «korrekte» Weg für jeden Christen ist, der gleichgeschlechtliche Gefühle hat. Heterosexualität ist nicht das Endziel. Es geht vielmehr darum, Gott treu zu sein und die Freude zu erleben, die aus der Beziehung zu ihm kommt. Und der Gemeindeanschluss ist wichtig. Die Gemeinschaft, zu der Gott uns beruft – eine Gemeinschaft der Intimität, Zuneigung, Wahrheit und Gnade – ist sein Instrument, um uns bei ihm zu halten, uns zu polieren und uns für die Zeit in seiner Gegenwart vorzubereiten. Egal, ob wir zur Ehe oder zum Single-Leben berufen sind, jede Geschichte der Veränderung in Christus sollte innerhalb dieser Gemeinschaft geschehen.
Und deshalb geht es in meiner Geschichte nicht darum, wie ich heterosexuell geworden bin, was nie wirklich passiert ist und auch nicht der Punkt ist. Es ist eine Geschichte, wie ich ganz geworden bin, und das geschieht jeden Tag.
Zum Thema:
Christen und Homosexualität: Pastor Kaltenbach: «Grosser Unterschied zwischen Annehmen und Zustimmen»
Umgang mit Homosexualität: Jackie Hill-Perry: «Der Gesichtsausdruck sagt viel mehr als Worte»
Michael Glatze: Früher LGBT-Aktivist, heute glücklich verheiratet und Pastor
Autor: Rebekka Schmidt / Rachel Gilson
Quelle: Livenet / Christianity Today
Kommentare