Homosexualität
Gnade und Wahrheit gehören zusammen
Die Britische Evangelische Allianz hat ein Standardwerk zum Umgang mit Homosexualität in der Gemeinde veröffentlicht, das nun auf Deutsch erschienen ist. Den Autoren gelingt es, biblische Wahrheiten ins Hier und Heute zu bringen. Eine Rezension von Moritz Breckner
Gegen Diskriminierung, aber auch nicht Christen verurteilen
Die Autoren bedauern an mehreren Stellen, dass Evangelikale mit Homosexuellen in der Vergangenheit oft lieblos und unsensibel umgegangen sind, sie sprechen sich deutlich gegen Diskriminierung aus. Gleichzeitig wehren sie sich dagegen, dass Menschen, die ernsthafte und durchdachte sexualethische Positionen anhand der Bibel finden, pauschal als «homophob» bezeichnet werden. Dass sich die Debatte um Homosexualität nach links verschoben habe, liefere keine Rechtfertigung für eine völlig neue theologische Bewertung des Themas. Schritt für Schritt wird analysiert, wie im Alten und Neuen Testament über gleichgeschlechtlichen Sex gesprochen wird, und was damit im historischen Kontext gemeint sein kann.
Sexuelle Identität als Form von Spiritualität
«Wir ermutigen evangelikale Gemeinden, sexuell aktive lesbische und schwule Menschen willkommen zu heissen und anzunehmen», heisst es in einem der Grundsätze der Autoren, verbunden mit der Erwartung, dass sie mit der Zeit die Bereitschaft entwickeln, enthaltsam zu leben. Wie wichtig es für Gemeindeleiter ist, die individuell unterschiedlichen Lebenssituationen aktiver wie enthaltsamer Homosexueller zu berücksichtigen, wird in neun Beispielfällen deutlich. Im Fokus steht dabei stets, dass sich Gnade und Wahrheit gegenseitig bedingen.
Spannend wird es an der Stelle, wo die Autoren auf den in der Debatte oft verwendeten Begriff der «sexuellen Identität» eingehen. Diese könne zu einer Form von Spiritualität werden, in der eine Person ihre Empfindungen von Wert, Zugehörigkeit und Selbstverständnis gewinne. «Das erklärt, warum es zu einer starken Reaktion kommen kann, wenn diese Identität hinterfragt oder kritisiert wird», schreiben die Autoren. Aber: Eine solche Identität aufgrund sexueller Präferenzen sei ein soziales Konstrukt, auf das Christen die Antwort geben könnten: Die Identität eines Menschen kommt von Gott.
Gnade und Wahrheit nicht voneinander trennen
Die Deutsche Evangelische Allianz hält sich mit einer Bewertung des Buches zurück. Generalsekretär Hartmut Steeb sagte, das Buch sei allen Hauptvorstandsmitgliedern als Lektüre zur Verfügung gestellt worden und werde bei weiteren Überlegungen «Beachtung und Würdigung» erfahren.
Im beachtenswerten Anhang des Buches analysiert Armin D. Baum, Professor für Neues Testament und Forschungsdekan an der Freien Theologischen Hochschule Giessen, die häufigsten Argumente, die liberale Theologen für ein biblisch begründetes «Ja» zu ausgelebter Homosexualität anbringen. Sein Fazit: «Wer homosexuellen Geschlechtsverkehr – unter bestimmten Bedingungen – befürworten will, muss dies im Widerspruch zu den Aussagen der Heiligen Schrift tun.»
Das Festhalten an der über Jahrhunderte in allen Kirchen üblichen biblischen Bewertung von Homosexualität, stellen die Autoren fest, wird immer mehr zum Ausdruck einer «Gegenkultur». Für Christen, gerade in Leitungsfunktionen, ist es daher wichtig, dies reflektiert und auf argumentativ klarem Fundament zu tun. Das letzte Wort an dieser Stelle sollen die Autoren haben: «In vielen Bereichen des zeitgenössischen Gemeindelebens (...) besteht die Gefahr, dass Gnade und Wahrheit als unvereinbar betrachtet werden oder dass sie zumindest in der Praxis oft nicht miteinander verknüpft werden. Evangelikale können jedoch beides nicht voneinander trennen.»
Andrew Goddard, Don Horrocks (Hrsg.): «Homosexualität. Biblische Leitlinien, ethische Überzeugungen, seelsorgerliche Perspektiven»
Brunnen, 170 Seiten, 14,99 Euro, ISBN 9783765520600
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Autor: Moritz Breckner
Quelle: pro Medienmagazin