Globales Problem, aber:
Mutige Schweizer stellen sich dem Menschenhandel
Eine EU-Studie sorgt für Aufsehen: der Menschenhandel blüht. Immer mehr Menschen in der EU werden als Prostituierte oder Zwangsarbeiter missbraucht. Mutige Christen aus der Schweiz kämpfen entschieden gegen diesen Auswuchs.
Schonungslos enthüllt die EU, dass zwischen 2008 und 2010 der Menschenhandel um 18 Prozent gestiegen ist. Und das sei nur die «Spitze des Eisbergs», erklärte EU-Innenkommissarin Cecilia Malmström in Brüssel. Allein in diesem Zeitraum registrierte die EU 23‘623 Opfer, 68 Prozent Frauen, 12 Prozent Mädchen, 17 Prozent Männer und 3 Prozent Jungen.
Zwei von drei Betroffenen wurden zur Prostitution gezwungen, bilanziert die «Bild»-Zeitung. Andere wurden als Arbeitskräfte ausgebeutet oder dazu, sich ein Organ entnehmen zu lassen. Viele der Opfer stammen aus Rumänien und Bulgarien.
Liberale Haltung fördert Menschenhandel
Seit mehreren Jahren engagiert sich die Christliche Ostmission gegen den Menschenhandel. Wir sprachen mit Irene Hirzel, Projektverantwortliche gegen Frauen und Kinderhandel.
Livenet: Irene Hirzel, wie bewertet die Ostmission die Schreckensmeldung der EU?
Irene Hirzel: Leider sind das für uns keine Neuigkeiten, wir beobachten diesen Trend schon seit Jahren. Die Schweiz hat erst letzten Oktober einen Nationalen Aktionsplan gegen Menschenhandel lanciert, der die Massnahmen gegen Händler verschärfen und die Opfer besser schützen soll.
Die liberale Haltung gewisser westlicher Länder in Bezug auf das Sexgewerbe fördert den Menschenhandel enorm. Auch die Schweiz gehört dazu. Die Schweiz hat die Europaratskonvention zum Schutz von Kindern vor sexueller Ausbeutung noch nicht ratifiziert. Das heisst: 16-jährige können sich hier immer noch legal prostituieren. Dies hat einen regelrechten «Teeny-Sex-Tourismus» in die Schweiz ausgelöst. Es gibt sogar «Teeny Escort Agenturen», die sich darauf spezialisiert haben. Hier müsste die Schweiz dringend den Riegel schieben!
Sie waren gerade in Moldawien und haben mit höchsten Gremien gesprochen. Was haben Sie vorgefunden?
In Moldawien wird, wie in anderen Osteuropäischen Ländern, fieberhaft daran gearbeitet, die staatlichen Kinderheime zu schliessen. Dies auf Druck der EU, UNICEF und von anderen. Dieser Prozess ist voll im Gang: Kinder werden aus den Heimen entlassen undzu ihren verbleibenden Familien geschickt, die sie gar nicht wollen. Sie werden fremdplatziert oder sich selbst überlassen. Die UNICEF in Moldawien gibt zu, dass sie von vielen Kindern nicht wissen, was mit ihnen nach dem Verlassen der Heime geschehen ist, wir sprechen hier von Tausenden Kindern und Jugendlichen.
Wir stellen bereits fest, dass einige Kinder, die in problematische Familien zurückkehren mussten, dort vollständig verwahrlost oder missbraucht worden sind. Die Zahl der Strassenkinder ist am Zunehmen. Kinder werden teilweise direkt aus den Waisenhäusern gekauft. Moldawien ist ein Destinationsland für Pädophile geworden. Dort werden auch Pornos mit Kindern hergestellt. Wir haben deshalb mit der Cyber-Crime-Polizei gesprochen und mit der Abteilung Menschenhandel des Innenministeriums. Sie bestätigen, dass ein grosser Teil der Konsumenten Westeuropäer sind. Die Situation, wie sie in Moldawien momentan besteht, wird von Menschenhändlern brutal ausgenutzt.
Was tut die Ostmission aktuell zu diesem Thema?
Auf der einen Seite sind wir dabei, möglichst viele Kinder und Jugendliche in ausgewählte Familien zu platzieren, um sie vor dem Handel zu schützen. Unsere Teams vor Ort arbeiten fast ohne Unterbruch. Auf der anderen Seite sprechen wir natürlich auch mit der UNICEF und anderen ausführenden Organisationen, um sie auf die Missstände aufmerksam zu machen. Es geht hier schliesslich um Menschenleben und nicht um Statistiken. Wir weisen sie darauf hin, dass das was in ihren Berichten steht, oft nicht mit der Realität übereinstimmt, wie wir sie antreffen. Im Schutzhaus unserer Partnerorganisation betreuen wir sexuell ausgebeutete Teenagermädchen. Sie wurden alle in ihren Familien missbraucht und verkauft. Das ist neu, wir hatten noch nie so viele junge Mädchen, die gehandelt wurden. Ein Mädchen wurde von ihrer alkoholsüchtigen Mutter für Sex verkauft, damit diese Alkohol von dem Geld kaufen konnte. Das ist die Realität, mit der wir konfrontiert sind!
Wie wird die Ostmission in der Schweiz aktiv?
In der Schweiz bin ich Mitglied der «bilateralen Arbeitsgruppe gegen Menschenhandel Schweiz Rumänien». In dieser Gruppe werden Strategien zur besseren Bekämpfung von Menschenhandel erarbeitet. Ebenso die Verbesserung des Opferschutzes.
Die Christliche Ostmission macht viele Vorträge, veranstaltet Fachtagungen und ist an diversen Veranstaltungen präsent, wie zum Beispiel an jener von «Stop Armut» im November. Das Ziel ist, die Bevölkerung zu sensibilisieren.
Im Mai trifft sich zum ersten Mal eine Gruppe aus politischen Kreisen zum Thema Menschenhandel. Nationalrätin Marianne Streiff hat bereits ein Postulat mit dem Titel «Stopp Menschenhandel zum Zweck sexueller Ausbeutung eingereicht.»
Webseiten:
Christliche Ostmission
So kämpfen die Schweizer Behörden gegen Menschenhandel
Marianne Streiff-Feller
Gremium, in dem auch die Ostmission wirkt
Zum Thema:
Sascha entkam den Menschenhändlern
Autor: Daniel Gerber
Quelle: Jesus.ch