Bensch Sager
Was das Leben lebenswert macht
Bensch Sager arbeitet unter jungen Berufstätigen in der VBG. Er sagt im Gespräch, was für ihn Glück bedeutet, worauf es für ihn wirklich ankommt und welche Tipps er gerne an Interessierte weitergibt.
Bensch Sager, was
braucht es zum Glücklichsein?
Bensch Sager: Wer stets auf der Suche nach positiven Emotionen ist, wird
in der Regel enttäuscht. Studien deuten darauf hin, dass solche Menschen sich
an der Frage aufreiben, warum ihr Leben nicht besser verläuft. Wer sich
hingegen um Sinn und ein Gefühl von Berufung bemüht, kommt der eigenen
Leidenschaft und damit auch dem Glückserleben näher. Für mich und meine Generation wünsche ich mir, dass wir uns
auf die wirklich wichtigen Dinge im Leben konzentrieren und uns nicht durch
materielle Dinge, Status oder kurzfristige Glücksmomente ablenken lassen.
Was sind die wirklich
wichtigen Dinge?
Beziehungen sind die wichtigste Sache im Universum! Ein
Kennzeichen von echten Beziehungen ist, dass sie kein Ziel haben. Man kann sie
nicht verzwecken. Das gilt nicht nur für Menschen, sondern auch für unsere
Gottesbeziehung: Ich glaube nicht an Gott, weil es mir etwas bringt – sondern
weil ich die Begegnung mit dem Schöpfer des Kosmos suche.
Beeinflusst das auch
die Art, wie Sie Ihren Glauben pflegen?
Ich versuche, mich in Dankbarkeit zu üben. Das hilft mir zu
erkennen, wie sehr ich von Gottes frei geschenkter Güte abhängig bin. So fange
ich alle Gebete zuerst mit Dank an. Weiter habe ich begonnen, am Sonntag eine
Sabbatruhe zu praktizieren. Ich verrichte keine bezahlte Arbeit und wir reden
an diesem Tag auch nicht über Geld. Stattdessen versuche ich Tätigkeiten
nachzugehen, die Energie spenden, etwa Zeit mit Freunden zu verbringen, Wandern,
Sport, einen Gottesdienst besuchen.
Wie können wir unsere
Beziehungsfähigkeit stärken?
«Du sollst dir kein Bildnis machen», heisst es im zweiten
der zehn Gebote. Ich denke, das können wir auch auf unsere Mitmenschen
anwenden. Wir sollten uns bemühen, in unseren Begegnungen stets auch das
Andere, Überraschende, Unentdeckte zu suchen, anstatt in unseren Köpfen eine
fixe Vorstellung von anderen Menschen zu kultivieren. Solche Vorstellungen –
auch wenn wir nie ganz ohne sie auskommen können – legen unser Gegenüber auf
ein bestimmtes Schema, auf bestimmte Verhaltensweisen fest. Damit wird die
Person immer ein wenig zum statischen Gebrauchsobjekt. Ein Kennzeichen von
gesunden Beziehungen ist aber, dass sie einen überraschen und staunen lassen.
Wie nehmen Sie sich im
Alltag Zeit für Gott?
Jeden Morgen folge ich zusammen mit meiner Frau einer
selbstverfassten Liturgie. Darin enthalten sind ein Dankesgebet, Stille,
Bibellesung, Austausch und Fürbitte. Zudem versuche ich, vor wichtigen
Gesprächen innezuhalten und die Situation hörend vor Gott auszubreiten. Jeden
Freitag nehme ich mir eine Stunde Zeit, um in der Stille auf Gott zu hören. Und
einmal im Jahr gehe ich für eine Woche pilgern.
Sie haben in der VBG
verschiedene Projekte initiiert, um junge Menschen in ihrer Persönlichkeitsentwicklung
zu fördern.
Ich habe eine grosse Überzeugung für das Mentoringprogramm
der VBG und für die verschiedenen Angebote für Studierende, die wir unter dem
Label «BELT» zusammenfassen. Die Abkürzung steht für die vier thematischen
Schwerpunkte Berufung, Empowerment, Leiterschaft und Training. Ich stelle
allerdings eine Tendenz fest, dass viele Menschen erst dann nach solchen
Angeboten suchen, wenn etwas schief läuft. Dieser Reparationsfokus scheint tief
in unserem kulturellen Kontext verwurzelt zu sein. Ich wünsche mir, dass gerade
junge Menschen auch ohne Leidensdruck vom förderungsorientierten Ansatz der VBG
Gebrauch machen.
Wo setzen Sie an, um
Menschen auf dem Weg in die persönliche Berufung zu unterstützen?
Gemäss einer Studie dauert es sieben bis acht Jahre, bis man
in die persönliche Berufung hineingefunden hat. Es geht folglich immer um
kleine Schritte in die richtige Richtung. In einem Team oder einer Gruppe
gelingen diese Schritte meist leichter. Damit eine Veränderung zur Gewohnheit
wird, braucht es aber Geduld und Ausdauer. Auf diesem Prinzip basiert das
«Berufungs-Lab» der VBG, das auf junge Menschen zwischen Studium und
Berufsalltag zugeschnitten ist. Nach einem Kickoff über Neujahr treffen sich
regionale Gruppen alle zwei Monate, um weiter an der eingeschlagenen Richtung
zu arbeiten.
Eine der Übungen, die wir gemeinsam machen, betrifft die Morgenroutine. Die Realität ist ja, dass unser Leben nicht in erster Linie aus Berufungsmomenten am brennenden Dornbusch besteht, sondern aus weitgehend automatisierten Gewohnheiten. Der morgendliche Start ist ein Schlüsselmoment, der den Rest des Tages entscheidend beeinflusst. Die Art und Weise, wie wir unser Leben leben, fängt bei scheinbaren Trivialitäten an – und wir können uns entscheiden, wie wir diese gestalten möchten.
C.S. Lewis schreibt dazu: «Das Grosse, wenn man es schafft, besteht darin, all die unangenehmen Dinge nicht mehr als Unterbrechungen des eigentlichen Lebens zu betrachten. Die Wahrheit lautet vielmehr, dass gerade das, was wir Unterbrechungen nennen, das wahre Leben ist, das Leben, das Gott uns Tag für Tag schenkt.»
Über Bensch Sager
Bensch Sager ist
Psychologe. Er leitet die Arbeit der VBG für junge Berufstätige und wirkt als
Referent in verschiedenen Kursangeboten.
Das vollständige Gespräch, das sich auch um den Umgang mit Psychologie sowie die Auseinandersetzung von Glaube und Wissenschaft dreht, ist hier abrufbar.
Zum Thema:
Mehrere Generationen feierten: 70 Jahre VBG: Christsein im Kontext der höheren Bildung
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Livenet-Talk «LebensMUTig»: Fallenlassen ist nicht das gleiche wie Aufgeben
Autor: Jonas Bärtschi
Quelle: Livenet / Bausteine / VBG Blog