Ideen-Austausch
Livenet-Talk zu Apologetik: Bereit für gute Antworten
Wie soll ich antworten, wenn ich zu meinem Glauben befragt werde? Das ist die Grundfrage der Apologetik. Im neusten Livenet-Talk lädt Livenet-Chefredaktor Florian Wüthrich seine Gäste dazu ein, ihre Ideen zu teilen, wie sich Christen in der «Kunst des Antwortens» trainieren können.
In der Apologetik geht es um das Gefragt-Werden und das Infrage-gestellt-Werden. Johanna Mahler-Gündel beschäftigt sich intensiv damit, wie die Kompetenz von Christen zunehmen kann, gute, durchdachte Antworten zu geben. Die Ressortleiterin Apologetik bei der VBG war im Livenet-Talk zu Gast und erklärte, was das Fremdwort für sie bedeutet: «Es ist natürlich ein grosses Wort, das sehr schlau tönen mag, doch kann man sich nur wenig darunter vorstellen. Apologetik kommt vom griechischen Wort ‘Apologia’. Das war die Verteidigungsrede, die man hielt, wenn man angeklagt wurde.»Mehr als Verteidigung
Sehr oft werde es im heutigen Kontext so definiert, dass es sich um die Verteidigung des christlichen Glaubens handle. «Ich finde das etwas zu kurz gegriffen. Apologetik hat mehr damit zu tun, auf schwierige, kritische Fragen an den Glauben einzugehen und auf rationale Argumente zu setzen.» Deshalb gehe es nicht nur ums Verteidigen, sondern auch darum, positive Gründe für den Glauben zu liefern. «Warum ist der christliche Glauben glaubwürdig, relevant und attraktiv?», fragte sie im Online-Talk.
Den Spiess umdrehen
Kurt Beutler, Autor und Theologe, arbeitet bei der Fachstelle für Asyl und Migration MEOS. Auch er stellte im Talk klar, dass Apologetik mehr als Verteidigung darstelle: «Es gibt auch eine angriffige Apologetik. Wir müssen lernen, Themen, bei denen wir in Verteidigung stehen, in einen Angriff umzuwandeln.» Darin sehe er eine grosse Chance.Fundamentale Bibel
Die Bibel habe nämlich Europa verändert, die moderne Welt erst erschaffen. «Ohne Bibel gäbe es beispielsweise keine Menschenrechte. Das kann man historisch nachweisen.» Beutler wollte deshalb «die Geschenke der Bibel an die Menschheit» besonders betonen. «Das haben wir völlig vergessen.» Ihn beschäftige ausserdem die Frage, wieso das Christentum in Europa überhaupt so einen schlechten Eindruck mache.
Wenn man es mit dem Diskurs über andere Religionen vergleiche, sei etwas nicht mehr im Gleichgewicht. «Wieso ist es unserer Apologetik nicht gelungen, dem Christentum bzw. der Bibel Respekt zu verschaffen? Wie können wir hier Antworten geben, die irgendwo in einer Schublade versteckt sind?» Darüber müsse man in der heutigen Zeit reden – nicht nur in diesem Talk.
Einander trainieren
«Dass es einen Gott gibt, muss in Europa zuerst debattiert werden», fügte Markus Baumgartner an. Letztlich entstehe Glauben nur in einer Begegnung mit Gott. «Aber wir können Hindernisse wegräumen, damit Menschen ihm einfacher begegnen können.» Der PR-Berater und Mediensprecher von Freikirchen.ch brachte zudem den Bibelvers aus 1. Petrus, Kapitel 3, Vers 15 in die Talkrunde ein: «'Sei jederzeit bereit, eine gute und freundliche Antwort zu haben.' Das ist bei uns verloren gegangen. Wir sind aus der Übung gekommen, auf Lebensfragen gute Antworten zu geben.»Gerade deshalb, müsse man einander gut ausrüsten, ergänzte Johanna Mahler Gündel: «Es ist wichtig, dass wir Christinnen und Christen darin begleiten, den Glauben zu erklären, zu verstehen und in Worte zu fassen.» Nebstdem man gesprächsfähig werde, stärke man gleichzeitig den eigenen Glauben. «Das ist für mich auch ein wichtiger Teil der Apologetik», sagte die VBG-Ressortleiterin.
Mutig neugierig machen
Markus Baumgartner befürwortete die Strategie: «Rausgehen zu den Leuten.» «Die Kirche geht über Gebäude hinaus», meinte er. Mahler-Gündel fand dabei wichtig, dass man sich nicht verstecke oder selber zensiere. Gerade bei Themen wie die skandalöse Kirchengeschichte müsse man sich bewusstwerden, auf welcher Ebene man das Evangelium beurteile. «Was ist das für eine Komposition? Was hat sich der, der das geschrieben hat, dabei gedacht?» Es gelte, bei der Quelle nach Antworten zu suchen, nicht bei den Anfängerfehlern.
Schliesslich wünschte sich Baumgartner, andere vor allem neugierig zu machen: «Das wäre mein Traum: dass man den Christen anmerken würde, dass da mehr ist als nur Menschliches – mehr als ein normaler Intellekt bieten könnte.»
Zum Thema:
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Autor: Annina Baer
Quelle: Livenet
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