Den Mainstream stören
2021: Braucht es mehr Querdenker?
In Deutschland machen «Querdenker» mit Anti-Corona-Demonstrationen von sich reden. Aber nicht erst seit 2020 gibt es sie – Menschen, die sich nicht vom Mainstream treiben lassen. Wo schwimmen Sie?
Die «Frankfurter Allgemeine Zeitung» gab Entwarnung: Die sogenannte «Querdenker»-Bewegung speist sich nicht in hohem Maße aus Evangelikalen und Pietisten, schreibt die FAZ am Sonntag. Auch deren Dachorganisationen würden sich gegen die «Querdenker» stellen. Weiter schreibt die FAZ, dass die «evangelikalen und fundamentalistischen Christen» unter den Querdenkern «masslos überschätzt» würden. Der Basler Soziologe Oliver Nachtwey habe in einer repräsentativen Umfrage unter anderem festgestellt, dass nur zwölf Prozent der «Querdenker» in den vergangenen Monaten mindestens einmal eine Kirche besucht hätten. Evangelikale Christen besuchten deutlich häufiger Gottesdienste (Quelle: pro Medienmagazin).
Gegen eine fade Gesellschaft
So viel zur Entlastung der Frommen in Bezug auf Corona-Kritiker. Gleichzeitig muss festgehalten werden: Dass die Nachfolger des Mannes aus Nazareth quer zum gesellschaftlichen Mainstream denken und – hoffentlich auch – handeln, wird jedes Jahr mehr zur Herausforderung, zum Problem – und zur grossen Chance des Christentums und unserer Gesellschaft. «Passt euer Denken nicht der Welt an», mahnte einer ihrer Urväter namens Paulus. Warum? «Weil ihr das Salz der Erde seid», begründete Jesus selbst. Das bedeutet: weil ihr nur so die Gesellschaft, in der wir leben, geniessbar macht. «Wenn das Salz seine Salzkraft verliert, ist es für nichts mehr gut als nur weggeworfen zu werden», fügte er hinzu.
Salz für sich allein gegessen ist relativ ungeniessbar – in der Suppe oder in einem feinen Steak entwickelt es eine wunderbare geschmackliche Veränderung (natürlich nur in der richtigen Dosierung).
Querdenken und querhandeln
Die paar Handvoll von ersten Christen entwickelten sich in nur zwei Jahrhunderten zur stärksten Minderheit im Römischen Reich, obwohl ihre Werte in vielem quer zur Gesellschaft standen. Sie waren von Anfang an multikulturell, überschritten nationale, ethnische, religiöse und kulturelle Grenzen, teilten ihr Gut mit anderen, lebten gewaltlos, schützten das ungeborene und retteten das geborene menschliche Leben (vor allem weibliche Babies) und lebten eine revolutionäre sexuelle Moral. Sie wurden bewundert und gehasst, verfolgt und den Löwen vorgeworfen – und doch erwies sich ihr Lebensentwurf, der oft quer zum Mainstream stand, als kulturell stärker, lebensfreundlicher und lebenstüchtiger als die griechisch-römische Moral. Sie beteten nur einen Gott an, liebten ihn aber über alles, und ihre Taten der Nächstenliebe überzeugten oft auch ihre härtesten Kritiker.
Innerhalb von zwei Generationen ist unsere westliche Kultur in eine nachchristliche Gesellschaft umgekippt. Überzeugte Christen müssen heute Querdenker sein – nicht in allen Fragen und beileibe nicht aus einem prinzipiellen «Dagegen-Sein». Jenseits des rechts-links-Schemas stellen sie viele Narrative unserer Gesellschaft in Frage und bieten lebbare Gegenentwürfe an. «Fürchtet euch nicht» ist ihre Haltung – und ihr Angebot. Ihr Symbol ist nicht die Faust, sondern eher die gefalteten Hände. Und wer sagt, dass es dabei auf die Menge ankommt?
Zum Thema:
Gott persönlich kennenlernen
Livenet-Serie «Mutig & frei»: Beraterin Susanna Aerne: «Mut hat auch mit Scheitern zu tun»
Lügen, die wir glauben: «Es muss mir egal sein, was andere über mich denken»
Atheist wird Theologe: «Ich konnte nicht an Gott glauben»
Autor: Reinhold Scharnowski
Quelle: Jesus.ch