Grosse Not, grössere Hoffnung
Friedenshoffnungen für Libyens Christen
Noch sind die Friedenshoffnungen für Libyen sehr vage. Ein dauerhafter Fortschritt würde vor allem auch für die christliche Gemeinschaft viele Türen öffnen.
Der Pastorentochter und heutigen deutschen Bundeskanzlerin Angela Merkel ist es am 19. Januar gelungen, erstmals alle Akteure und Hintermänner des nun schon neun Jahre anhaltenden Bürgerkriegs in Libyen an einen Tisch zu bringen.
Der General und der Islamist
Die bislang nur dem politislamisch ausgerichteten Fajes as-Sarradsch in Tripolis gewährte internationale Anerkennung wurde in Berlin faktisch auf seinen östlichen Gegenspieler Halifa Haftar ausgeweitet. Dieser war es immerhin, der den Greueln der libyschen Islamisten – das bekannt gewordene Köpfen von 21 koptischen Christen oder der Mord an 26 christlichen Äthiopiern, die nicht Jesus verleugnen und den Islam annehmen wollten – ein Ende bereitet hat. Sarradsch hingegen wird von zwei radikalen Muslimgruppen unterstützt: Der mit dem globalen Terrornetzwerk Al-Kaida liierten Miliz «Fadschr Libija» (Libysche Morgenröte) und den «Madchalisten», einer salafistischen Richtung. Diese ist zwar in militärischer Hinsicht die schwächere, hat aber über viele ihr nahestehende Moscheeprediger starken ideologischen Einfluss. Die Bilder der Demonstrationen in Tripolis, von denen der Berliner Gipfel begleitet wurde, zeigten mit Kopftüchern und Bärten, Allahu-Akbar-Rufen und Spruchbändern klar diese islamistische Komponente.
Berliner Friedensprozess
In Europa hatte sich mit zunehmendem Anschwellen des afrikanischen Migrantenstromes – vier Fünftel von ihnen mit Libyen als Zwischenstation – spätestens 2015 die Einsicht durchgesetzt, dass diese Problematik beim besten Willen nicht länger mit grossherziger Aufnahmebereitschaft allein zu bewältigen war. Der Plan, die neue Völkerwanderung an ihren Startlöchern zur riskanten Überquerung des Mittelmeers abzufangen, umzulenken und ihre sozialen Auswanderungszwänge zu mildern, hatte von Anfang an beim gesamten «Berliner Friedensprozess» der letzten fünf Jahre Pate gestanden.
Eile tut not
Nachdem dabei der Grundsatz «Eile mit Weile» zu gelten schien, tut jetzt bei Umsetzung der Berliner Beschlüsse Eile not. Nur dann wird sich dieser «Gipfel von Berlin» dem «Berliner Kongress» ebenbürtig erweisen, der 1878 den Balkanchristen 35 friedliche und konstruktive Jahre gesichert hatte. Grund zur Hoffnung ist jedenfalls dadurch gegeben, dass Libyen eines der wenigen islamischen Länder ist, das Evangelisation von Muslimen und ihre Hinwendung zu Jesus nicht unter Todesstrafe stellt. Abgesehen davon, dass – im Unterschied von Saudi-Arabien – christliche Kirchenbauten gestattet sind. Wenn sie auch noch dem organisierten Verbrechen unter dem Deckmantel islamischer Strenggläubigkeit als Angriffsziele dienen.
Doch eröffnet die prinzipielle Rechtslage der Verkündigung im Kreis der vielen Gastarbeiter und Migranten prinzipielle Chancen, während die bodenständigen Libyer zutiefst in der islamischen Tradition verwurzelt sind. Doch auch bei ihnen gibt es schon Wunder der Gnade.
Rechtsunsicherheit als Bremse für Evangelisation
Eigentlicher Grund, weshalb die grundsätzlich in Libyen gewährte Muslim-Evangelisation nicht noch stärker zum Tragen kommt, ist die völlige Rechtsunsicherheit infolge von neun Jahren Bürgerkrieg. Fanatische Muslimbanden überschneiden sich nur zu oft mit kriminellen Versklavungs- und Prostituierungsbanden. Und es gibt – ausser im Machtbereich Haftars – niemand, der sie dafür zur Verantwortung zieht.
Ein Friedensdurchbruch in Libyen verspricht daher auch einen Aufbruch der libyschen Christenheit. Und er würde das Land von seinem vierten Platz auf der Weltverfolgungsliste zum christlichen Hoffnungsland in der islamischen Welt machen.
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Autor: Fritz Imhof
Quelle: Livenet