Diplomierter Bibelerzähler
Wie ein Seelsorger und Geschichtenerzähler Glauben sät
Der durchaus bescheidene und auch selbstkritische Adrian Hofmann ist als Sportlerseelsorger von Athletes in Action bekannt. Seit 2007 ist er diplomierter Bibelerzähler. Er sieht sich jedoch eher als Gesprächs-Partner für Zweiergespräche denn als grosser Event-Redner. Was brachte ihn zum Geschichtenerzählen? Und was hat das mit Einparkieren als Chauffeur zu tun?
Bereits seine Grossmutter besass ein dickes Geschichtenbuch und las gerne daraus vor, wobei sich die eigene lebhafte Fantasie des kleinen Adrian damals schon weiterentwickelte und seine Gedanken zum Fliegen brachte.«Du redest wie ein Buch»
Der Fernseher war Mangelware, und so begann er auch wortstark sich selber zu unterhalten. Natürlich wurde sein Umfeld nicht davon verschont, er eckte an und ab und zu hiess es auch mal: «Du schnörrisch jo wienes Buech».
Wegweisend für den beruflichen Zugang zum Erzählen war der Hinweis eines Pfarrers im Jahr 2005. Er machte ihn auf den Ausbildungslehrgang aufmerksam. «Er wollte die Ausbildung bezahlen, falls ich die Aufnahme schaffen würde. Und tatsächlich wurden aus 90 Bewerbungen 15 angenommen, und ich war einer davon», so Hofmann.
Nach dem Abschluss als diplomierter Bibelerzähler liess er sich noch zum reformierten Katecheten ausbilden. Etwas Wesentliches darin sieht er so: «Das Erzählen ist ein ideales didaktisches Mittel, ich lehre gern, vermittle gerne Inhalte».
Vorwärts- und zurückfahren
Die Verbindung der Arbeit als Sportler-Seelsorger und Bibelerzähler erklärt er mit folgendem Bild: «Früher war ich Chauffeur und erkannte, dass man einparkieren und an der gleichen Stelle wieder rausfahren üben musste. Beim seelsorgerlichen Gespräch beginnt der gemeinsame Weg oft im Hier und Jetzt. Aber mit der Zeit beschäftigen wir uns auch mit einem biblischen Wort. Als Bibelerzähler beginnt der gemeinsame Weg zuerst mit dem Hören einer biblischen Geschichte. Später fragt man sich dann vielleicht gemeinsam auch noch, was uns der Text heute zu sagen hat. Ob Seelsorger oder Bibelerzähler, wie ein Chauffer mache ich also nichts anderes als vorwärts- und rückwärtsfahren».Hofmann schreibt auch 2-Minuten-Kurzgeschichten auf Papier. Diese Gedankenanstösse nimmt der Sportler gerne mit, weil er selber entscheiden kann, wann und wo er sie lesen will. So nehmen sie die Geschichten mit, welche dann zu Hause auf dem Nacht-Tischchen ihren Platz finden.
Erzählungen für Kinder und Erwachsene
Auf die Aussage, dass Erzählen eher bei Kindern gefragt ist, entgegnet er, dass er sehr gerne bei Kindern sei und beispielsweise im Ferienpass mitwirke. «Ich kreiere innerhalb dieses Rahmens eine kleine Feier, eine Ruhepause». Andererseits ist er bei ganz unterschiedlichen Leuten im Einsatz, wie bei einem Industriellen, für den er eine Geburtstags-Geschichte schrieb.
So konnte er beispielsweise in einem ausgesprochenen Sportler-Umfeld die Oster-Botschaft «Dass das Leben weitergeht» (Johannes, Kapitel 20, Vers 16) einbringen, wobei dann von den 27 Gesprächspartnern alle bestätigten, dass sie davon angesprochen waren. Eine hervorragende Erfolgsbilanz, wenn man bedenkt, dass die selbstgemalte Postkarte mit Bibelvers auch auf Widerstand stossen könnte.
Selbstreflexion und bedingungslose Liebe
Bei allen Einsätzen ist zentral: «Dass ich eine Gelegenheit biete, über das Leben zu reflektieren», so Adrian Hofmann zu seinem Kernauftrag.
Themenmässig geht es immer wieder um Beziehungs-Fragen; die Beziehung zu mir und zu anderen – und zu Gott. Auch öfters begegnet er der Frage: Weshalb lässt Gott das zu? «Das scheinbare Nichthandeln Gottes können Menschen schlecht einordnen. Viele Menschen wünschten sich noch mehr sein Eingreifen. Gerade in den Bereichen Leiden und Gerechtigkeit», beschreibt er seine Erfahrungen.
Es gehe ihm auch darum, Worte von der bedingungslosen Liebe weiterzugeben; im Gegensatz zur Liebe, die verdient werden muss.
Berner mit zürcherischem Migrationshintergrund
Als Spezialität und Erkennungsmerkmal nennt er seinen Dialekt, er sei Berner mit zürcherischem Migrationshintergrund. Er lebt seit 33 Jahren in der Region Biel.
Trotz seiner Rechtschreibeschwäche fand er zur Freude am Schreiben und Erzählen, was er zu einem gewissen Teil nun sogar beruflich ausübt.
Zum Schluss verrät uns Adrian Hofmann noch sein Lebensmotto und das Ziel seines Erzählens: «Ich will das Einfache stetig tun und dabei einen Glauben säen, der die Freundschaft fördert».
Zur Person
Geboren 1963 und wohnhaft in Nidau (Be), Ehemann und Vater von zwei Töchtern, Katechetendiplom, Diplomierter Bibelerzähler, Associate of Arts in Religious Studies, Grosse Schreibschule, Diplomierter technischer Betriebsleiter der Schweizerischen Sägereiindustrie, LKW- und Carchauffeur, Sägerei- und Verwaltungslehre
Beispiel einer Kurzgeschichte:
Anerkannt
«Aber das ist doch wichtig, ganz, ganz wichtig, oder?»
«Früher ja, als Erwachsener nicht mehr so ganz wichtig.»
«Wie meinen Sie das?»
«Als Kind ist es wichtig, von Erwachsenen anerkannt und geliebt zu werden. Das eigene Überleben hängt davon ab. Als Erwachsener sollte man aber dazu gelernt haben und selber für sich sorgen können.»
«Das macht mir Sorgen.»
«Was macht Ihnen Sorgen?»
«Ich muss doch auch heute noch anerkannt und geliebt werden, ganz besonders von bedeutenden Persönlichkeiten in meiner Umgebung, oder?»
«Oder was?»
«Oder ich sterbe vor Angst.»
«Das glauben Sie?»
«Ich glaube, ich muss mir ernsthafte Gedanken über meinen Glauben machen.»
«Ja, das ist sicher besser als sich sorgen.»
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Autor: Roland Streit
Quelle: Livenet