Missionarischer Lebensstil
Karen Reed – Gastfreundschaft statt Effizienz
21 Jahre lang arbeitet Karen Reed als Pastorin im kanadischen Vancouver. Sie wird immer unzufriedener mit dem hohen Tempo in ihrem Dienst. Schliesslich hört sie auf und zieht als Stadtteil-Missionarin in ein Haus. Dort ist sie einfach verfügbar für ihre Nachbarn und für Fremde – und merkt, dass Gott sie gebraucht.
Karen Reed hält fest: «Den grössten Teil meines Lebens habe ich mit 'gutem' Tempo gelebt, Effizienz und Produktivität waren mir extrem wichtig. Aber irgendwann habe ich gemerkt, dass ich nicht gleichzeitig für andere da sein und normal arbeiten konnte. Es dauerte fast eineinhalb Jahre, meinen Lebensstil umzustellen. Und alles begann mit dem Gedanken, dass Jesus hauptsächlich Zufallsbegegnungen hatte. Ich war es einfach müde, effektiv zu sein …»
Auf der Suche nach neuen Wegen
Karen Reed war erfolgreich als Pastorin ihrer Gemeinde in Vancouver. Trotzdem blieb da dieses Gefühl von «das bin ich gar nicht». Sie hinterfragte ihre Einstellung, nach der sie eine effektive Pastorin sein sollte, und überlegte ganz einfach, was Jesus selbst tat. Und dann wechselte sie in Absprache mit ihrer Kirche den Arbeitsplatz. Sie lebt und arbeitet immer noch in Vancouver. Doch sie ist in eine relativ entkirchlichte Umgebung gezogen, die ihr sehr am Herzen lag. Dort ist sie inzwischen so etwas wie eine Stadtteil-Missionarin.
Essen ist der Schlüssel
Reed mietete ein Haus in der neuen Umgebung und rechnete damit, dass Gott sie gebrauchen würde. Sie wollte einfach offen sein für das, was sich natürlich ergab. Und genau das geschah. Plötzlich ergaben sich Kontakte in ihre Nachbarschaft, wie sie sie noch nie erfahren hatte. Schritt für Schritt verabschiedete sich Reed von einem programmorientierten Christsein. Sie war einfach für andere Menschen da und sehr oft war das gemeinsame Essen ein Schlüssel. Sie kochte, ass und sprach mit Menschen und erlebte tiefe Gemeinschaft. Das für den Westen radikale Konzept der biblischen Gastfreundschaft wurde ihr Massstab – und sie merkte, wie es funktionierte. In ihrem Haus sind sechs freie Zimmer. Hier können Menschen für eine Weile unterkommen, die ein Dach über dem Kopf, aber auch innere Freiräume suchen. Um die 240 Leute haben davon bisher Gebrauch gemacht.
Zufällige Begegnungen nutzen
Karen Reed merkte, dass Jesus viele scheinbar zufällige Begegnungen hatte und sie nutzte. Das nahm sie als Vorbild für sich. Sie spricht beim Einkaufen mit Leuten, die ihr begegnen. Sie kommt mit den Hundebesitzern des Viertels in Kontakt. Sie stellte ihre Bank aus dem Garten an die Strasse, sitzt dort gern, betet für Passanten und spricht sie an. Bei all diesen Begegnungen ist es ihr wichtig, wirklich zuzuhören. Sie will den Menschen, die ihr scheinbar zufällig über den Weg laufen, zuhören und ihnen – wenn möglich – biblische Gedanken mitgeben. Reed erklärt: «Ich will das Evangelium so leben, dass es für Menschen in meiner Umgebung eine Bedeutung bekommt.»
Nichts Spektakuläres
Alles, was Karen Reed macht, hört sich sehr normal an, obwohl es für sie ein «neues Normal» ist. Der Mix aus Gastfreundschaft, Zuhören und für andere da sein ist weder spektakulär, noch ist er neu. Er liegt nah bei dem, wie Jesus selbst gelebt hat und lässt sich praktisch überall umsetzen. Menschen finden dadurch zu Jesus. Und Karen Reed zieht als persönliches Fazit für sich: «Ich will nicht mehr zurück in mein altes Leben. Jahrelang war ich nur effektiv, aber hier habe ich wirkliche Freude gefunden.»
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Autor: Hauke Burgarth
Quelle: Livenet / Journal of missional practice