«Gay West» in Bern
Christen im Gespräch mit Homosexuellen
Ein besonderer Einsatz am «Gay West»-Festival in Bern: Eine Gruppe von Christen ging auf die Besucher zu, um herauszufinden, was Homosexuelle über den christlichen Glauben denken.
Den Dialog suchten die 15 Teilnehmenden anhand einer Umfrage für die Webseite www.jesus.ch, mit sechs Fragen zu Glaube und Homosexualität, so etwa: «Glauben Sie an eine höhere Macht?», «Ist Ihnen diese Einstellung von Nutzen?», «Haben Sie schon von Jesus gehört, was halten Sie von Ihm?», «Denken Sie, dass Jesus Homosexuelle liebt?», «Denken Sie, dass es Dinge bezüglich Homosexualität gibt, welche Gott Mühe bereiten?», «Sind Sie interessiert, eine persönliche Beziehung zu Jesus / Gott aufzubauen?». Insgesamt konnten 64 Personen befragt und dabei auch intensive Gespräche mit einer Dauer von bis zu 30 Minuten geführt werden. «Wir konnten sehr gute und auch tiefe Gespräche führen», freut sich Beat Baumann, Livenet-Geschäftsführer und Koordinator des Einsatzes, welcher gemeinsam mit dem «Netzwerk Bern» durchgeführt wurde. Der Dialog mit den Besucherinnen und Besuchern des «Gay West»-Festivals sei klar im Vordergrund gestanden. So hörten die Christen aufmerksam zu, was bei den homosexuellen Menschen gut ankam: «Einige Leute waren positiv überrascht. Sie sagten, sie würden es schätzen, dass man ihnen nicht verurteilend gegenüber tritt, sondern zuerst einmal zuhört und Fragen stellt.»Vielfältiges Bild
Die Befragung bei den homosexuellen Menschen und ihren Eltern und Freunden über den christlichen Glauben ergab ein sehr breites Spektrum von Meinungen und Überzeugungen. Mit Jesus Christus verbinden viele positive Gefühle. Mehrere Befragte bezeichneten ihn als wichtiges Vorbild; eine junge Frau sagte, es müssten mehr Menschen so sein wie er. «Er zeigt uns den richtigen Weg», meinte sie. Es sei ein Mensch, der andere faszinierte und heute noch fasziniert, sagte jemand anderes. Und ein zirka 30-jähriger Mann sagte, als er auf Jesus angesprochen wurde, er glaube nicht, dass Jesus überhaupt existiert habe. «Es gibt auch keinen Gott», ist er überzeugt.
Mit der Kirche haben viele Befragte Mühe, wie die nicht repräsentative Umfrage an der «Gay West» weiter zeigte. Der katholische Bischof Vitus Huonder wie auch fundamentalistische Christen wurden öffentlich von der Bühne aus kritisiert. Die Mehrheit der «Gay West»-Besucher war aber durchaus offen, wenn es um Jesus und die Bibel ging; einige nahmen das Angebot für ein segnendes Gebet in Anspruch und wünschten eine Bibel zu erhalten.
Über zwei Drittel der Befragten gaben an, an eine höhere Macht zu glauben. Gott gebe Halt, Frieden und Gelassenheit, betonten viele. Einige sind der Meinung, dass nur die Kirche, nicht aber Jesus ein Problem mit Homosexualität habe. Vielleicht sei Jesus ja auch selbst homosexuell gewesen. Er habe ja auch Prostituierte angenommen. Interessanterweise haben die Befragten dabei nur auf den ersten Teil der Begegnung von Jesus mit der Prostituierten Bezug genommen, wo Jesus sagt, er würde diese Frau auch nicht verurteilen. Dass Jesus dazu gleich anfügte «sündige von nun an nicht mehr», wurde von den Befragten nicht wahrgenommen. Lediglich eine der befragten Personen war sich unsicher, ob Jesus für oder gegen Homosexualität ist. Einige der Befragten waren ehemals engagierte Christen und Besucher von Frei- und Landeskirchen. Diese haben sich aufgrund der dortigen Ablehnung ihrer sexuellen Ausrichtung vom Glauben abgewendet.Was sich Homosexuelle von Christen wünschen
Eine Einsatzteilnehmerin befragte an der «Gay West» Besucherinnen und Besucher, was sie sich von Christen wünschen. Dabei kamen unter anderem folgende Statements – nach Frauen und Männern sortiert – heraus:
Frauen:
- «Die Christen sollen mehr Nächstenliebe leben.»
- «Leben und leben lassen, mehr Liebe geben, Liebe ist überall, Gott gibt allen Menschen seinen Segen, Gott verurteilt mich nicht.»
- «Christen, hört auf euer Herz, verhindert Kriege, macht anderen keine Vorschriften, interessiert euch für uns und schenkt uns Liebe.»
Männer:
- «Die Christen sollen an ihre eigene Vergangenheit denken und was da alles schon schief gelaufen ist. Sie sollen sich nicht über andere stellen.»
- «Sagt den Christen, dass sie mehr Glauben sollen, im Glauben liegt eine unglaubliche Kraft. Ich selbst war schwer krank und ohne Gottes Hilfe hätte ich es nicht geschafft.»
- «Ich würde mehr Zusammenhalt unter den Christen und einen friedvollen Umgang erwarten.»
Dialog statt «Kritik-Steinwürfe»
Die Zeit des Einsatzes sei wie im Fluge vergangen, berichtet Beat Baumann, und wie die gemeinsame Auswertung zeigte, hätten es alle als sehr positiv erlebt. «Jeder hatte einige sehr gute Gespräche und viele konnten für Menschen beten. Es gab keine aggressiven Reaktionen, vielmehr wurde unsere Anwesenheit geschätzt.»Der Einsatz habe nicht zum Ziel gehabt, Homosexualität gutzuheissen oder zu verurteilen, so Baumann. «Es ging darum, erstmals zuzuhören und die Mitmenschen über Jesus zu informieren, von der Liebe Gottes zu berichten und die Leute zu ermutigen, mit Gott in Beziehung zu treten. Kaum eine der befragten Personen scheint in seinem Umfeld eine persönliche Beziehung zu engagierten Christen zu pflegen. Ich ermutige zum direkten Dialog mit Homosexuellen. Menschen verändern sich nicht aufgrund von 'Kritik-Steinwürfen', sondern, wenn wir Ihnen persönlich begegnen, wie es Jesus tat.»
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Autor: Florian Wüthrich / Daniel Gerber
Quelle: Livenet