Bonhoeffer-Gedenktag
Dem Rad in die Speichen fallen
Heute vor 70 Jahren, am 9. April 1945, wurde der Theologe und Widerstandskämpfer Dietrich Bonhoeffer im Konzentrationslager Flossenbürg von den Nazis erhängt. Der Gedenktag zu Bonhoeffers Tod findet viel Beachtung. Das hat seine Gründe...
Dietrich Bonhoeffer hat sich nicht nur mutig und tatkräftig der verheerenden Nazi-Diktatur entgegengestellt, sondern die christlichen Kirchen und Gemeinschaften mit Texten, Büchern und Gedichten (z.B. «Von guten Mächten wunderbar geborgen») nachhaltig geprägt. Er war gleichzeitig Aktivist, mutiger Bekenner, der grosse Risiken auf sich nahm und Verfasser geistlicher Texte mit nachhaltiger Wirkung für die kommenden Generationen. Man denke nur an die Schrift «Nachfolge». Keiner hat in den folgenden Jahrzehnten so viel Beachtung unter Katholiken und Evangelischen aller Schattierungen gefunden. Sein persönliches Lebenszeugnis ist überragend glaubwürdig.13-Jähriger beschliesst, Theologie zu studieren
Dietrich Bonhoeffer wird am 4. Februar 1906 in Breslau geboren. Sein Vater, ein Psychiater und Neurologe, ist Direktor der Berliner Charité. Die Mutter stammt aus einer adeligen Familie. Im Hause Bonhoeffer herrscht Selbstdisziplin, Bescheidenheit und der protestantische Glaube. Schon als 13-Jähriger äussert Bonhoeffer den Wunsch, Theologie zu studieren. 1923 nimmt er das Studium in Tübingen auf. Er promoviert in Berlin, absolviert sein Vikariat in Barcelona und reist für ein Studienjahr nach New York.
Dem Rad in die Speichen fallen
Am 30. Januar 1933 kommt Adolf Hitler mit seiner Nationalsozialistischen Partei an die Macht. Für die Familie Bonhoeffer ist klar: «Hitler bedeutet Krieg.» Dietrich Bonhoeffer protestiert in der Folge öffentlich gegen das «Gesetz zur Wiederherstellung des Berufsbeamtentums», das die Entlassung der «nichtarischen» Beamten zum Ziel hat. In seiner berühmten Rede «Die Kirche vor der Judenfrage» fordert er ein aktives Handeln gegenüber dem Regime: Die Kirche müsse durch organisierten Protest «dem Rad in die Speichen fallen». Denn der Staat habe in seiner Aufgabe, für Recht und Ordnung zu sorgen, versagt. 1939 wurde er von Freunden zu Vorlesungen in die USA eingeladen. Obwohl er zum Bleiben aufgefordert wird, kehrt er 1939 nach Deutschland zurück, um die bekennenden, regimekritischen Christen zu unterstützen.
Der Tyrannenmord
Bonhoeffer wird zum herausragenden Exponenten der Bekennenden Kirche, die sich gegen den Nationalsozialismus und die regimetreuen «Deutschen Christen» stellt. Prägend ist für ihn vorerst die Bergpredigt als Basis der persönlichen Nachfolge. Als die politischen Ereignisse eskalieren, kommt er nach viel Nachdenken und Ringen zum Schluss, dass es nötig sei, den Tyrannen zu töten, um grosses Unheil abzuwenden, auch wenn man dabei Schuld auf sich nehme. Er geht in den aktiven Widerstand und sieht darin einen Akt der Nächstenliebe. Doch das Attentat auf Hitler misslingt. Bonhoeffer wird verhaftet und kurz vor Kriegsende noch durch ein Nazi-Standgericht zum Tod verurteilt und im Konzentrationslager Flossenbürg erhängt. Während seiner Gefängniszeit schrieb er nicht nur viele Briefe und nachhaltige Texte, sondern entwickelte auch ein Konzept für eine Kirche nach dem Kriegsende. Sie sollte eine Kirche sein, die für andere da ist.
Sein Vorbild
Das Leben von Bonhoeffer fordert Christen bis heute auf, sich selbst zu prüfen: Wie würde ich mich verhalten, wenn vor meinen Augen ein Unrecht geschieht oder wenn man mich dazu anhält, eine Sache zu unterstützen, die gegen meine Glaubensüberzeugung ist? Was wäre die Richtschnur meines Tuns? Oder: Was bedeutet es, wenn der Staat beginnt, grundlegende ethische Regeln ausser Kraft zu setzen?
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Autor: Fritz Imhof / Stefan Rüth
Quelle: Livenet
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