Elisabeth Schirmer

«Die Probleme sind gross, doch Gott ist grösser»

In wirtschaftlichen Krisen erweist sich das Fundament des Glaubens als grosse Hilfe. Das bestätigt Elisabeth Schirmer, namhafte basellandschaftliche Unternehmerin und Bankpräsidentin. Doch in Zeiten des Erfolgs werde das Gottvertrauen noch wichtiger. Manchmal raubt ihr die unternehmerische Verantwortung auch den Schlaf. 

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Elisabeth Schirmer
idea Spektrum: Frau Schirmer, wie haben Sie Ihre Berufung als Führungskraft erkannt?
Elisabeth Schirmer:
Geprägt hat mich sicher, dass ich in einem Unternehmerhaushalt aufgewachsen bin, wo Leistung gefordert wurde. Schon als Jugendliche war mir wichtig, Einfluss nehmen zu können. Ich wollte aktiv gestalten und möglichst frei sein. Auch der Umgang mit Menschen hat mich immer stark interessiert. So war alles irgendwie ein natürlicher Prozess. Übrigens ist eines wichtig: Führungskräfte sind nicht Menschen mit einem Titel - im Reich Gottes gibt es sowieso keine Titel. Für mich sind Führungskräfte auch Mütter, die ihre Kinder erziehen! 

Wie kommt es, dass die christliche Ethik zu Ihrem persönlichen Kompass geworden ist?
Grosses Vorbild war meine Mutter. Sie hat den christlichen Glauben bewusst gelebt, auch durch schwere Zeiten hindurch. So habe ich früh gemerkt, dass es zum Glücklichsein mehr braucht als Geld oder materiellen Wohlstand. Vor meiner Konfirmation machte ich mit Gott einen Deal: Ich erbat mir einen freudigen Vers, denn «konfirmare» heisst bestätigen, und das wollte ich ernst nehmen. Der Pfarrer sprach mir dann den Vers aus Epheser 4,4 zu: «Freuet euch in dem Herrn allewege, und abermals sage ich: Freuet euch!» Dieser Zuspruch war himmlisch, und ich werde ihn nicht mehr vergessen.

Sind christliche Ethik und moderne Wirtschaftslogik heute überhaupt noch vereinbar?
Auf jeden Fall. Das Schöne ist ja, dass man als Führungskraft prägen und beeinflussen kann. Gegenüber positiven Werten reagieren die meisten Menschen positiv. So können gläubige Führungskräfte auch in einer säkularisierten Welt durchaus einiges bewirken. Zum andern stehen wir natürlich in einem täglichen Kampf mit Zielkonflikten. Der Wirtschaftsmarkt übernimmt keine soziale Verantwortung und fordert uns viel ab. Wichtig scheint mir, dass wir nicht alleine kämpfen, sondern wenn immer möglich im Team.

Gerade in der aktuellen Finanzlogik, die Sie als kantonale Bankpräsidentin ja auch verinnerlicht haben, spürt man doch wenig von christlicher Ethik ...
Ich kann nur für unsere Basellandschaftliche Kantonalbank reden. Unser Geschäftsmodell stellt die Glaubwürdigkeit ins Zentrum, und das ist auch das Zentrum der christlichen Ethik. Doch müssen auch wir die Suppe auslöffeln, die uns andere Geldinstitute eingebrockt haben. Das ist für solide Kantonalbanken nicht einfach. Wir setzen alles daran, unsere Kundschaft nachhaltig zu beraten.

Wie soll ausgerechnet einem Bankkunden bewusst werden, dass Geld allein nicht glücklich macht?
Eine gute Frage! Es gibt heute einige Kunden, die das gemerkt haben. Beratungsgespräche mit Menschen in finanziellen Schwierigkeiten sind heute komplex. Probleme können sein: Ehescheidung, Verlust des Arbeitsplatzes, Leben über den Verhältnissen, Erbschaftsstreitigkeiten - alles mit finanziellen Konsequenzen. So kann ein Beratungsgespräch auch sehr persönlich werden.

Ihre Familienunternehmung hat auch grosse Krisen durchgemacht. Was hat Ihnen da die christliche Ethik geholfen?
Zuletzt wurden wir 2009 von der Wirtschaftskrise erfasst. Da zeigt sich das Fundament des Glaubens. Schuldzuweisungen nützen nichts, es braucht viel Weisheit im Abbau von Produktionskapazitäten. Wir haben innerhalb der Familie und unter den Verantwortungsträgern ein stabiles Netzwerk, das auch in der Krise hält.

Und was hilft Ihnen die christliche Ethik in Zeiten des Erfolgs?
Dann wird das Gottvertrauen noch wichtiger! Es hilft, auf dem Boden zu bleiben. Und es kann bei einer ehrlichen Analyse auch aufzeigen, dass der Erfolg nicht nur von der eigenen Leistung abhängt. Erfolg kann sehr gefährlich sein, denn er kann einen in eine gefühlte Unabhängigkeit hineinbringen. Eine grosse Kraft liegt in der Dankbarkeit und in echten Beziehungen.

Auf welche biblischen Werte legen Sie im Führungsalltag grossen Wert?
Wahrheit, Transparenz, Ehrlichkeit, Freiheit - ich will nie erpressbar sein. Freiheit heisst auch, die Unterschiedlichkeit der Menschen zu respektieren. Einheit in der Vielfalt ist gefragt, gerade auch im Teamwork. Und ich will daran denken, dass ich zwei Ohren und nur einen Mund habe, das heisst, ich will besser hinhören. Ein lebenslanger Lernprozess.

«Mit meinem Gott kann ich über Mauern springen», heisst es in einem Psalmwort. Was heisst das für Sie?
Mein Verstand, meine Logik sind nicht das letzte aller Gefühle. Mir kommt das Wort in den Sinn: «Gott kann viel mehr tun, als wir von ihm erbitten oder uns auch nur vorstellen können.» Jugendlich gesagt: Das ist mega krass!

Wie pflegen Sie als gläubige Führungsperson die Verbindung mit Ihrem «obersten Chef»?
Diese Verbindung ist sehr vielseitig. Worship Music ist für mich ein wichtiger Bestandteil. In unruhigen Phasen übe ich den schriftlichen Dialog mit Gott. Seit etwa 15 Jahren führe ich auch ein Erlebnisbuch. Hier schreibe ich auf, wie ich Gott in Ereignissen, Eindrücken und Bildern erlebe. In einer lauen Lebensphase greife ich auf mein Buch zurück, und die Dankbarkeit wird gross.

Wofür sind Sie Gott als Führungsperson besonders dankbar?
Die grösste Dankbarkeit empfinde ich für seine Geduld mit mir und für die Chance, immer wieder frisch anfangen zu dürfen. Er sagt: «Ich liebe dich trotzdem!» Das «Trotzdem» Gottes ist gewaltig. Sehr dankbar bin ich auch für die vielen Menschen, die mein Leben reich machen.

Elisabeth Schirmer

Jahrgang 1958, verheiratet, drei erwachsene Söhne, wohnhaft in Lausen BL. Schloss das Ökonomiestudium 1982 mit dem Lizentiat ab. Seit 1983 Mitglied der Geschäftsleitung und des Verwaltungsrates der eigenen Firma Ronda AG in der Uhrenbranche. Vorerst Assistentin ihres Vaters, nach dessen Tod 1985 in die Leitungsverantwortung gestellt. Heute zusammen mit ihrem Mann Daniel und ihrem Bruder Erich Mosset im Verwaltungsrat der Familienfirma, die weltweit Quarzuhrwerke produziert. Elisabeth Schirmer ist seit 2000 auch Mitglied des Bankrates der Basellandschaftlichen Kantonalbank und seit 2011 Präsidentin dieses Gremiums. Hobbys: Sport (Skifahren, Schwimmen, Tennis, Velofahren), Garten, Kochen und Essen, Psychologie.
 
Den vollständigen Text dieses Interviews finden Sie im idea Spektrum 41/2012 bzw. auf der Webseite von idea schweiz.


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Christian Leadership Values

Datum: 17.10.2012
Autor: Andrea Vonlanthen
Quelle: ideaSpektrum Schweiz

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