Freie Schulwahl
Eine Chance für die christlichen Privatschulen?
Am 17. Juni wird im Kanton Zürich über die freie Schulwahl ab der 4. Klasse abgestimmt. Eine Chance für die christlichen Privatschulen? Die Meinungen sind geteilt.
Im Kanton Zürich sollen Kinder ab der vierten Klasse in Zukunft frei entscheiden können, welche Schule sie besuchen wollen. Darüber sollten sich eigentlich Eltern und Privatschulen freuen. Doch die Echos sind unterschiedlich.
Auffallende Neutralität
Der Verband der Zürcher Privatschulen verzichtet jedenfalls auf eine gemeinsame Stellungnahme. Der Verband nehme eine neutrale Position ein, bekräftigt Co-Präsident Peter Frey. Der Grund: Die Mitgliedschulen haben so unterschiedliche pädagogische Ansätze, dass sich keine einheitliche Position zur Initiative abgeben können.
Laut Initiative werden allerdings nicht alle privaten Schulen den staatlichen gleichgestellt. Um der Initiative mehr Chancen zu geben, ist die freie Schulwahl erst ab der vierten Klasse vorgesehen. Ausserdem soll die Wahlfreiheit nur für Schulen gelten, die sich verpflichten, allen Kindern zugänglich zu sein. Ausserdem dürfen sie nebst den staatlichen Schulgeldern und Spenden kein zusätzliches Schulgeld erheben. Damit fallen konfessionelle Schulen, die Andersgläubige nicht zulassen, ausser Betracht. Die Elternlobby, von der die Initiative ausging, stellt dazu auf ihrer Homepage fest, die freie Schulwahl gelte natürlich nicht «für fundamentalistisch ausgerichtete Schulen».
Auch die Schule muss auswählen können
«Was heisst, eine Schule muss für alle zugänglich sein?», fragt Beat Bollinger, Schulleiter der Freien Katholischen Schulen Zürich. «Bedeutet dies Aufnahmezwang?» Eine Schulleitung müsse im Einzelfall prüfen können, ob ein Schüler oder eine Schülerin nun in eine Klasse passe oder nicht. Er lässt auch durchblicken, dass er ohnehin nicht an einen Erfolg der Initiative glaubt.
Zwar würde es Beat Bollinger begrüssen, wenn sich der Staat ein Stück weit an der Finanzierung der Privatschulen beteiligen würde. «Die Eltern unserer Schüler finanzieren ja mit ihren Steuern die Staatsschulen mit», gibt er zu bedenken, «und zusätzlich entrichten sie ein Schulgeld.»
Peter Scheuermeier von der Freien Evangelischen Schule Zürich macht auf die Chancen aufmerksam: «Es gibt nicht die gute Schule und das erst noch als staatliche Monopolschule, sondern gerade eine Vielfalt in der Bildungslandschaft macht ein qualitativ hochstehendes Bildungssystem aus», sagte er der Mittelland-Zeitung. Dieser Umstand müsse bei der weiteren Diskussion berücksichtigt werden.
Schule für alle – ein Mythos
David Schneider Geschäftsführer der christlichen Stiftung SalZH, sitzt im Initiativkomitee, weil der das Anliegen einer «Liberalisierung des Schweizer Bildungswesens» unterstützen möchte. SalZH betreibt in Winterthur eine Kindertagesstätte und eine Privatschule. David Schneider ist zwar kein glühender Verfechter der laufenden Volksinitiative, er ist aber überzeugt, dass das heutige Monopol aufgebrochen werden muss, obwohl er in der Volksschule eine grossartige Schweizer Errungenschaft sieht. Doch die Abschaffung dieses Monopols müsste seiner Meinung nach nicht nur von einer Elternlobby, sondern auch von einer Lehrerlobby mitgetragen werden, sodass die verschiedenen Aspekte und Herausforderungen berücksichtigt werden. Wichtig wäre ihm auch, dass Eltern, die ihre Kinder in eine Privatschule geben, zumindest das Schulgeld von den Steuern absetzen können.Etwas kann nicht stimmen
Hinter das Anliegen der Initianten stellt sich der anthroposophisch ausgerichtete Freie pädagogische Arbeitskreis. Dessen Leiter Daniel Wirz erinnert an eine bedenkliche Entwicklung: Wenn wie im Kanton Zürich die Mehrzahl der Schüler Stützunterricht oder therapeutische Betreuung benötige, stimme doch etwas nicht, so Wirz gegenüber der Zeitung. Er ist überzeugt, dass die freie Schulwahl wie im Ausland auch in der Schweiz funktionieren würde.
Dieter Rüttimann, Leiter der Gesamtschule Unterstrass findet die freie Schulwahl sinnvoll, weil sie auch Kinder aus weniger bemittelten Schichten die Chance gebe, die geeignetste Schule zu besuchen. Seine Schule könnte allerdings gar nicht mehr Kinder aufnehmen. Es gebe eine grosse Warteliste.
Entscheidend ist die Möglichkeit, wählen zu dürfen
Für Margarita Müller vom Initiativkomitee betont. «Wir haben die Initiative zugunsten der Kinder und ihrer Eltern lanciert.». Sie sollten die Möglichkeit der Wahl haben. 95 Prozent der Eltern seien auch bei freier Wahl mit der nächstliegenden Schule zufrieden, aber sie hätten immerhin wählen können. Und die übrigen 5 Prozent seien zufrieden, dass sie dank der Wahlmöglichkeit eine gute Lösung für ihr Kind gefunden hätten.
Webseite:
Verband zürcherischer Privatschulen
SalZH
Autor: Fritz Imhof
Quelle: Livenet