Kirchgemeinde Rohrbach BE

«Stolpersteine sind die Edelsteine von morgen»

«Nicht Wachstum, sondern Wachsein sichert das Überleben.» Diese Aussage von Pfarrer Alex Kurz kann als Motto für die Arbeit in der reformierten Landgemeinde von Rohrbach im Oberaargau gelten.
Im Kontrast zu modernen Gemeindewachstumsstrategien sieht Kurz alles Wesentliche als unverfügbar an. Auch in kleinen Gemeinden könnten Christen etwas wagen. «Wenn wir so antreten gibt es nicht nur einen spannenden Prozess, sondern wir haben einen guten Weg.»

Mit verschiedenen Gaben ein Ganzes gestalten

Alex Kurz und sein Kollege Samuel Reichenbach erzählten an der Tagung des Landeskirchen-Forums in Bern am 10. September 2011 aus ihrer Arbeit. Sie ergänzen sich im Pfarramt; jeder bringt des andern Stärken zur Geltung. Dies ist ein Schlüssel für die bemerkenswerte Entwicklung der Kirchgemeinde mit 2800 Mitgliedern in fünf Dörfern. Als Samuel Reichenbach vor 22 Jahren in Rohrbach (zwischen Langenthal und Huttwil) anfing, verzeichnete er einen erfreulichen Gottesdienstbesuch. In den letzten Jahren nimmt eine Kerngemeinde Form an: Über 50 Leute, die schon miteinander die Bibel gelesen und diskutiert und gebetet haben.

Intensiver als ein Kurs, offener als ein Hauskreis

Alex Kurz, nach seiner Doktorarbeit 2003 in die Gemeinde gekommen, hat mit «Navigationsgruppen» Dutzende Gemeindeglieder zum Bibellesen animieren können: Sie treffen sich während eines Jahres an 20 Abenden zu einem von ihnen gewählten Thema. Kurz stellt für die ersten zehn Abende biblische Texte und Impulsfragen zusammen; weitere Abende gestaltet er mit Rückmeldungen. Derzeit laufen in Rohrbach fünf Navigationsgruppen mit 42 Teilnehmenden. «Man kann dabei sein wie in einem Hauskreis – aber man kann auch jährlich zusteigen und weggehen. Nach acht Jahren hat fast jeder schon mit jedem zu tun gehabt.» Zudem bietet der Pfarrer zu Grundthemen (Die Bibel lesen, An Jesus glauben) einfache Kurse an. 

Mehr für die Kinder

Reichenbach und Kurz schilderten an der Tagung Stationen und Faktoren der Entwicklung ihrer Gemeinde. Jedes Jahr können Frauen und Männer aus dem Dorf zweimal in einem adhoc-Chor mitsingen. Eine Stelle für Kinder- und Jugendarbeit wird durch freiwillige Spenden finanziert. Der dafür gebildete Förderverein besteht ausschliesslich aus dem amtierenden Kirchgemeinderat. So wird verhindert, dass es in der Gemeinde zwei Machtzentren gibt. Der Kirchgemeinderat trägt die Verantwortung für die Aktivitäten; die Pfarrer respektieren seine Entscheide.

An die Stelle des pensionierten Organisten ist der vielseitige Musiker Christof Fankhauser getreten. Nachdem ein Mädchen gestorben war, komponierte er für solche Abdankungsfeiern «Musik für einen schweren Abschied». Bereits zum sechsten Mal fand in der ersten Sommerferienwoche die Chinderwuche statt. Rund 70 Kinder und 20 LeiterInnen waren mit dabei.

Wesentliches ungeplant

Die Kirchgemeinde denkt ans Dorf: Vor zwei Jahren wurde auf der Pfrundwiese ein Spielplatz eingerichtet. Kreativität darf weitere Kreise ziehen. Dabei äussert Samuel Reichenbach: «Die wesentlichen Weichenstellungen in der Kirchgemeinde waren nie geplant. Sie wurden uns von aussen zugetragen.» Die Pfarrer achten darauf, dass der Sonntagsgottesdienst im Zentrum des Gemeindelebens bleibt.

Stolpersteine – Edelsteine

Vor allem freuen sich Reichenbach und Kurz darüber, dass die Bibel in ihrem Dorf zu reden gibt. Es sei besser um 21.30 Uhr zum Kaffee überzugehen als endlos zu diskutieren, sagt Alex Kurz von den Navigationsgruppen. Gegen die Tendenz, einem Text alle Zähne zu ziehen, zielt er darauf, Stolpersteine (Unverständliches und Kontroverses) zu formulieren und festzuhalten. Seine Erfahrung: «Stolpersteine sind die Edelsteine von morgen.»

Webseite:
Kirchgemeinde Rohrbach

Datum: 25.09.2011
Autor: Peter Schmid

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