Cup of Color
You're not forgotten – Du bist nicht vergessen
Die Schweizer Kunstorganisation Cup of Color stellte Bilder von 170 Künstlerinnen und Künstlern aus 68 Ländern zusammen. Daraus entstand das Magazin «You are not forgotten». Im Haus zur Ameise in St. Gallen zeigten sie ihr Projekt «Story 3x3».
Rahel und Damon Lam haben vor sieben Jahren Cup of Color gegründet, eine Gemeinschaft von Kunstschaffenden. Zusammen mit Gruppen der Bevölkerung malen sie Bilder der Hoffnung. So zum Beispiel am Sihlquai in Zürich, wo eine Hauswand als Erinnerung an die Not in Myanmar gestaltet wurde.Ihr Credo ist, durch das gemeinsame Gestalten von Schönem Traumata zu verarbeiten und Hoffnung aufblühen zu lassen. So haben sie schon mit Frauen, Männern und Kindern aus Kriegsgebieten oder Diktaturen, mit Roma-Gemeinschaften, Opfern von Menschenhandel oder Heimkindern Mauern oder Häuser bunt bemalt. Rahel Lam erzählt, wie ein Mädchen mit leuchtenden Augen auf die Mauer im Schulhof zeigte, die es mitgestaltet hat. Nun prangt dort ein bunter langer Bus voller Kinder. «Da bin ich!», sagte es stolz. Das Mädchen und seine Freunde wissen nun: «Wir sind nicht vergessen.»
Platz für den Schmerz schaffen
Burmesinnen und Burmesen fühlten sich ein Jahr nach dem Putsch in ihrer Heimat von der Weltöffentlichkeit vergessen. Seither sind fast eine Million Menschen auf der Flucht. Viele von ihnen tragen schreckliche Erinnerungen mit sich. Zusammen mit rund 160 Menschen der burmesischen Community in der Schweiz und weltweit hat Cup of Color im Frühling 2022 in Zürich ein 16x19 Meter grosses Wandbild geschaffen. Es zeigt eine trauernde Frau mit dem 3-Finger-Gestus, dem Symbol für Menschenrechte, Demokratie und Freiheit. Dazu brachten Beteiligte Nachrichten und Skizzen an, welche dem Kollektiv über die sozialen Medien zugestellt wurden. «Mit dem Bild schaffen wir Platz für den Schmerz», erklärt Rahel Lam. «Durch das gemeinsame Schaffen und der Möglichkeit, ein starkes Hoffnungszeichen der Solidarität zu gestalten, drücken wir aus: Du bist nicht allein, du wirst nicht vergessen!»
Klagemauer
Ihre Bilder sollen Hoffnung wecken, unabhängig von Kultur und Religion. Doch sie dürfen auch Klagemauer sein. Deshalb werden die grossen Sujets jeweils ergänzt von kleinen Bildern, Symbolen oder Aussagen, durch welche Menschen ihrem Schmerz Ausdruck verleihen.
In Erinnerung an den Krieg in Afghanistan hat Cup of Color das Bild einer afghanischen Mutter gemalt. «Sie trägt den Schmerz um die Söhne mit sich, die nicht mehr da sind», führt Rahel Lam aus. Deshalb durften Menschen der afghanischen Gemeinschaft in der Schweiz deren Gewand als Klagemauer nutzen und dort aufschreiben, was sie oft nicht aussprechen können. Die Gründerin von Cup of Color erklärt: «Viele Menschen leben in schwierigen Situationen und Umgebungen. Wenn sie sich nicht ausdrücken können, fühlen sie sich allein und vergessen.» Dies mache es schwer, etwas zu verändern. Indem Menschen gemeinsam malen, erlebten sie, dass sie eine Stimme haben und so Veränderung beginnt. Glaube, Liebe und Hoffnung bleiben, heisst es in der Bibel. Durch gemeinsames Malen Hoffnung zu wecken, passt dazu.
«Story 3x3»
Im Lockdown setzte Damon Lam eine andere Idee um. «Ich habe eine Szene gezeichnet und sie einem Freund geschickt», erzählt der Künstler. «Er hat eine Fortsetzung dazu gezeichnet und sie mir gemailt.» Er bat weitere Künstlerinnen und Künstler, die jeweils vorhergehenden Bilder aufzunehmen und eine Fortsetzung zu gestalten. «Sie haben die Bilder an uns zurückgesandt und wir leiteten sie wieder weiter.» So entstanden Kurzgeschichten aus neun Szenen, ohne Worte. Jeweils in der Mitte prangt das Thema. Auch dieses wurde jeweils von einem der Kunstschaffenden aus aller Welt gestaltet. Thesen wie «Hoffnung über Angst», «Gott ist Hoffnung» oder «Hoffnung ohne Grenzen» bilden jeweils das Zentrum des Neuner-Zyklus. Lam hat dazu passende Gedichte verfasst.Weltweit vernetzt
Zuerst waren es Bekannte von Damon Lam, später verbreiteten sie die Idee auf den Sozialen Medien. «Etwa 500 Kunstschaffende wurden von uns angefragt, 170 Künstlerinnen und Künstler aus 68 verschiedenen Ländern und Kulturen haben Bilder beigesteuert.» Menschen aus Afghanistan, Finnland, Hongkong, der Schweiz bis Papua Neuguinea haben sich beteiligt. Daraus ist ein Magazin entstanden, mit Bildern unterschiedlichster Art: 20 Geschichten der Hoffnung. Man kann es verschenken und damit noch mehr Hoffnung verbreiten.
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Quelle: Livenet