Arbeit an Schulen
Geschlechterdiversität in der Sexualpädagogik
Hat die Geschlechter-Thematik Auswirkungen auf meine Arbeit als Sexualpädagoge? Und was wäre, wenn eines meiner eigenen Kinder…? Diesen Fragen stellt sich Matthias Bischofberger, Fachperson für sexuelle Gesundheit in Schulen und Kirchen.
Diversität der Geschlechter hat im Alltagsgeschehen von Schulen vereinzelt bereits Konsequenzen. Neue Fragen, zum Beispiel zur Benutzung von Garderoben, müssen angegangen und beantwortet werden. Für diese Prozesse können Fachstellen beigezogen werden.
Sexualpädagogen und -pädagoginnen sprechen sich dafür aus, weiterhin auch in geschlechtergetrennte Gruppen zu arbeiten. Es macht nach wie vor Sinn, positiv über das männliche und das weibliche Geschlecht zu sprechen, sie zu stärken, dabei aber in den Gruppen sprachlich wie auch thematisch Grenzen zwischen den Geschlechtern nicht hart zu ziehen. Das heisst, einer klischierten und fixierten Darstellung von Männer- und Frauenrollen und -körpern entgegenzuhalten.
6. Klasse ist nicht Kindergarten
Indem ich gleich ausführlich über männliche wie weibliche Geschlechtsorgane spreche, kann ich in einer 6. Klasse Gleichberechtigung fördern. Dabei lasse ich nicht unerwähnt, dass es Zwischenformen gibt oder es vorkommen kann, dass ein gefühltes Geschlecht nicht mit dem körperlichen übereinstimmt. Dies sind jeweils – zeitbedingt – nur kurze Hinweise zu durchaus wichtigen Themen, von denen die Schüler bereits einiges mitbekommen haben. Daher ist es gut, sie anzusprechen, unter anderem, damit sie wissen, dass dazu Fragen gestellt werden können.Die Frage, ob denn ein Mädchen ein Bub wird, wenn es die Haare kurz schneidet, wird im Kindergarten öfters mit ja beantwortet. Hier ist es sinnvoll, wenn man die körperlichen Unterschiede aufzeigt, zum Beispiel mit einfachen Strichmännchen, und in erster Linie Wertschätzung für die Kinder als Mädchen oder Buben weitergibt.
Rollenbilder sind prägend. Die Pädagogik wertet sie nicht. So unterschiedlich sie auch sein können, in der Pädagogik sind sie erst dann problematisch, wenn damit Überheblichkeit, Abwertung des anderen oder ein Zwang, so zu sein und nicht anders, einhergeht. So gilt es, grundsätzlich Wertschätzung für sich und seine Nächsten zu schaffen.
Was, wenn das eigene Kind...?
Ich denke an meine eigenen vier Kinder. Was, wenn eines zum Beispiel mit seinem angeborenen Geschlecht hadern würde/wird? Neben allem eventuell auch Schwierigen, das dies mit sich bringen würde, denke ich doch: Es ist ja einfach mein geliebtes Kind und braucht weiterhin, was Kinder und Jugendliche brauchen: freisetzende Liebe, Annahme, Rechte (Wirksamkeit), eine moderate Förderung, gewaltfreie Beziehungen, Ermutigung und Trost, raumschaffende Strukturen, gute Vorbilder, sensible Komplimente, jemand, der ihnen zuhört…
Diversität der Geschlechter kann Angst machen. Diese Angst gilt es in der Liebe zu überwinden in Bezug auf die Beziehung zu Betroffenen. Dabei und bei Fragen, die sich ergeben, Hilfe zu holen, ist eine der zentralen Aufgaben von Eltern und Verantwortlichen. Vor allem dann, wenn wir uns allein, überfordert, unverstanden fühlen. Den Mut dazu wünsche ich uns allen.
Dieser Artikel erschien zuerst im SEA Fokus «Geschlecht – Tanz statt Kampf». Das Magazin kann hier bestellt und gelesen werden.
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Autor: Matthias Bischofberger
Quelle: SEA Fokus
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