Adly Youssef

Mit 85 hat man noch Pläne

Die Wahl zum Präsidenten blieb dem Zürcher Adly Youssef versagt. Hosni Mubarak triumphierte. Aber der 85jährige ägyptische Christ Youssef kämpft weiter für „seine“ unterdrückte Minderheit.

Von der Strasse aus sieht man den Zürichsee. Hier an der Höschgasse im Nordosten Zürichs befindet sich Adly Youssefs Büro. Und das wird vorderhand so bleiben. Denn zum Präsidenten Ägyptens wurde nicht er, sondern Hosni Mubarak gewählt. Mit über 80 Prozent der Stimmen stach dieser die anderen Kandidaten aus.

Sein arabisches Temperament ist Youssef, der seit 47 Jahren in der Schweiz wohnt, aber auch im Alter von 85 Jahren nicht abhanden gekommen. «Ich hörte, dass es freie Wahlen geben soll», schildert der Geschäftsmann. Darum kandidierte der Zürcher für den Präsidentenposten in Kairo.

Dekoration und Mini-Triumph

«Aber dann machte das Parlament immer mehr Auflagen und Bedingungen für die Kandidaten. Das Ganze wurde so zugeschnitten, dass am Ende nur eine Person gewinnen konnte: Hosni Mubarak.» Youssef zog seine Kandidatur zurück. Er habe nicht in ein Rennen steigen wollen, das zum vornherein entschieden war. Die anderen Kandidaten seien Demokratie-Dekoration gewesen, «finanziert mit dem Geld der Steuerzahler», ärgert er sich.

Von den Intellektuellen habe er Zuspruch erhalten, sagt Youssef in seinem geräumigen Sitzungszimmer. An der Wand hängt ein koptisches Kreuz und in seinem Büro ein gerahmtes Schwarz-weiss-Bild seines Vaters und eines seiner Familie. Parteien und Medien hätten Gedanken aus seinem Programm aufgegriffen; «die Medien, die nicht vom Staat kontrolliert sind», präzisiert er.

Sein Programm hätte wesentliche Änderungen gebracht. «Der Grundgedanke ist, aus dem islamischen Religionsstaat Ägypten einen liberalen Staat zu machen.» Das würde jedoch Dekaden dauern, meint er.

In der Schweiz

Vor bald 40 Jahren zog Youssef mit Frau und Kindern in die Schweiz. «Gamal Abdel Nasser kam damals in Ägypten an die Macht. Und der hatte mit anderen arabischen Führern beschlossen, die Christen aus dem Nahen Osten zu vertreiben.»


„Seine“ Leute sind in seinem Land eine verfolgte Minderheit geworden. Für den Westen hingegen ist Ägypten ein romantisches Reich mit Pyramiden, Palmen und Stränden. Ärgert ihn das? «Die Leute haben absolut recht», kontert er. «Als Tourist findet man ein romantisches Land vor. Wenn man aber als Fremder hier leben will, ändert man seine Meinung rasch.» In der Schweiz habe er das allerdings auch erlebt. «Zuerst hatte ich keine Bewilligung, um hier zu bleiben. Wir lebten als Touristen in einem Hotel. Wie Könige wurden wir behandelt. Als wir dann bleiben durften, waren wir plötzlich die Fremdlinge.»

Washington D.C. statt Kairo

Adly Youssef gleicht David Ben Gurion, optisch wie in der Sache. Mit dem Unterschied, dass Youssef keinen Staat gründen, sondern nur Gleichberechtigung für die Kopten erreichen will. Den Grundstein dazu legte er vor Jahresfrist im Marriott-Hotel in Zürich. Damals einte er das Weltkoptentum. 1,5 Millionen Kopten leben im Exil, rund zwölf Millionen in Ägypten. Youssef rief, und Vertreter aus Afrika, Australien, Europa und den USA kamen. Kairo drängte Youssef noch Stunden vor diesem ersten internationalen Diaspora-Kopten-Symposium dazu, diese Veranstaltung nicht durchzuführen. Youssef aber blieb hart. Er forderte für die Christen im islamischen Staat Ägypten die gleichen Rechte. «Wenn die Weltöffentlichkeit nicht reagiert, wird den Christen in Ägypten das Gleiche angetan wie den Menschen in Darfur», warnte er damals. Ähnlich wichtig wie Theodor Herzls Konferenz in Basel für die Juden, sei dieses Zürcher Treffen für die Kopten, meinte Youssef damals.

Kairo hat auf die Forderung nach Gleichberechtigung nicht reagiert. «Jetzt gibt es ein zweites Symposium, in Washington.» Statt von innen, versucht der Zürcher Adly Youssef „sein“ Ägypten nun weiterhin von aussen zu verändern.

Im Gespräch mit Adly Youssef: Endlich frei über die Unterdrückung reden

Datum: 25.10.2005
Autor: Daniel Gerber
Quelle: Livenet.ch

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