Dr. Rolf Lindenmann
«Unsicherheit gehört zu unserem Leben»
In Europa werden die Sicherheitsmassnahmen nach den Terroranschlägen in Paris erhöht. Unsere Welt ist für viele Menschen unsicherer geworden. Die neue Ausgabe der Verteilzeitung Jesus.ch-Print befasst sich mit dem Thema «Sicherheit». Berater Rolf Lindenmann sagt, Unsicherheit gehöre zum Leben, aber «es gibt auch eine innere Sicherheit, ein Geborgensein bei Gott».
Jesus.ch-Print: Woher kommt unser Bedürfnis nach Sicherheit?
Rolf Lindenmann: Ich glaube, es liegt in unserer Natur. Der Mensch ist ein bedürftiges Wesen. Wir sindso geschaffen, zwar als ganze Person, aber bedürftig nach Ergänzung und Schutz. In unserem Leben sind wir ständig Veränderungsprozessen unterworfen: Wir heiraten, setzen Kinder in die Welt, werden älter, sind verletzlich – sowohl körperlich als auch seelisch. Und wir werden immer wieder mit Unbekanntem konfrontiert. Das schafft Unsicherheit und das Bedürfnis nach Sicherheit.
Worin finden wir Sicherheit für unser Leben?
Wir können uns Wissen und Fähigkeiten aneignen, die uns mehr Sicherheit schenken – im Umgang mit Kindern, mit Beziehungen, mit Konflikten, mit korrektem Auftreten in der Gesellschaft. Stets wird jedoch ein Rest an Unsicherheit bleiben. Was das Milliardengeschäft im Versicherungswesen betrifft, steht fest: Keine Lebensversicherung kann uns das Leben versichern. Die letzte Sicherheit gibt es menschlich gesehen nicht. Jeder Mensch empfindet Sicherheit anders. Wir können unsere Unsicherheit auch verdrängen oder überspielen. Ein Basejumper kann beispielsweise die wildesten Sprünge wagen, sich unter Menschen aber völlig hilflos fühlen.
Inwiefern schenkt uns ein Leben mit Gott Sicherheit?
Wir müssen uns lösen von der Vorstellung, dass Sicherheit bedeutet, es könne uns nichts passieren, wir wären gefeit vor Krankheit, Verlust von lieben Menschen oder unserem Arbeitsplatz. Diese Sicherheit gibt Gott uns auf dieser Welt nicht. Er hilft uns aber, vertrauensvoll und gelassen mit schwierigen Situationen, mit Angst und Unsicherheit umgehen zu können. Er schenkt uns eine innere Sicherheit, ein Geborgensein bei ihm, ein Wissen: Ich kann fallen, aber tief unten bin ich gehalten. Ich kann sterben, aber ich bin getragen. Diese innere Sicherheit bestärkt uns, mutig und zuversichtlich aus unserer Komfortzone herauszutreten. Sie befreit uns zum Leben.
Was können wir tun, wenn wir dennoch Angst und Unsicherheit spüren?
Sich Angst und Unsicherheit einzugestehen – auch vor anderen Menschen – ist schon ein grosser Schritt. Dann dürfen wir damit ohne Scheu zu Gott kommen, bei ihm klagen und ihn um Hilfe bitten. In der Bibel, im Johannes- Evangelium, Kapitel 16, Vers 33 sagt Jesus selbst: «In der Welt habt ihr Angst, aber lasst euch nicht entmutigen: Ich habe die Welt besiegt. » Damit meint er nicht, wir brauchen keine Angst zu haben. Nein, er hat die Welt überwunden. Das heisst, Gott übernimmt die Herrschaft über die Angst. Unsicherheit gehört zu unserem Leben. Wenn wir unseren Blick nach oben richten, ändert sich die Perspektive. Wir werden fähig, mit den Unsicherheiten dieser Welt zu leben und umzugehen.
Rolf Lindenmann (76), Dr. phil., Biologe, ist als Coach und Berater tätig. Er lebt in Grüt im Zürcher Oberland.
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Autor: Manuela Herzog
Quelle: Jesus.ch-Print