Bundesrat Guy Parmelin
«Ich bin nicht allein, Gott ist da!»
Wird die Schweiz nach der Krise wirklich eine andere sein? Im Interview gibt Bundesrat Guy Parmelin seine Einschätzung und erklärte, was ihm persönlich in Zeiten der Krise hilft.Die Schweiz
werde nach dieser Krise eine andere Schweiz sein, sagen uns viele
Meinungsführer. Wo wünschten Sie sich eine «andere Schweiz», Herr Bundesrat?
Bundesrat Guy Parmelin: Die Schweiz wird nicht
die gleiche bleiben, sowieso. Denken wir nur an das Home-Office. 90 Prozent der
Unternehmen haben mit dem Home-Office gute Erfahrungen gemacht. Das ist
wichtig. Doch wie wird das in einigen Monaten sein? Ich wünsche mir in der Wirtschaft
eine neue Flexibilität und eine neue Dynamik. Ja, es sind schwierige Momente,
aber mit Klagen kommen wir nicht weiter. Solange wir keine Impfung und kein
wirksames Medikament gegen das Virus haben, werden uns Ängste und
Unsicherheiten begleiten. Das hat auch Konsequenzen für die Beziehungen unter
den Menschen. Viele kulturelle und sportliche Veranstaltungen fallen weg. Da
trafen sich Ärzte und Bauern, Alte und Junge, Menschen aus ganz
unterschiedlichen Milieus. Wir müssen wieder lernen, neue Beziehungen
aufzubauen.
Werden wir
eine sozialere Schweiz sein?
Ich hoffe es! Die
Schweizerinnen und Schweizer haben in den letzten Monaten vielfach bewiesen,
dass sie diszipliniert und auch solidarisch leben können.
Kirchenvertreter
störten sich daran, dass Gottesdienste so lange untersagt waren. Es brauche
offene Kirchen, um Hoffnung zu verbreiten. Verstanden Sie die Kritik?
Nein, nicht ganz. Für den
Bundesrat waren manche Entscheide ein Balanceakt. Wir haben immer nach der
Wirksamkeit der Massnahmen gefragt. Es gab doch früh den Fall im Elsass, wo
während eines Gottesdienstes sehr viele Leute angesteckt wurden, weil sie unter
anderem gesungen haben. Ich selber singe auch gerne. Doch man hat nun einmal
festgestellt, dass sich das Virus beim Singen besonders schnell ausbreitet.
Gleich war es bei den Diskotheken, wo sich viele junge Leute auf engem Raum
treffen. Wir haben im Bundesrat wahrscheinlich nicht alles gut gemacht, doch
wir haben immer versucht, die am wenigsten schlechten Massnahmen zu treffen, um
Menschen zu schützen.
Der bayrische
Ministerpräsident Markus Söder forderte die Bevölkerung angesichts der Krise
nachdrücklich zum Beten auf. Warum war das für den Bundesrat kein Thema?
Ich denke, es ist nicht
die Rolle des Bundesrates und der Behörden, solche Aufrufe zu machen. Beten ist
eine ganz persönliche Sache. Persönlich glaube ich an Gott, aber ich will
daraus keine Regierungsmassnahme ableiten. Die Menschen sollen beten, aber sie
sollen das zu Hause im Schlafzimmer oder in einem anderen Raum tun, so, wie es
für sie am besten ist.
Hätten die
Kirchen die Menschen mehr zum Beten auffordern sollen?
Ja, das ist die Aufgabe
der Kirchen. Sie sollen die Menschen auf Gott hinweisen und ihre Hilfe
anbieten, aber zurzeit auch immer mit den nötigen Vorsichtsmassnahmen.
Wann haben Sie
als protestantischer Christ wieder einen Gottesdienst besucht?
Seit Beginn der Krise
hatte ich noch keine Zeit und keine Gelegenheit dazu.
Wie hilft
Ihnen das Evangelium in einer solchen Krisenzeit?
Ich wurde protestantisch
konfirmiert. Ich erinnere mich an diesen Vers aus der Bibel: «Du aber geh in
deine Kammer, wenn du betest, und schliess die Tür zu und bete zu deinem Vater
im Verborgenen; und dein Vater, der ins Verborgene sieht, wird es dir vergelten
öffentlich.» (Matthäus, Kapitel 6, Vers 6). Ich bin in meiner Kammer nicht
allein. Daran halte ich mich: Ich bin nicht allein, Gott ist da.
Dies ist ein kurzer Auszug aus einem Interview, das im Wochenmagazin ideaSpektrum 29-20 erschienen ist. Darin erklärt Bundesrat Guy Parmelin, wo er seine Ferien verbringt, was ihm als Wirtschaftsminister am meisten Sorgen bereitet, an welchem Ort er regelmässig singt, was er zur Erneuerung der Kirche rät und warum er noch immer an Gott glaubt und die aktuelle Landeshymne passend findet.
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Autor: Andrea Vonlanthen
Quelle: idea Schweiz