Zum Rücktritt von Locher

Lukas Kundert: «Die Öffentlichkeit neigt zu Vorverurteilungen»

Noch bleiben die genauen Umstände rund um den Rücktritt von Gottfried Locher im Dunkeln. Sein Rücktritt ist für uns ein Anlass, auf die Tragik dieser Umstände, aber auch auf die Verdienste dieses aussergewöhnlichen Präsidenten hinzuweisen.

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Lukas Kundert kritisiert die öffentliche Vorverurteiltung von Gottfried Locher.
Das Thema Grenzverletzungen steht im Raum. Ob diesbezüglich gegenüber Gottfried Locher Vorwürfe im Raum stehen oder ob es im Rat dazu zu einem Konflikt kam, bleibt vorläufig offen. Doch der Druck wurde für den EKS-Präsidenten offensichtlich zu gross. Druck gegen ihn wurde schon bei der letzten Wiederwahl 2018 spektakulär aufgebaut und machte seine Arbeit danach sicher nicht einfacher.

Viel Druck aufgebaut

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Einer von Lochers Kritikern: Michel Müller, Zürcher Kirchenratspräsident.
Der Druck kam insbesondere vom Zürcher Kirchenratspräsidenten, unterstützt von den Kollegen aus dem Aargau und Bern. Dahinter steckt implizit auch die Machtfrage, wer also in der reformierten Kirche der Schweiz das Sagen hat. Das wurde insbesondere deutlich, als es um das Bekenntnis zur «Ehe für alle» ging, wo nach dem aufgebauten Druck – insbesondere von Michel Müller – Gottfried Locher nach anfänglichem Zögern schliesslich einknickte und sich in einem Tagesanzeiger-Interview hinter die Forderung stellte, dass gleichgeschlechtliche Paare in der reformierten Kirche getraut werden sollen, wenn dann schliesslich das Parlament die Ehe für alle durchwinken würde. Die SEK-AV, in der auch die erwähnten kantonalen Ratspräsidenten sitzen, hatte zuvor den nötigen Druck gemacht.

Einer stellt sich hinter Locher

Aus der Reihe tanzte lediglich der Basler Kirchenratspräsident Lukas Kundert, der den Rücktritt von Gottfried Locher gegenüber ref.ch bedauert. Dieser habe «Meilensteine» gesetzt, wie die Einigung der Kirchen der Schweiz auf nationaler Ebene, aber vor allem auch «eine neue Basis zum ökumenischen Gespräch mit der Römisch-katholischen Kirche auf nationaler und europäischer Ebene». Zu den Vorwürfen gegenüber Gottfried Locher meint Kundert: «Die Öffentlichkeit neigt zu Vorverurteilungen.» Locher sei zurückgetreten, um «möglichem Schaden für die EKS vorzubeugen».

Anwalt für innerevangelische Ökumene

Zu bedauern ist der Rücktritt Lochers aber auch aus freikirchlicher Sicht. Kein SEK-Ratspräsident vor ihm hat die «innerevangelische Ökumene» so ernst genommen wie Locher. Keiner hat den Kontakt zu den Freikirchen so stark gepflegt wie er. Er hatte das Anliegen schon geäussert, bevor er ins Präsidium gewählt wurde. Mit «Godi Locher» hatten die Freikirchen einen Gesprächspartner, der sie ernst nahm. Er bekundete dies zum Beispiel mit einem Vorwort in der Jubiläumsschrift zum 100-jährigen Bestehen des Freikirchenverbandes. Oder in Texten auf diesem Portal, zum Beispiel zu Ostern 2020. Oder in den Ostergesprächen auf Radio Life Channel.

Motor für die Erneuerung

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Gottfried Locher (Bild: Jesus.ch-Print)
Er hat der reformierten Kirche nicht nur eine neue Struktur gegeben, sondern auch einen klaren Ansprechpartner, eine Person, die transparent, kompetent und offen gegenüber den Medien kommuniziert hat. Zudem war es ihm ein Anliegen, der Kirche Impulse für eine geistlich geprägte Entwicklung zu geben, wofür er auch mit Gleichgesinnten nach England reiste, um dort die Aufbruchsbewegung innerhalb der anglikanischen Kirche zu beobachten.

Die Tragik hinter den Rücktritten

Anstoss erregte er aber mit seinem mehrfach dokumentierten Geschlechterverständnis, das nicht in die heutige Me-Too-Debatte passt. Wie die reformierte Kirche mit dieser Thematik umgehen soll, darin lag möglicherweise ein Grund für den Rücktritt von Ratsmitglied Sabine Brändlin, die für dieses Thema sensibilisiert ist. Tragisch: Denn Sabine Brändlin hat bezüglich Erneuerung der Kirche gut mit Locher zusammengearbeitet und zum Beispiel gemeinsam mit ihm die Reformations-Jubiläumsliturgien erarbeitet. Bei der Frage der Trauung von gleichgeschlechtlichen Paaren in den reformierten Kirchen vertrat sie eine vermittelnde Position.

Weitere Infos zu Gottfried Lochers Rücktritt finden Sie hier.

Zum Thema:
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Datum: 02.06.2020
Autor: Fritz Imhof
Quelle: Livenet

Kommentare

Von einem Kirchenratspräsidenten erwarte ich eine gute Beziehung zu den Katholiken und den Freikirchen. Dies als besonderen Verdienst Lochers darzustellen ist eigentlich obsolet. Was Locher sonst erreicht oder geatn hat, ist mir weniger bekannt, aber seine Haltung gegenüber unmoralischem Verhalten war inakzeptabel. Und dies ist vielleicht der Grund seines Weggangs, - dürfte man annhemen, und das finde ich gut so.
Erneuerung? Hilfreich für die Freikirchen? Ist dieses Urteil nicht etwas gar rosig? Was für eine Erneuerung soll das sein? Ehe für alle?! Erinnern wir uns nicht mehr an die erstaunliche Wandlung von Herrn Locher? Ich glaube Gott hat mit der Entmachtung von Locher nur das zugelassen, was Locher selbst (mit-)initiiert hatte: das Fortschreiten der Autoimmunerkrankung der reformierten Kirche namens Liberalismus und Ökumene ad absurdum. Auf deutsch: die einen Schwätzer werden durch die anderen Schwätzer neutralisiert. Wir können nur beten, dass jetzt einige beginnen zu denken und wieder biblisch zu handeln und, dass der moralische und geistliche Zerfall der ref. Kirche ein Ende hat

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