Mirjam Junginger

Lebensmittel-Retter

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Mirjam und Tom Junginger (Bild: zVg)
Mirjam und Thomas Junginger aus Leonberg bei Stuttgart engagieren sich seit sieben Jahren als Lebensmittel-Retter. Durch das NachhaltigkeitsNetzwerk verschenken sie jede Woche etwa 350 bis 500 Kilo Lebensmittel, die sonst entsorgt würden.

In Zürich stehen Menschen bis zu zwei Stunden in der Warteschlange, um gratis eine Tasche voller Lebensmittel zu erhalten. Schon länger werden von Organisationen wie «Tischlein deck dich» Sozialhilfebezüger versorgt. Corona und die Flüchtenden aus der Ukraine haben die Anzahl der Menschen erhöht, die auf Lebensmittelspenden angewiesen sind.

Mirjam und Thomas Junginger engagieren sich schon seit sieben Jahren als Lebensmittel-Retter. Heute koordiniert Mirjam das Angebot des NachhaltigkeitsNetzwerks und der Putzhilfen. Hier werden jede Woche etwa 350-500 Kilo Lebensmittel verschenkt, 20 Tonnen pro Jahr, die sonst entsorgt würden.

Ladeninhaber froh über Abnahme

In der Talkrunde des ERF Jess erklärt sie, wie es dazu kam, dass inzwischen rund 40 Freiwillige noch Essbares aus Containern retten. Ihr ehrenamtliches Engagement verstehen die Eltern von vier Kindern als Wertschätzung von Gottes Schöpfung.

«Mein Mann fragte vor einigen Jahren bei verschiedenen Ladenbesitzern nach, ob wir die Sachen abends abholen dürfen, die sonst weggeworfen werden», erklärt Mirjam Junginger. «Er hat da keine Scheu», lächelt sie. Mit den welken Salaten fütterten sie ihre Kaninchen. Doch es dauerte nicht lang, da erklärten sie den Spendern: «Wir bekommen so viel Salat für unseren Kaninchen. Wenn wir ihnen die äusseren Blätter verfüttern, reicht das für sie. Das Innere essen wir – ist das in Ordnung für euch?» Das war es für die Inhaber – sie waren froh, dass sie weniger entsorgen mussten.

Immer öfter fragten dann die Verkäuferinnen: «Fressen eure Kaninchen auch Blaubeeren? Oder Spargel?». Und so begannen Mirjam und ihr Mann, abends aus verschiedenen Läden Lebensmittel zu retten, die sie zuhause konsumierten oder haltbar machten. «Ich bin eine gute schwäbische Hausfrau, ich kann einkochen», betont Mirjam, die auch als Heilpraktikerin arbeitet. «Aber es wurde einfach zu viel, das konnten wir auch als sechsköpfige Familie nicht mehr verwerten.»

Auf mehr Schultern verteilen

Heute sind es etwa 40 Personen, die mithelfen, aus den Containern der Läden Essbares zu retten. «Das ist nicht so romantisch – sie müssen wirklich heraussuchen, was noch brauchbar ist», stellt Mirjam klar. «Gewisse Lebensmittel dürfen wir nicht weitergeben, zum Beispiel Fleisch. Aber beim Übrigen gehen wir mit gesundem Menschenverstand vor.»

Zudem bieten sie mit dem NachhaltigkeitsNetzwerk die Möglichkeit, andere Menschen zu treffen. Der Mensch sei nicht dazu gemacht, allein zu bleiben, finden sie. Gemeinschaft zu pflegen und den Glauben zu teilen, gehört für Jungingers zum Alltag. So ist ihr Hof auch ein Begegnungsort, wo gemeinsam gefeiert wird. Mittels ihrer Homepage erklären sie immer wieder mal Abschnitte aus der Bibel, zum Beispiel, um den Ursprung eines christlichen Festes wie Ostern oder Weihnachten zu erklären.

Etwas beitragen

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NachhaltigkeitsNetzwerk
Seit ihrem Umzug in ein altes Bauernhaus nutzen Thomas und Mirjam, beide Mitte 40, die ehemalige Milchkammer mit eigenem Zugang, um die Lebensmittel zu lagern. Dort befinden sich nun Chromstahlregale und zwei grosse Kühlschränke. «Im Sommer ist es da rappelvoll, doch innert einer halben Stunde ist alles weg», erzählt Mirjam. «Das NachhaltigkeitsNetzwerk ist kein Verein, daher muss jeder Kunde selbst die Verantwortung dafür übernehmen, was er mitnimmt und isst.»

Es dürfen sich alle bedienen, nicht nur finanzschwache Personen. «Ziel ist ja, dass die Lebensmittel verwendet und nicht weggeworfen werden», erklärt sie. Viele, die etwas abholen, helfen auch mit, aufzuräumen und zu putzen. Andere tragen durch Spenden dazu bei, dass haltbare Lebensmittel im Wert von 50 bis 70 Euro als «Karton Liebe» weitergegeben werden können. Diese gibt Mirjam Junginger gezielt ab, zum Beispiel an Familien, die der örtliche Pfarrer oder ein Amt zu ihr schickt.

Anders als geplant

2017 wollten Jungingers mit Freunden zusammen in Kanada eine missionarische Tätigkeit aufbauen. Doch ihre Gemeinde fand, dass sie das mit ihrem Einsatz ja bereits tun und erklärte: «Das ist euer Auftrag!» Mirjam brauchte eine ganze Weile, um dies zu akzeptieren. «Es war schon schwer für mich», gesteht sie. «Aber die Leute sind uns ans Herz gewachsen.» Inzwischen sind es vier Tage pro Woche, während denen zu gewissen Zeiten das Essen auf dem Hof abgeholt werden kann.

«Wir mussten unsere Privatsphäre schützen», erklärt die engagierte Lebensmittel-Retterin, die wie alle anderen Helfenden ehrenamtlich für das NachhaltigkeitsNetzwerk arbeitet. «Mein Mann hat eine 80-Prozent-Anstellung als Kinderkrankenpfleger im OP. Wir leben von seinem Gehalt und dem Kindergeld», erklärt sie. «Meine Kunden sind meine Freunde geworden – ich kenne jetzt viele von ihnen und weiss, ich mach das wegen ihnen.»

Zur Website:
Talksendung ERF mit Mirjam Junginger
Website Mirjam Junginger

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Datum: 06.06.2022
Autor: Mirjam Fisch-Köhler
Quelle: Livenet / ERF Talkwerk Jess

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