Menschenhandel
Sie wollte nicht länger zusehen
Die Bernerin Alexandra Blaser (35) engagiert sich mit dem Verein «Parparim» in der Region Burgdorf für Menschen in der Prostitution. Sie treffe viel zu oft Frauen und Männer an, die unter ihrem Schicksal leiden und sich wertlos fühlen.Wie entstand der Name des Vereins und was bedeutet er?
Alexandra Blaser: Parparim ist hebräisch und bedeutet «Schmetterlinge». Wir wünschen
den Frauen und Männern in der Prostitution ein Leben in Freiheit.
Symbolisch dafür steht der Schmetterling. Viel zu oft erleben wir sie
als «zertretene Raupen» – gepeinigt und verachtet. Wir glauben, dass
eine Veränderung möglich ist.
Wie und wo kommen Sie mit Menschen in Prostitution in Kontakt?
Unsere Begegnungen finden in Bordellen, Clubs, Kontaktbars,
Privatwohnungen und auf dem Strassenstrich statt. Wir besuchen diese
Orte regelmässig und pflegen Gemeinschaft mit den Frauen. Stets bringen
wir kleine Geschenke mit, die besonders beim Überwinden von
Sprachbarrieren helfen. So können wir auf eine einfache Art Respekt und
Wertschätzung ausdrücken, denn die Sprache der Geschenke ist an keine
Kultur gebunden.
Wie reagieren die Betroffenen? Erinnern Sie sich an eine besondere Begegnung?
Die Reaktionen sind sehr unterschiedlich. Meist sind die Frauen sehr
dankbar und freuen sich über unseren Besuch. Manche begegnen uns zuerst
zurückhaltend und misstrauisch. Ganz selten wird eine Frau wütend und
lehnt das Präsent ab. All dies ist sehr verständlich, denn das Vertrauen
dieser Frauen wurde stark missbraucht und weitgehend zerstört. Da sind
Geduld und viel Zeit gefragt.
Einmal haben wir eine Frau in ihrer Muttersprache angesprochen. Nach diesem einen Wort brach sie in Tränen aus und fasste durch diese Schlüsselbegegnung Mut, ein neues Leben ausserhalb der Prostitution zu beginnen. Verblüfft und berührt hat mich auch, als eine Frau ihr winziges Handtäschchen öffnete und sorgfältig das Verpackungsmaterial eines vor Monaten abgegebenen Geschenks hervorholte und mir erklärte, wie wertvoll dies alles für sie sei.
Wie sind Sie zu diesem Engagement gekommen und was motiviert Sie persönlich dazu?
Lange dachte ich, Prostitution sei ein selbstgewählter Job wie jeder
andere. Mitte Zwanzig hörte ich an einer Frauenkonferenz erstmals eine
ehemalige Prostituierte über das Thema «Menschenhandel in der
Prostitution» reden. Es zerriss mir das Herz. Durch Gespräche mit
Betroffenen wurde mir klar, dass dies niemand freiwillig macht. Ich
wollte nicht länger zusehen. Ich wünsche mir, dass Licht ins Dunkel
kommt und wir realisieren, welche scheusslichen «Geschäfte» vor unseren
Augen betrieben werden. Die Sklaverei wurde abgeschafft. Dennoch gibt es
sogar in der Schweiz Menschen, die schlechter behandelt werden als
Tiere. Das beschämt mich zutiefst.
Wie können Interessierte den Verein unterstützen?
Wir suchen immer wieder Arbeitgeber, die Aussteigerinnen und
Aussteigern einen Job anbieten. Auch freuen wir uns über kreative, schön
verpackte Geschenke, die wir weitergeben können. Wir sind froh um jedes
Gebet, jede finanzielle und praktische Unterstützung – sei dies im Büro
oder unterwegs mit unserem Team. Interessierte dürfen sich gerne
melden.
Zur Webseite:
Parparim
Autor: Manuela Herzog
Quelle: Hope Emmental