HP Nüesch zu Billy Graham

«Sein Einfluss ist kaum zu überschätzen»

Am 21. Februar verstarb mit Billy Graham der bekannteste Evangelist der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts. Hanspeter Nüesch, der ehemalige Leiter von Campus für Christus Schweiz, kannte Graham persönlich und hat sich Gedanken zum Leben von Billy Graham gemacht. Livenet publiziert hier seinen Nachruf.

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Billy Graham (links) und Hanspeter Nüesch
Ich hatte die Gelegenheit, im Rahmen der Abfassung meines Buches über das Ehepaar Graham ihn mehrmals zuhause zu besuchen. Auf meine Frage, was Jesus für ihn bedeute, meinte er «everything» (alles). Alles Gute in seinem Leben und Dienst verdanke er Gottes Gnade. Zugleich betonte er, dass er ohne die tatkräftige Unterstützung durch seine Frau Ruth seinen Dienst nie hätte tun können.

Auf die Frage, was er jüngeren Christen als Rat auf den Weg geben würde, erwähnte er drei Dinge: «Betet oft! Studiert das Wortes und lernt Schlüsselverse auswendig! Vertraut Gott in jeder Situation!»

Er definierte eine neue Dimension der Evangelisation

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Ruth und Billy Graham
Billy Graham wurde am 7.11.1918 in Charlotte, USA, als Sohn eines Milchfarmers geboren. Er erlebte als Teenager in seiner Heimatstadt Charlotte ein persönliches Bekehrungserlebnis. Er besuchte daraufhin das Florida Bible College in Tampa. Anschliessend studierte er Anthropologie am Wheaton College in Chicago. Hier lernte er seine Ehefrau Ruth Bell, geb 1920, kennen, die in China als Tochter eines Missionsarztes aufgewachsen war. 1943 heirateten sie. Ihrer Ehe entsprangen fünf Kinder: Virginia «Gigi», geb. 1945; Anne geb. 1948, Ruth «Bunny», geb. 1950; Franklin, geb. 1952, und Nelson Edman «Ned», geb. 1958. Ruth Graham ist 2007 verstorben.

Billy Graham leitete zuerst für einige Jahre eine Baptistengemeinde, bevor er zum ersten hauptamtlicher Prediger von Jugend für Christus berufen wurde. Während eines Feldzuges in Grossbritannien erlebte er eine Erneuerungserfahrung mit dem Heiligen Geist. An einer von Henrietta Mears geleiteten Freizeit 1949 in Forest Home bei Los Angeles entschied er sich bewusst, die Bibel als autoritatives Wort Gottes im Glauben anzunehmen. Kurz danach erlebte er in Los Angeles, wie die Evangelisation wegen dem grossen Interesse um mehrere Wochen verlängert werden musste. Mehrere bekannte Persönlichkeiten fanden durch seine Verkündigung zum Glauben. Die Presse verbreitete die Nachrichten weit über die USA hinaus und machte ihn auf einen Schlag weltberühmt.

Kurze Zeit später gründete er mit seinem Team die Billy Graham Evangelistic Association (BGEA), die in Zukunft für seine Evangelisationen wie auch die stark wachsende Medienarbeit verantwortlich zeichnete.

Er prägte Generationen

In der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts hatte keine andere protestantische Person so viele Menschen mit der christlichen Botschaft erreicht wie er. Durch die von ihm initiierten Evangelisationskongresse Berlin 1966, Lausanne 1974, Manila 1989 hat er dem evangelisch-missionarischen Christsein eine Identität verliehen und einen theologischen Kontrapunkt gesetzt zu dem zunehmend liberalen und einseitig sozialpolitisch ausgerichteten Kurs des Weltkirchenrates.

Er diente in unterschiedlichem Masse als geistlicher Vertrauter und persönlicher Berater von 12 amerikanischen Präsidenten. Billy Graham hat vor allem im englischsprachigen Raum eine ganze Generation von Pastoren und Evangelisten geprägt. Während vielen Jahren führte jeder zweite britische und australische hauptamtliche Verkündiger oder Missionar seine Berufung zum Dienst auf die Auswirkungen einer Evangelisation von Billy Graham zurück.

Er verkörperte ein integres Leben als Christ

In einem später als Manifest von Modesto bezeichneten Beschluss, verpflichteten sich die leitenden Mitarbeiter der BGEA, ein besonderes Augenmerk auf vier heikle Bereiche zu legen:

  • Wertschätzung der Mitchristen statt Verurteilung
  • Rechenschaft – speziell im Bereich der Finanzen
  • Wahrhaftigkeit – insbesondere bei den «Erfolgszahlen»
  • Moralische Reinheit – insbesondere in Bezug auf das andere Geschlecht

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Billy Graham
Billy Graham ist über die Jahre zum Inbegriff eines integren Christen und Evangelisten geworden. Keine andere Person erschien so oft auf Gallup's Liste der meistbewunderten Männer und Frauen wie er. Trotzdem blieb er sehr bescheiden. Er vertraute allein auf die Kraft der Bibel und den Heiligen Geist, der das Wort Gottes braucht, um Menschen zur Umkehr und einem neuen Leben zu führen. Dabei war es sein dauerndes Bestreben, das christologische Zentrum des Glaubens nie aus den Augen zu verlieren. Noch mit 96 Jahren war es ihm trotz einer Parkinson ähnlichen Erkrankung ein Anliegen, das Evangelium des Kreuzestodes und der Auferstehung Jesu Christi über das Internet zu verbreiten.

Billy Graham war auch der erste westliche Verkündiger, der die Gelegenheit wahrnahm, in Ländern des Sowjetblocks zu predigen, was ihm auch viel Kritik einbrachte.

Er predigte stets die Notwendigkeit der Umkehr

Manche griffen ihn an, dass er eine einseitige Betonung auf die Individualethik, die privaten Sünden, auf Kosten der Sozialethik, der gesellschaftlichen Sünden legen würde. In Bezug auf den Inhalt seiner Verkündigung war er biblisch-konservativ. Dabei war es ihm ein Bestreben, nicht einzelne Sünden hervorzuheben, sondern die Sünde als grundsätzliche Haltung der Indifferenz oder Rebellion gegen den Schöpfer. Graham betonte, dass Transformation immer von innen nach aussen geschieht, wenn sie echt sein soll. Zuerst brauche es eine geistliche Neuschöpfung durch den Heiligen Geist. Diese müsste dann beglaubigt werden durch ein verändertes Verhalten im Alltag und durch Engagement für die notleidenden Mitmenschen.

Früh entschied er, in jeder seiner evangelistischen Ansprachen auf den stellvertretenden Sühnetod Jesu Christi und die Notwendigkeit der persönlichen Umkehr hinzuweisen. Über keinen Bibeltext predigte er häufiger als über Johannes, Kapitel 3, Vers 16. Sein dauerndes Anliegen war, den Inhalt der Predigt so einfach und verständlich wie möglich zu halten «in einer Sprache, die Hans und Gretel verstehen können», wie Pfarrer Wilhelm Busch in seinem Vorwort zu Grahams Bestsellerbuch «Friede mit Gott» treffend beschrieb.

Er bewegte die Massen

Gleichzeitig war Graham der erste Erweckungsprediger, der die modernen Massenmedien für die Zwecke der Evangelisierung nutzte. Mit seinen Radiosendungen «Stimme der Entscheidung» und seinen Fernsehsendungen erreichte er Millionen von Haushalten. Dazu kamen seine evangelistischen Feldzüge in aller Welt. Gemäss der heute von seinem Sohn Franklin geleiteten in Charlotte beheimateten Billy Graham Evangelistic Association haben über 3,2 Millionen Menschen auf allen Erdteilen auf Grahams Ruf zu einer Entscheidung für ein Leben mit Jesus Christus reagiert.

Professor Helmut Thielicke fragte nach einem Besuch einer Evangelisation Billy Grahams in Los Angeles: «Was fehlt mir und meinen Kollegen auf der Kanzel und am Universitätspult, das ein Billy Graham so nötig macht», um dann gleich auch die Antwort zu geben, indem er Graham dafür dankte, dass er «biblisches Brot und nicht intellektuelle Leckerbissen und raffinierte Propaganda verbreitet».

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Datum: 02.03.2018
Autor: Hanspeter Nüesch / Bearbeitung: Florian Wüthrich
Quelle: Livenet

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