Gospel als Lebensberufung
Bernita Bush: Sie singt nicht nur zur Weihnachtszeit
Zurzeit schwellt die Gospelkonzert-Welle wieder richtig an, und man kann bereits erste Events besuchen gehen. Am Höhepunkt rund um Weihnachten wird dann hüben und drüben in der ganzen Schweiz gegospelt. Eine, die den Gospel als Vollzeit-Lebensgefühl in die Wiege gelegt bekam ist Bernita Bush. Auch sie ist oft live zu erleben. Livenet hat sie ihre Lebensgeschichte erzählt.
«Ich möchte Gottes Wort und die frohe Botschaft der Bibel verkünden.» So wird man auf Bernita Bushs Webseite sofort mit der Kernbotschaft und ihrer Berufung für die Schweiz begrüsst. Livenet hat die 67-jährige Gospelsängerin in ihrer Wahlheimat getroffen.
Livenet: Migration ist ja eines der heissesten Themen dieser Tage; wie war Ihr Einleben, die Lage damals in der Schweiz und heute?
Bernita Bush: Ich wurde als Dentalhygienikerin DH aus den USA nach Grenchen (SO) eingeladen. Mitte der 1970er-Jahre war DH in Ohio ein Beruf für «Weisse». Ich durfte mit grosser Unterstützung, gegen viele Widerstände, als erste Dunkelhäutige bei uns an die Uni. Dank Gott und meiner Fachkompetenz begegnete man mir jedoch mit Respekt; auch später in der Schweiz. Mein Zahnarzt in der Schweiz hatte mich sofort mit den richtigen Personen zusammengebracht, sodass ich später sogar als internationale Referentin unterwegs war. Welch ein Geschenk – ich war wirklich zur richtigen Zeit am richtigen Ort und bei den richtigen Personen. Als schwarze Amerikanerin begegnete man mir hier mit interessiertem «Gwunder». Im US-Alltag waren die Seitenblicke kritisch. Dort hatten wir in den 1960ern zum Beispiel ein Haus gekauft, und in der folgenden Zeit sind all die weissen Nachbarn von uns weggezogen. Heutzutage herrscht in der Schweiz eine ähnliche Stimmung wie damals; aber ich werde höchstens oft kritisch auf Trump angesprochen.
Was halten Sie von Ländler-Musik (Sie dürfen ehrlich sein, es gibt viele Schweizer, die sie nicht mögen)?
Ich finde sie interessant. Mich fasziniert vor allem das Jodeln und Handorgel spielen – wirklich, was passiert mit dem «Halszäpfli», wenn gejodelt wird? (lacht) Mein Bekannter Pius Baumgartner ist einer der besten Schweizer Klarinettisten, der sowohl Jazz als auch Ländler spielt.
Welche Sounds und Lieder packen Sie denn am meisten?
Ich bin mit klassischer Musik und Gospel aufgewachsen. Zu Hause spielte ich Bratsche. In den Gottesdiensten sang ich im Chor Gospel. Inspirationen gibt es viele; bei der populären Musik schon vor allem Roberta Flack – als ganze Persönlichkeit. Wichtig waren auch Gladys Knight, Martha and the Vandellas zum Beispiel mit «Dancing in the street» und auch die Jackson 5, Earth, Wind and Fire – oder der eben verstorbene Fats Domino.
Ich habe eines Ihrer Konzerte in der Zwinglikirche Grenchen erlebt, und es war eine der packendsten Predigten, die ich je hörte – sehr lebendig gesprochen. Predigen Sie auch gerne?
Ich liebe es, die gute Botschaft weiterzugeben. Und eigentlich schätze ich es, wenn ich einen ganzen Gottesdienst selber gestalten kann, dann passt alles zusammen und ich kann den Text ganz auf meine Art auslegen.
Welches ist Ihre Hauptbotschaft?
«Because he lives» («Weil er lebt»), wenn die Leute nur wüssten, dass er lebt und mit uns spricht; er ist kein toter Gott. Ich bekam bereits als Kind ein christliches Fundament von der Familie. Da gehörte das «In die Kirche gehen» zum Sonntag. Du hättest schon todkrank sein müssen, um nicht zu gehen. Ja, er lebt. Das habe ich auch einmal wie eine hörbare Stimme gehört: «Das ist der Grund, weshalb du hier in der Schweiz bist – um die frohe Botschaft weiterzugeben.» Manchmal durchfährt es mich wie ein Feuer-Ball, ich bin berührt und muss heulen. Das gibt es auch auf der Bühne, dann muss ich kurz weg zur Erholung, um dann später wieder auf der Bühne weiterzumachen.
Und meine Lieblings-Bibelstelle ist Psalm, Kapitel 121, Vers 2: «Meine Hilfe kommt vom Herrn, der Himmel und Erde gemacht hat!» Davon gibt es auf dem Album «Great Gospel'03» auch einen Song: «My help».
Afroamerikaner haben einen Musik-Bonus beim Publikum – was sagen Sie zu den weissen Sängerinnen und Sängern?
Jeder kann Gospel und Jazz singen und musizieren. Auch bei den weissen SängerInnen gibt es viele, die sehr begabt sind. Es kommt auf die Herzenshaltung an. Dasselbe gilt ja auch für die berühmten Jodler! Und sowieso ist die Herkunft heutzutage relativ – man entfernt sich schneller von den familiären Wurzeln.
Was wollen Sie noch erleben?
Ich habe ein erfülltes Leben in der Schweiz, bin von Leuten umgeben, die mich lieben und schätzen. Jetzt hab ich nach der Pensionierung mehr Zeit, um das Geschenk des Gesangs zu pflegen. Vielleicht mal noch ein paar fremde Länder besuchen?
Schlusszitat:
«Gospel sollte aus dem Herzen kommen und nicht, um eine Markt-Lücke zu schliessen – Gospel ist kein Trend, sondern Herzenssache!»
Bernita Bush ist in zahlreichen Konzerten zu erleben. Auch an ihren Jazz-Konzerten werden meistens ein oder zwei Gospelstücke zum Abschluss gesungen.
Zur Webseite:
Bernita Bush
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Autor: Roland Streit
Quelle: Livenet