Musikschule im Gefängnis
Er reisst mit dem Violinenbogen Mauern ein
Die Begegnung mit einem Häftling im Jugendgefängnis berührte das Musiktalent Tito so stark, dass er den mexikanischen Präsidenten um die Erlaubnis bat, eine Musikschule hinter Gittern eröffnen zu dürfen. Daraus ist eine Erfolgsgeschichte geworden.
Tito war 7-Jährig, als er Violinen-Unterricht nehmen wollte. Die Violinenlehrerin Nancy Benning lächelte: «Du bist zu jung, Tito, du musst warten, bis du zehn Jahre alt bist.» Doch der Junge gab nicht auf, bis sie schliesslich nachgab und ihn unterrichtete. Nun, zwanzig Jahre später, ist Tito Quiroz Angulo ein erfahrener Violinist und steht der prestigeträchtigen «Benning Music Academy» im mexikanischen Ensenada vor, wo 400 Schüler Musik-Unterricht bei 42 Lehrern nehmen.Doch zurück zu Titos Jugendjahren. Sein Vater erkrankte an Krebs, finanziell wurde es eng. Der Junge wusch Autos, putzte Schuhe und spielte mit seiner Violine in Restaurants – alles, um seiner Familie helfen zu können. Daneben erteilte er in einer Garage drei Schülern Musikunterricht.
«Gott gibt uns Werkzeuge, in meinem Fall die Violine. Sein Licht in den Dienst für ihn steht immer auf grün.»
Post per Facebook
Tito studierte Jura, sein Weg zur Universität führte an einem Jugendgefängnis vorbei. Eines Tages winkte ihm ein Insasse und lächelte. Tito erwiderte den Gruss. Als er tags darauf am Gefängnis vorbeiging, winkten Menschen hinter jedem Fenster der Anstalt. Tito fühlte einen Ruck in seinem Herzen. Warum nicht allen diesen Leuten Musikunterricht erteilen? Eine Musikschule hinter Gittern. Doch, wie würde er die Bewilligung dazu erhalten?Tito war um eine Antwort nicht verlegen: Umgehend verfasste er via Facebook ein Schreiben an den mexikanischen Präsidenten. Tatsächlich erhielt er nach einer Weile eine Antwort – und die war sogar positiv. Das einzige Problem: Er musste die Musikschule selbst aufbauen, inklusive einem Gebäude.
Taufen hinter Gittern
Beim Aufbau halfen Aktivisten des «Rancho de Cristo Rehab Center», die früher selbst hinter Gittern waren. «Das war wirklich lustig: Menschen, die früher im Gefängnis sassen, halfen mit, eine Musikschule im Knast aufzubauen.»
Seine ersten Studenten waren Schwerverbrecher, die zum Beispiel Drogenkartellen angehört hatten. «Ich sprach sie nicht darauf an, doch ich wusste von ihren Vergehen aus der Zeitung.» In seinem Musikprogramm sprach er auch den christlichen Glauben an. Das Resultat verblüffte ihn.
Von den ersten 54 Musikschülern entschieden sich mit der Zeit 48 für ein Leben mit Christus, sie wollten sich zudem taufen lassen. Ein ungewöhnliches Anliegen in einem Gefängnis. Doch ein Pool war vorhanden und die Erlaubnis folgte, sofern es nicht regnen würde.
Zu Weihnachten wollten die Gefangenen ein Konzert für die anderen Insassen und deren Familien geben. Wieder erfolgte die Zusage der Behörden – sofern es nicht regnen würde. Die Tropfen fielen, doch rechtzeitig brach die Sonne durch. «Und ein riesiger Regenbogen dekorierte den Himmel.»
Wenig Rückfälle
Nach dem Konzert richteten mehrere Häftlinge ein paar Worte ans Publikum. Zum Beispiel Luis (18), der sagte, dass er hier Menschen gefunden habe, die ihm beistehen, ohne ihn zu verurteilen und die daran glauben, dass eine Änderung möglich ist. Oder Estaban (15): «Nie erlebte ich eine solche Liebe, wie in diesem Programm. Als ich meine Eltern sah, weinten sie.» Versöhnung geschah.
Von den jungen Menschen, die das Violinen-Programm durchlaufen hatten, kamen in der Folge viele nicht mehr ins Gefängnis zurück. Ein Gefängnismitarbeiter erzählt: «Normalerweise werden 70 Prozent rückfällig und kommen wieder. Von den 140 Insassen sind jetzt noch 54 übrig.» Die Disziplin, ein Instrument zu lernen, kombiniert mit der biblischen Botschaft, mache einen grossen Unterschied im Leben der jungen Leute.
«Es hat sich ausbezahlt»
Tito breitet nun sein Programm auf weitere Jugendgefängnisse im Land aus. Und Nancy, seine damalige Violinenlehrerin erklärt heute: «Es hat sich ausbezahlt.»
Video von Titos Auftritt mit seiner ehemaligen Violinenlehrerin Nancy Benning:
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Autor: Daniel Gerber
Quelle: Jesus.ch