Metal-Pfarrer Samuel Hug
Der Hirte der «schwarzen Schafe»
Samuel Hug ist nicht nur Pfarrer in Wattenwil (BE), sondern auch Hirte der «schwarzen Schafe». Er arbeitete an der Metal-Bibel mit und packt bei Konzerten und Festivals mit an. Wir unterhielten uns mit Samuel Hug über sein Leben und Schaffen.
Livenet: Samuel Hug, Sie sind Metal-Pfarrer, das heisst, sie kümmern sich um Leute in der Metallverarbeitungsindustrie?Samuel Hug (lacht): Nicht ganz. Ich kümmere mich um Menschen, die Metal-Musik lieben, also eine sehr harte und extreme Form der Rockmusik. Uneingeweihte verwechseln leicht «Metal» – englisch ausgesprochen – und «Metall» – deutsch ausgesprochen.
Wie sind Sie Metal-Pfarrer geworden?
Ich bin über mehrere Jahre Schrittchen um Schrittchen in diese Funktion hineingewachsen – und wachse immer noch hinein. Im Prinzip kamen einfach zwei Dinge zusammen, die für mich entweder immer zentral waren, nämlich der Glaube an Jesus Christus, oder danach immer wichtiger wurden, nämlich die Metal-Musik und die dazugehörige Szene. Ausschlaggebend war dann gegen Ende meines Studiums ein Berufungserlebnis: Ein Bandmitglied der alten Metal-Garde bekam eine Prophetie, die besagte, dass die «schwarzen Schafe» in unserem Land einen Hirten bräuchten und ich die Person sei. Ich brauchte aber noch längere Zeit, bis ich zu diesem unsicheren Weg «ja» sagen konnte.
Was packen Sie als Metal-Pfarrer an, wie sieht Ihre Arbeit aus?
Ich arbeite zum Beispiel an Konzerten und Festivals mit, organisiere Glaubensgespräche im Szenegroove, Gottesdienste, Musikertreffen, mache Video-Andachten und begleite Menschen. Zentral ist das Vernetzen von Menschen – in einer interessanten Wechselwirkung von online und offline. In und für die Szene engagiere ich mich neben meiner 50-Prozent-Anstellung in der Kirchgemeinde.
Sie haben an der Metal-Bibel mitgearbeitet. Wie kommt diese an?
Erstaunlich gut! Viele Metaller sind interessiert und nehmen sich gerne eine mit. Einige lassen sich berühren und erleben eine Umkehr. Andere brauchen sie stattdessen als Anzündmaterial an Festivals. Doch soweit ich im Bild bin, sind die Reaktionen überwiegend sehr positiv. Entscheidend ist die Haltung und die Art und Weise, wie den Menschen begegnet wird, denen Metal-Bibeln angeboten werden.
Sind Metaller offener für den christlichen Glauben als andere Menschen?
Nein. Aber, ich denke, auch nicht verschlossener. Meines Erachtens ist es aber Fakt, dass sich keine andere «Jugendkultur» derart explizit und verbreitet mit religösen Themen beschäftigt und religiöse Symbole benutzt. Natürlich geschieht dies schwergewichtig in einer kritischen oder sogar ablehnenden Haltung gegenüber dem christlichen Glauben und vor allem gegenüber den verfassten Kirchen. Doch man muss differenziert hinsehen! Denn wo Menschen sich ernsthaft mit Themen beschäftigten und suchen, gehen auch Türen auf.
Können Sie ein, zwei Erlebnisse schildern, die Sie in Ihrer Funktion als Metal-Pfarrer gemacht haben?
Nur ein, zwei? Besonders spannend finde ich, dass nur schon die Tatsache, dass es mich gibt, für viele junge Menschen in der Szene eine Ermutigung ist, dran zu bleiben. Zudem ahne ich auch: Es sind oft die kleinen Dinge, die auf lange Sicht den grossen Unterschied für Menschen und in der Entwicklung der Szene ausmachen: Mal ist es ein Chat auf Facebook, mal ein Gespräch, mal ein Gebet.
Was begeistert Sie am meisten an Gott?
Seine selbstlose Liebe, die sich zum Beispiel darin zeigt, dass er uns unvollkommenen Menschen so viel zutraut und uns als Werkzeuge in und für sein Reich brauchen will und braucht.
Wie sind Sie Christ geworden?
Meine Eltern haben mir den Glauben an den dreieinen Gott von klein auf nahegebracht.
Warum sind Sie Christ?
Weil es niemand Besseres gibt als diesen Jesus!
Was bringt der Glaube an Jesus? Was macht den Unterschied aus?
Nicht weniger Herausforderungen im Leben, aber die richtige Ansprechperson dafür.
Beschreiben Sie ein besonderes Erlebnis, das Sie mit Gott gemacht haben:
Besonders eindrücklich war, als ich einmal – spätabends im Bett – nach einem Streit mit meinen Eltern total verzweifelt realisierte, dass ich komplett versagt hatte. Doch da erlebte ich plötzlich Gottes Liebe und Vergebung unglaublich hautnah und tief. Ich fühlte unbeschreibbare Freude. Es war, als ob ich fliegen würde. Eigentlich unglaublich sind auch die Momente, als auf mein Gebet hin Kopfschmerzen von Menschen plötzlich verschwanden.
Eine Stärke, die Sie durch den Glauben gewonnen haben ...
Selbstbewusstsein und Einfühlungsvermögen.
Eine Schwäche, die Sie durch den Glauben besser in den Griff bekommen haben ...
Falscher Stolz.
Ein Tipp, wie man Gebet und Bibellesen interessant gestalten kann ...
Den Bibeltext fortlaufend lesen und auch mal den Abschnitt vom letzten Mal wiederholen. Ich erlebe relativ selten Instant-«Erleuchtungen», aber eine tiefer und tiefer werdende Verwurzelung über die Zeit. Es sind die Querbeziehungen zwischen den Texten und die grossen Linien, die mich besonders faszinieren. Für die Gruppe empfinde ich neben den bewährten Diskussionen die Methode des «Bibel-Teilen» als sehr hilfreich, da dieser Ansatz eine meditative Komponente hat.
Steckbrief
Zivilstand, Kinder: verheiratet, drei Söhne.
Beruf: Evang.-Ref. Pfarrer
Wohnort: Wattenwil, BE
Werdegang: Gymnasium, Studium der Evang. Theologie an der Uni Bern
Hobbys: Singen & Akk. Gitarre, Garten, Lesen (bes. Fantasy-Literatur), Passiv-Sport (besonders Fussball)
Welche Gemeinde oder Kirche besuchen Sie?: Ref. Kirchgemeinde Wattenwil-Forst.
Funktion oder Mitarbeit in Gemeinde: Pfarrer
Lieblingsbibelstelle: 1. Korinther 12
Lieblingsmusik oder -Musikgruppe: Metal in allen seinen Unterstilrichtungen. Lieblingsband: Theocracy
Zum Thema:
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Die Metal-Bibel
Autor: Daniel Gerber
Quelle: Jesus.ch