Debora Sommer

Befreit von Scham

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Debora Sommer (Bild: Mirjam Fisch-Köhler)
«In einem Traum bin ich öffentlich abgekanzelt worden», erzählte Debora Sommer (47) im Hotel Artos in Interlaken vor rund 70 Zuhörern. «Niemand stand mir bei, und ich hatte anschliessend den Eindruck, die Welt wäre besser dran ohne mich.»

Dabei hatte sie nichts falsch gemacht, sondern einfach die Erwartungen des Umfelds nicht erfüllt. Das erfüllte sie mit tiefer Scham, bekannte die Theologin und Autorin. Der Unterschied zwischen Sünde und Scham bestehe darin, dass man sich für ein Fehlverhalten zu Recht schäme. Sich hingegen wegen Versagen oder Unvermögen als ganze Person abzulehnen, das sei falsche Scham. «Die Wurzel der Scham ist das Vergleichen», betonte Sommer bei einer Tagung der Initiative Glaube und Behinderung. Wer dann sein Empfinden verschweige, mache die Situation noch schlimmer. Debora Sommer: «Nur wenn ich über meine innere Reaktion in bestimmten Situationen spreche, kann mir geholfen werden.»

Als Beispiele aus der Bibel nannte sie unter anderem den Krieger Jeftha. Dieser schämte sich, der Sohn einer Hure zu sein. Petrus weinte vor Scham, nachdem er Jesus verraten hatte. Doch vor Gott müsse sich niemand verstecken. «Obwohl er uns kennt, liebt er uns und geht sehr behutsam mit uns um.» Er habe Adam und Eva nach der verbotenen Tat nicht verurteilt, sondern gefragt, weshalb sie sich vor ihm versteckten. Offensichtlich schämte sich das Paar. Es hatte der Schlange mehr geglaubt als Gott, seinem Schöpfer, führte Debora Sommer vor den Angehörigen und selber von Behinderung Betroffenen aus.

Gesunde und toxische Scham

Ab dem dritten Lebensjahr entwickle sich bei Kindern eine gesunde Scham. «Sie ist Wächterin der Würde und schützt vor Grenzüberschreitungen», betonte die Referentin. Aber wer sich ständig schäme, nehme sich verzerrt wahr: «Wie durch einen mit einem Tuch bedeckten Spiegel.» Doch Jesus erkenne die Einsamkeit, Trauer und Bitterkeit des Herzens. «Bleib nicht in deinem Versteck», ermutigte sie. Sonst entstehe toxische Scham, die Emotionen verdränge, alle Lebensbereiche vergifte und krumm und klein mache.

«Nach dem Sündenfall verdunkelte sich das Spiegelbild. Unsere Würde blieb zwar erhalten, aber wir erkennen sie nicht mehr.» Entscheidend sei nicht die Eigen- oder Fremdwahrnehmung, sondern wie das jeweilige Leben aus göttlicher Perspektive aussehe. «Wir sind Gott so wichtig, dass er seinen Sohn schickte, damit der Spiegel wieder klar wird.» Sie zeigte ein Bild, in dem ein Kätzchen sich im Spiegel als Löwe wahrnimmt. «Wir verschmelzen mit dem, was Jesus in uns sieht, wenn wir ihn widerspiegeln», erklärte Debora Sommer. Und: «Wenn ein Christ in den Spiegel schaut, sieht er, wie Jesus ihn sieht.» Zum Schluss zitierte sie Psalm 34, Vers 6: «Alle, die zu ihm aufschauen, werden strahlen vor Freude. Nie werden sie beschämt sein.»

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Datum: 04.11.2021
Autor: Mirjam Fisch-Köhler
Quelle: IDEA Schweiz

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