Die Bach-Boys in der Schweiz
«Meine Söhne schauten mich an, als wäre ich ein Marsmensch»
Erstmals spielt Dieter Falk zusammen mit seinen Söhnen in der Schweiz. Bei «Bach & Beyond» werden klassische Stücke rockig interpretiert. Livenet sprach mit dem Ausnahmeproduzenten über Gott, Bach und Black-outs.
Der einstige Kirchenmusiker Dieter Falk blickt als Produzent auf über 20 Millionen verkaufte Tonträger. Auch produzierte er über 100 Langspielplatten aus der christlichen Szene.Livenet: Dieter Falk, Ihre Jungs sind in einem Alter, in dem sie in der Rebellionsphase sein könnten. Wie haben Sie sie dazu gebracht, Lieder zu spielen, die auf der Klassik beruhen?
Dieter Falk: Erstmals war es nicht meine Idee. Ich machte nicht Druck, dass meine Kinder mit mir auf der Bühne Musik machen. Die Idee hatte ein Theater-Mensch. Er lud uns zu einem Schulkonzert ein, er wollte einen Vater mit Söhnen haben. Wir hatten aber nie zusammen gespielt. Da übten wir vier Titel ein. Das kam super an. Da merkten meine Jungs plötzlich, dass das richtig Spass macht.
Eine besondere Form der Rebellion?
Wenn Max und Paul mit anderen Bands spielen, spielen sie schon andere Musik. Was wir machen, ist aber etwas provokant, weil wir den alten Bach verjazzen und verpoppen. Aber ich finde es wichtig, das zu tun. Denn die Jugend kann mit klassischer Musik langfristig wenig anfangen. Die Hörgewohnheit ändert sich dramatisch.
Nach fünf Jahren und über 120 Konzerten haben wir gemerkt, dass es anderen Familien hilft, zum Beispiel Bach-Musik zusammen zu spielen. Dadurch geschieht Erstaunliches. Es freut mich, dass wir eine Initialzündung zum Musikmachen bieten können.
Wie sind nun die Reaktionen?
Die erste CD hiess «Celebrate Bach», und sie war ein Überraschungserfolg. 25'000 Exemplare wurden verkauft, das ist für eine Nischen-Produktion viel. Und so haben wir weitergemacht. Die neue CD, «Toccata», ist ein wenig mutiger. Der Titel ist sehr schwer zu spielen. Bei jedem Konzert ist er eine Herausforderung. Ich hoffe, er wird in Effretikon gelingen, wir können uns bei den Schweizern nicht blamieren.
Und die Jungs üben jetzt brav?
Ja, sie wissen wofür sie üben. Es ist zwar nicht ihr Beruf, der ältere, Max, studiert Medizin, der jüngere macht gerade das Abitur. Wenn die Kinder ein Ziel haben, dann üben sie auch. Wichtig ist es, ein Ziel zu haben.
Was ist das Ziel von Max? Mediziner im Ausland oder der Weg in die Forschung?
Er ist analytisch sehr begabt. Es könnte sein, dass er vielleicht in Richtung Forschung geht. Mein Schwiegervater war Mediziner, und wir haben mehrere Mediziner in der Familie. Ich bin froh, dass er diesen Weg eingeschlagen hat und nicht Musiker werden will.
Weshalb soll er nicht Musiker werden?
Weil es sehr schwer ist. Vor zehn Jahren hätte ich mich darüber noch gefreut. Ich habe ja eine Professur an der Robert-Schumann-Musikhochschule in Düsseldorf. Und wenn ich da sehe, wie viele tolle Musiker Musik studieren, die nachher Schwierigkeiten haben, einen Job zu finden, durch den sie überleben können, bin ich froh, über jeden, der einen Plan B hat. Bei Paul sieht es etwas anders aus, er ist auch Schauspieler und hat mit dem Fernsehen gedreht. Er schreibt auch eigene Lieder und hat damit ein zweites Standbein. Da habe ich nicht so Bedenken.
Das Programm heisst «Bach and Beyond». Was kommt danach, werden bald auch Mozart und andere klassische Musiker interpretiert?
Da habe ich noch keine Idee. Wir machen jetzt zum zweiten Mal Bach und Barock, Händel ist auch dabei. «Beyond» bedeutet auch, dass wir eine Reise durch die Musik-Geschichte machen. Wir stellen alte Choräle neuen Kirchenliedern in rockiger Bearbeitung gegenüber. Paul singt zudem in einem Solo-Block Pop-Songs. Zudem können mir die Leute Musik-Titel zurufen, die ich dann improvisieren muss. Es ist eine Reise durch die Musikgeschichte.
Wie bringen Sie Ihre vielfältige Reise unter einen Hut?
Ich muss es spannend halten. Es wäre langweilig, wenn ich nur Popmusik produzieren würde. So mache ich mal rockige Musiker wie Roger Chapman oder die schottische Band «Nazareth». Aber dann produziere ich auch Francine Jordi. Ich habe keine Scheuklappen vor Schlager. Und meine Professur ist da eine neue Herausforderung im Alter von 54 Jahren. Die Chorprojekte sind, weil ich ursprünglich als Chorsänger gestartet bin, im Kirchenchor meiner Mutter.
Das alles was ich heute tue, ist meine Vita. Mein Sandkasten einfach im hohen Alter fortgesetzt.
Sie haben unendlich viele Melodien erfunden. Ist da nicht die Gefahr auf der Bühne, dass man plötzlich die falsche Melodie spielt?
Das ist mir schon passiert. Es gibt einige Lieder, die ähnlich beginnen. Dann kriege ich einen Rüffel von meinen beiden Söhnen, weil ich mich verspiele – das passiert mir öfter als ihnen, weil ich in Gedanken woanders bin, mir zum Beispiel die nächste Ansage überlege. Es ist schon vorgekommen, dass ich die falschen Lieder angefangen habe, und dann blicken mich die anderen Bandmitglieder entrüstet an. Der Kopf ist voll von Musik. Aber ich übe vor den Konzerten und habe das Programm präsent.
Können Sie ein Beispiel nennen?
Einmal hatte ich ein Black-out in Oldenburg. Wir haben die «Toccata» gespielt, unser Titelstück und einer Stelle wusste ich plötzlich nicht mehr wie es weitergeht. Und ich habe einfach nett lächelnd den gleichen Akkord immer wieder gespielt. Meine Kinder schauten mich an, als wäre ich ein Marsmensch. Dann habe ich den Teil beendet und neu angefangen. Das war die schlimmste Situation die mir je geschah.
Gott schreibt auf krummen Linien gerade. Der einzige, der es gemerkt hat, war unser Toningenieur.
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Details zum Schweizer-Auftritt in Effretikon (30. Mai 2014)
Falk & Sons
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Autor: Daniel Gerber
Quelle: Livenet