Auch in der Grossstadt
«Der Stall ist überall»
«Stalldrang» - so heisst der zweite Silberling der Mundart-Bauern-Rockband «Schweizer Powern». Die berndeutschen Texte drehen sich um den Ausbruch aus dem Landleben und die Rückkehr zu den Wurzeln. Hinter dem Keyboard steht der Rohrbacher Pfarrer Alex Kurz. Wir sprachen mit ihm über den Zweitling der Gruppe.
Livenet: Alex Kurz, wer steckt hinter der Band «Schweizer Powern»?
Alex Kurz: Wir sind fünf Männer vom Land und wir machen Bauernrock. Bauernrock heisst eckiger und kantiger Rock, zum Teil mit stimmungsvollen Balladen. Und das Thema ist das Landleben.
Und das nun zum zweiten Mal mit einer CD, was muss man über euren zweiten Silberling wissen?
Bei der ersten CD ging es darum, verschiedene Themen aus dem Landleben herauszugreifen und zu verarbeiten, und da erzählten wir in jedem Lied eine eigene Geschichte. Beim zweiten Album Stalldrang gibt es eine Rahmengeschichte. Ein junger Typ vom Land erfährt dort vieles, lernt Wesentliches über das Leben. Aber dann bekommt er das Reissen nach dem abenteuerlichen Leben in der Stadt. Er bricht aus, zieht in die Stadt und erlebt dort das eine und andere. Da er aber vom Land kommt, hat er immer noch die Aussensicht. Das führt dazu, dass er geläutert und gereift auf das Land zurückkehrt.
Und weshalb bleibt er nicht in der Grossstadt?
Weil er Dinge erkennt, die er auch auf dem Land angetroffen hat, und die ihm dort «abgelöscht» haben. Er merkt, dass auch eine Firma ein Stall sein kann, auch dort gibt es Viechereien, auch dort wird «gehühnert» und «geküngelt». Er merkt, dass er solches auch daheim verarbeiten oder ihm aus dem Weg gehen kann. Da kann ich auch zuhause versuchen, anders zu leben. Dafür muss ich nicht in die Stadt gehen.
Das erinnert an eine biblische Geschichte von einem der auszieht und in der Ferne merkt, dass es daheim nicht so schlecht gewesen war. Das Thema, dass man sich im Fortgehen und in der Ferne plötzlich auf das Eigene besinnt und vom Eigenen her die Schwachstellen, die man im Abenteuer suchte, erkennt, ist alt und urmenschlich. Es gibt tatsächlich ein paar Anklänge an die Geschichte vom verlorenen Sohn.
Wo sind die Gemeinsamkeiten?
Der Schluss der Geschichte ist, dass der verlorene Sohn nach Hause kommt. Dort erwartet ihn die Versöhnung mit seinem Vater. Auf der CD haben wir etwas ähnliches. Daheim wartet auf den, der in die Stadt ging, ein Fondue. Und wir sehen im Fondue eine gut-schweizerische Art, sich miteinander zu versöhnen. Alle sitzen um einen Topf mit Käse herum. Der «Käse» der passiert ist, wird gemeinsam ausgelöffelt, mit Brot und Wein vermischt – und am Ende ist die Sache gegessen, auch wenn sie am Anfang schwer verdaulich war.
Eine Änderung ergab es auch beim Sänger, der nun Bauer wird ...
Als wir «Schweizer Powern» starteten, wussten wir, dass wir etwas aus dieser Band machen wollen. Etwas das uns auf dem Herzen liegt, etwas, das uns wichtig ist. Was wir nicht wussten und unterschätzten, ist, dass die Band auch etwas mit uns macht. Spannend ist, dass nun jeder seine Geschichte erzählen kann, was durch die Band mit ihm entstanden ist. Bei Sänger Mänggu führte es dazu, dass er den Mut hatte, den kleinen Bauernbetrieb seiner Eltern zu übernehmen.
Und gibt es bei Ihnen auch eine solche Änderung, dass Sie zum Beispiel neben dem Kirchenschiff noch einen Stall anbauen, wo ein paar Kühe leben?
Das wäre eine Idee, aber bei mir geht es nicht in die Richtung. Bei mir gab es einen Bewusstseinsprozess. Ich wusste immer, dass ich der Sohn eines Vaters bin, der ein Handwerker-Geschäft hatte. Durch «Schweizer Powern» lernte ich auch zu sehen, dass ich der Sohn einer Mutter bin, die von einem Bauernbetrieb kommt. Das wirkte auf mich, in dem ich heute direkter bin, ehrlicher, eckiger, kantiger in den Angelegenheiten, wo ich das Gefühl habe, dass sie so sein müssen. Ein Handwerker muss immer schauen, dass er die Kunden zufriedenstellt. Ein Bauer muss schauen, dass alles aufgeht mit der Natur, mit der Familie, mit allen äusseren Umständen. Wir dadurch auch unabhängiger und freier. Das habe ich erfahren.
Sind «Schweizer Powern» eine christliche Band?
Wir sind keine christliche Band. Tatsache ist, dass wir wesentliche Erfahrungen machen und verarbeiten. Ich als Christ nehme diese mit, sie verändern und prägen mich. Sie vertiefen auch den Glauben, das muss aber nicht bei allen Mitgliedern so sein. Jeder kommt wie er ist und nimmt das von der Band mit, was er gebrauchen kann und was ihm im Leben dient.
Können Sie ein, zwei Songs etwas hervorheben?
Jeder in der Band hat seine Favoriten. Es gibt Refrainzeilen, die mich im Alltag verfolgen. Eines ist zum Beispiel im Lied «Reise», wo wir auch eine Single-Auskopplung machen. Da heisst es: «Reise im Läben, immer wyterga, dasch wichtig, doch dänk immer dra, vo wo du häärcho bisch. Kreise, u d Kreise immer wyter zieh, dasch richtig, doch vergiss es nie, wo d Mitti isch.» Das ist für mich extrem wichtig.
CD-Taufe: Freitag, 17. August, um 20.00 Uhr in der alten Turnhalle in Huttwil.
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Webseite:
«Schweizer Powern»
Autor: Daniel Gerber
Quelle: Jesus.ch