David Ellefson
«Ich will diese Chance nicht verpassen!»
Gleichwie «Metallica» oder die «Guns’n’Roses» gehören «Megadeth» zu den grossen Rockbands der 80er und 90er Jahre. Bassist David Ellefson galt als Ruhepool der Band Megadeth. Und als deren Mediator – was wohl auch nötig war, da der exzentrische Frontmann Dave Mustaine oft für Wirbel sorgte. Im Jahr 2004 kamen neue Turbulenzen hinzu, als sich Mustaine, der jüdische Wurzeln hat, Jesus Christus zuwendete.
David Ellefson hält es ähnlich. Für ihn ist Jesus die Chance im Leben, die er nicht verstreichen lassen wolle. Ellefson: «Manchmal, wenn etwas passiert, spürst du, du musst zurück zur Kraftquelle. Denn die Kraft, die du selber hast, reicht nicht mehr. Der Mensch hat einfach das Bedürfnis, zu wissen, dass es noch etwas mehr gibt als das tägliche Leben. Letztlich ist der Mensch eine Spezies, die vorausdenkt. Wir brauchen etwas, das auch hält, wenn wir verwelken und sterben. Die Bibel führt uns da ans Ziel.»
Ellefson hilft Alkohol- und Drogenabhängigen, von ihrer Sucht loszukommen, und in seiner Gemeinde arbeitet er im Musik-Team mit. Livenet.ch interviewte den Mann, der heute noch in verschiedenen Gruppen die vier- bis fünfsaitige Harfe donnert.
Livenet.ch: David Ellefson, Sie haben über 30 Alben herausgebracht – eine ganze Menge. Sie waren ähnlich produktiv wie König David mit seinen Psalmen. Darf man Sie mit dem vergleichen?
David Ellefson: Kommt drauf an, welche Punkte man vergleichen will. Mir kommt nichts anderes in den Sinn als seine vielen Kämpfe. Da hab auch ich mir immer den Lohn vor Augen gehalten, der auf ein Leben mit Gott steht.
Viele Ihrer CDs haben Sie mit Megadeth aufgenommen; die Lyrik dieser Alben ist sozialkritisch. Kommt sie aus Ihrem eigenen Herzen?
Manchmal schon, vor allem wenn ich dann auch selber mitkomponiert habe, auch bei einigen alten Songs der Gruppe. Wenn man in einer Band spielt, schaut man, was die Gruppe will, und achtet weniger darauf, wer die Songs geschrieben hat.
An welchen Texten und Themen arbeiten Sie?
Ich bin an einem Punkt in meinem Leben angelangt, wo ich mich fernhalte von Bands, die völlig anders sind als ich. Es geht mir nicht um persönliche Bedenken oder so etwas, aber ich spüre einfach keine Verbindung. In der Musik geht es aber darum. Mit manchen Künstlern arbeite ich seit langem zusammen und spiele bei Auftritten ihr Repertoire; das ist mein Job.
Ich sehe das eher als künstlerischen Ausdruck und weniger im Stil von: «Wenn es nicht christlich ist, kann ich das nicht tun.» Ein solcher Glaube wäre zu einengend für mein Leben als Entertainer. Ausserdem wäre ich kein gutes Beispiel für Leute, die noch unterwegs sind.
Verschiedene langjährige Rock-Heros haben schon zu Jesus Christus gefunden: Alice Cooper, Nicko McBrain von «Iron Maiden», Dan Spitz von «Anthrax» und viele weitere. Warum?
Wir Menschen, nicht nur Rockstars, gehen im Leben verschiedene Pfade. Manchmal, wenn etwas passiert, spürst du, du musst zurück zur Kraftquelle. Denn die Kraft, die du selber hast, reicht nicht mehr. Der Mensch hat einfach das Bedürfnis, zu wissen, dass es noch etwas mehr gibt als das tägliche Leben. Letztlich ist der Mensch eine Spezies, die vorausdenkt. Wir brauchen etwas, das auch hält, wenn wir verwelken und sterben. Die Bibel führt uns da ans Ziel.
Hat sich Ihre Inspiration verändert, seit Sie Christ sind?
Ich bin als Christ aufgewachsen und habe kein besonderes Wiedergeburts-Erlebnis. Seit 17 Jahren bin ich clean und setze mich inzwischen stärker mit geistlichen Gedanken auseinander. Das wächst für mich aus dem Wiedergeborensein durch den Glauben.
Engagieren Sie sich sozial?
Ich engagiere mich sozial in meiner Heimatstadt Phoenix, im US-Bundesstaat Arizona. Meist helfe ich anderen, die von Drogen und Alkohol loskommen wollen. Mir scheint, dass ich diese Gabe erhalten habe, anderen zu helfen. Manchmal finde ich, wenn man nur rausgeht, um andere zum christlichen Glauben zu bewegen, unterscheidet sich das kaum von den Kreuzzügen.
Ich finde es wenig effektiv, den Leuten einfach die Bibel um den Kopf zu hauen, um ihnen den eigenen Standpunkt näherzubringen. Ich versuche ein gutes Beispiel zu sein, und wenn Menschen dann nachforschen, kann ich ihnen alles erklären. Manchmal ist richtig zu leben der beste Weg, um Menschen zu Gott zu führen.
Eine Schwäche, die Sie durch den Glauben besser in den Griff bekommen haben ...
Meine Schwäche waren Angst, Ansehen und Sünde; Stolz hatte mich aufgeblasen. Wenn ich nun aber in der Heiligen Schrift gründe, dann weiss ich, dass jeden Tag für mich gesorgt ist und sich mir immer neue Gelegenheiten bieten. Ich muss nur offen dafür sein. Mit anderen Worten: Es ist Gottes Spiel, nicht meines!
Eine Stärke, die Sie durch den Glauben gewonnen haben ...
Ich würde sagen, das Grösste ist, dass ich nüchtern geworden bin. All das, womit ich nun gesegnet bin, ist ein Resultat davon. Das Geschick, anderen zu helfen, die mit diesem Problem kämpfen, ist gewaltig, denn da sind viele Missverständnisse gegenüber dieser Krankheit – und zwar von beiden Seiten: von dem, der darunter leidet, wie auch von seiner Familie und seinen Freunden.
Welche Eigenschaft von Gott verstehen Sie nicht?
Ob das Leben danach real ist oder nicht. Ob Jesus der Sohn Gottes war. Wohl die Zweifel, die jeder Mensch hat. Ich diskutierte diese Fragen auch schon mit Experten und es sieht aus, als wären Zweifel das Herz der menschlichen Natur.
Letztlich versuche ich mich daran zu erinnern, dass Gott mich nach seinem Ebenbild gemacht hat, und nicht umgekehrt. Mit anderen Worten: Mein Teil ist es, Glauben zu haben und nicht alles herausfinden zu wollen.
Klagen Sie Gott manchmal an? Wenn ja: Wie?
Ja, ich habe eine gute Beziehung zu Gott, und manchmal frage ich ihn demütig. Andere Male aber rufe oder fluche ich auch. Ich denke, dass er sich einfach freut, wenn ich mit ihm spreche. Ich mag es freilich nicht, wenn Dinge nicht wie geplant funktionieren. Aber inzwischen habe ich genug Erfahrung, um zu wissen, dass es im nachhinein so herauskommt, wie es gedacht war, auch ohne meine Zustimmung.
Wichtig ist mir, dass ich auf seine Weisung höre, die er für mich hat. Ich bin ein guter Redner, aber nicht immer gut im Hören auf Gott.
Welche Frage möchten Sie Gott unbedingt stellen?
Ist da wirklich ein Himmel und eine Hölle, und wohin werde ich gehen?
Ein Tipp, wie man Gebet und Bibellesen interessant gestalten kann ...
Ich lese täglich in zwei Bibeln. Die eine ist eine Studienbibel; in der lese ich das Alte Testament. In einer neuen internationalen Übersetzung studiere ich das Neue Testament. Ich brauche eine solche Übersetzung. Die Version der Gideons, die ich in all den Jahren in den Hotelzimmern gefunden habe, war für mich schwer zu lesen.
Im letzten Jahr entschied ich mich, die Bibel von vorne bis hinten durchzulesen; das dürfte bei mir zwei Jahre dauern. Ich hab das bisher noch nie gemacht. Aber jetzt zieh ich das durch, denn ich bin das Gerede der Konservativen in unserem Land müde. Dauernd argumentieren sie mit einem „religiösen Recht“, vor allem beim Irak-Krieg. Ich will das Buch selbst lesen und verstehen und meine Auffassungen nicht von anderen bestimmen lassen.
Wenn Jesus heute auf dieser Erde wäre, wäre er ein Demokrat, der den Menschen hilft, und nicht einer, der sie bekämpft wegen Öl oder um ihre Länder zu kontrollieren. Aber ich bin natürlich nicht Christus, um so etwas mit letzter Sicherheit zu sagen.
Wie sind Sie Christ geworden?
Ich wurde getauft und christlich erzogen. Dann aber, mit 15, kam ich vom Weg ab. Ich nahm Rauschgift und Alkohol. Etwa zehn Jahre später war ich nüchtern und kam zurück zum Glauben. Der führte mich in die Gemeinde und in die Schrift. Dazu beigetragen hat auch, dass ich eine Familie habe. Ich hab realisiert, dass eine Ehe etwas von Gott Gesetztes ist und dass die Erziehung solide sein muss und nicht eine verlängerte Pop-Kultur der Eltern.
Lustig finde ich, dass es viele Metal-Bands gibt, die auf dem christlichen Glauben gründen. Und man kann sein Handwerk in einer christlichen oder weltlichen Band ausüben, ohne dafür Kritik einstecken zu müssen wie noch vor einigen Jahren.
Warum sind Sie Christ?
Ich komme viel in der Welt herum und habe viele Glaubensrichtungen erlebt. Um ehrlich zu sein, ich denke, die funktionieren auch gut und helfen Millionen, ihren Weg zu finden. Ich glaube nicht, dass alle Buddhisten in die Hölle gehen, weil sie nicht an Christus als den einzigen Erlöser glauben. Diese Ansicht läuft dem traditionellen Christentum zuwider, aber das ist mir egal.
Meine Beobachtung ist folgende: Viele religiöse Leute haben sich anscheinend ein Bündel an Vorschriften ausgedacht, die jeder genau wie sie selbst befolgen sollte – zum Trost, zur Kontrolle oder gar, um nur Missverständnisse auszulösen. Wenn ich aber die Worte von Jesus im Neuen Testament lese, dann denk ich nicht, dass er sie je so gemeint hat. Ausserdem war der Götzendienst damals im grossen und ganzen anders als heute.
Anders gesagt: Wenn du an eine höhere Macht glaubst, Gott oder so, dann bist du schon mal auf dem Weg, und genau darum geht es ja letztlich. Denn auf diesem Weg kann dich dann Gott führen, und du tappst nicht mehr allein herum.
Beschreiben Sie ein spezielles Erlebnis, das Sie mit Gott gemacht haben:
Wenn ich nicht auf Gott höre, macht mich das körperlich krank. Es streckt mich nieder, so dass ich nicht durchs Feuer gehen kann. Das ist eigentlich mehr ein metaphysisches Verständnis, bei dem sich die Gedanken und der Glaube körperlich manifestieren.
Mir ist das in den letzten Jahren mehrfach passiert. Und rückblickend war es jedesmal so, dass mich der Herr damals von etwas abbrachte, was mich gereizt aber in die Sünde geführt hätte und mir wirklich nicht gutgetan hätte; Prestige, Geld oder satte Gewinne.
Warum, denken Sie, zahlt sich ein Leben mit Jesus aus?
Wenn Jesus tatsächlich der Sohn Gottes war, dann sollten wir wirklich seine Lehre und Weisung befolgen. Wenn nicht – was soll dann das Ganze? Ich persönlich will diese Chance nicht verpassen ...
Welche Seite von Gott begeistert Sie am stärksten?
Alle!
Steckbrief
Zivilstand: Ist nicht so wichtig.
Gemeinde: Lutherisch.
Arbeit in Gemeinde: Ich betreue den Musikdienst und bin Ältester. Meine Kinder gehen in die Sonntagsschule. Die Gemeinde ist für unsere Familie sehr wichtig und gibt uns eine Mitte.
Hobbys: Sport, Musik.
Beruf: Künstler, Musiker, Entertainer.
Werdegang: Qualifikationen in Gesang und Marketing.
Wohnort: Scottsdale, Arizona
Herkunft: Jackson, Minnesota
Lieblingsbibelstelle: «Wenn ein böser Geist einen Menschen verlässt, geht er in die Wüste und sucht Ruhe, aber er findet keine. Da sagt er sich: „Ich will lieber wieder in den Menschen fahren, aus dem ich gekommen bin.“ Und er kehrt zurück und findet sein früheres Heim leer, gefegt und sauber vor. Danach findet der Dämon noch sieben weitere Dämonen, die noch schlimmer sind als er selbst, und sie alle ergreifen Besitz von dem Menschen und nisten sich in ihm ein. Genauso wird es euch ergehen.» Die Bibel, Matthäus 12,43-45
Lieblingsmusikgruppe: Kiss
Webseite: www.davidellefson.com
Autor: Daniel Gerber
Quelle: Livenet.ch