Start der Frankfurter Buchmesse
Lesekultur und Reformation
Die Lesekultur geht nach Auffassung des Theologen und Kulturexperten Johann Hinrich Claussen im Wesentlichen auf die Reformation zurück. «Auch wenn sich konfessionelle Prägungen heute verflüchtigt haben, ist doch eine der grossen kulturellen Errungenschaften des Protestantismus und der Reformation, das Lesen zu einer fast religiösen Tätigkeit zu machen», sagte der Kulturbeauftragte der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) kurz vor Eröffnung der Frankfurter Buchmesse (13.-15. Oktober 2017).
Das Christenleben erfülle sich seither nicht nur in kirchlichen Ritualen, sondern auch im Häuslichen, Privaten und im gemeinschaftlichen oder individuellen Lesen von Texten. Zunächst sei es um Bibel, Gesangbuch und Erbauungsliteratur gegangen, später habe sich das Lesen «säkularisiert». Im lutherischen Bildungsverständnis erfahre es eine besondere Wertschätzung; das Lesen sei mehr als eine Kulturtechnik, denn «Lesen ist ja ein hochkreativer Akt», so Claussen.
Eine eigene (Lese-)Spur verfolgen
Besonders wichtig sei es, seinen «eigenen Lesespuren» zu folgen. «Uns wird ja durch Algorithmen ständig vorempfohlen, was wir zu lesen hätten», sagte Claussen mit Blick auf Internetwerbung und Bestsellerlisten. Das müsse weder etwas Hochwertiges oder intellektuell Anspruchsvolles sein, noch die jeweils neueste Produktion, aber es sollte zu den eigenen Interessen an Autoren oder Themen passen. «Bücher sind ja Lebensbegleiter, immer noch», unterstrich der Theologe.«Reiche Bücherernte» dank Reformationsjahr
Im Blick auf den Büchermarkt zum Reformationsjubiläum 2017 zog Claussen ein positives Fazit: «Das Reformationsjahr hat doch eine reiche Bücherernte gebracht». Das Beste und Wichtigste sei die «re-revidierte Lutherbibel», die in vielen Teilen wieder zum alten Luthertext zurückkehre. «Das ist eine grosse, exegetische und sprachwissenschaftliche Leistung», sagte der Kulturbeauftragte.
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Autor: Willy Gautschi
Quelle: Livenet