Luther im Einkaufswagen
Der Reformator als Marketingobjekt
Er lebte vor 500 Jahren und doch wird er vermarktet wie kaum ein anderer: Martin Luther. Vom Einkaufswagen-Chip über Kaffeetasse und Bierdeckel bis hin zu Socken, überall ist Luther zum Jubiläumsjahr der Reformation zu finden. Völlig in Ordnung oder voll daneben?
Zum diesjährigen Reformationstag (31. Oktober) bringt die evangelische Nordkirche in Deutschland einen Einkaufswagen-Chip auf den Markt, auf dem das Porträt von Luther geprägt ist. Die Idee für den Chip hatte Reinhard Sieg, Geschäftsinhaber einer Wismaer Firma, die sich auf Relief-Medaillen spezialisiert hat. Schon vor drei Jahren verkaufte er die Chips an die umliegenden Gemeinden. Erst Ende 2014 wurden sie vom Amt für Öffentlichkeitsarbeit der Nordkirche entdeckt und aktuell neu vertrieben. Über 5'000 Chips wurden bereits ausgeliefert, weitere 2'500 sind bestellt.
«Luther mit wirrem Haar»
Für die Gemeinden der Region hat Sieg sich sogar noch etwas Besonderes einfallen lassen: Da er den Luther-Chip mit dem berühmten Luther-Bild mit Mütze nur über das Amt für Öffentlichkeitsarbeit vertreiben darf, hat er einen zusätzlichen Chip mit einem Luther-Bild ohne Mütze entwickelt, nämlich den «Luther mit wirrem Haar», wie man ihn innerhalb seiner Firma nennt. Dieser wird weiterhin an Gemeinden der Region verkauft.«Schöne Dinge, die an Luther erinnern»
Der evangelische Werbedienst, in dem mehrere Landeskirchen kooperieren, hat aber auch andere Produkte parat: Von Luther-Keksen und –Bonbons über Taschen, Luther-Socken mit der passenden Aufschrift des Luther-Zitats «Hier stehe ich, ich kann nicht anders», bis hin zu Schablonen, mit denen sich eine Luther-Rose auf einen Cappuccino zaubern lässt.
Bereits Anfang des Jahres wurde der Playmobil-Luther vorgestellt (Livenet berichtete). Aber auch Kaffeetassen, Papphocker, Bierdeckel, Frühstücksbrettchen und Frisbee-Scheiben werden mit Luther-Porträt angeboten. Darf man das? Oder geht es schon ins Profane, wenn man das frisch gezapfte Bier auf Luthers Kopf abstellt? Und seinen Kopf in einen Einkaufswagen steckt?Pastorin Sandra Peters-Hilberling vom Amt für Öffentlichkeitsarbeit der Nordkirche stört das gar nicht: «Martin Luther ist doch kein Heiliger», sagte sie gegenüber dem Nachrichtenportal EPD. Er habe die Bibel ins Deutsche übersetzt und sie damit den Menschen näher gebracht. Der Chip gehöre zu den schönen Dingen, die die Menschen im Alltag an Luther erinnerten. «Wüsste er davon, würde er es bestimmt mit einem Augenzwinkern kommentieren.»
Zur Webseite:
Lutherprodukte
Zum Thema:
Playmobil Luther: «Er ist ein schöner und sympathischer Botschafter»
Ohne Einspruch des Vatikans: Rom erhält einen «Martin Luther-Platz»
Evangelischer Kirchenbund: Projekte für Reformationsjubiläum geplant
Autor: Rebekka Schmidt
Quelle: Livenet / epd