Frei von Drogen

Neue Methode aus Israel gibt Grund zur Hoffnung

Der Berner Arzt Daniel Beutler verhalf in der abstinenzorientierten Fachklinik «Marchstei» in Kehrsatz BE vielen Menschen zum Ausstieg aus den Drogen. Trotz Schliessung der Institution geht seine Mission weiter: Er begleitete zwei Menschen zum Entzug nach Israel und will die revolutionäre Methode in der Schweiz etablieren.

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Sie haben ein neues Leben geschenkt bekommen: die Patienten S.R. (links) und T.L. vor dem Rückflug aus Israel in die Schweiz.
Ein Bericht in der «Basler Zeitung» hat den Arzt aus Mühlethurnen BE auf die ANR-Methode aufmerksam gemacht. ANR heisst «Accelerated Neuroregulation» und steht für ein medikamentöses Opiat-Entzugsverfahren. Es könnte den Durchbruch in der Behandlung von schwer und schwerstabhängigen Menschen bedeuten: «Man wird nicht einfach mit einem "Sucht-Gen" geboren. Der Knackpunkt liegt im Gehirn», weiss Beutler. Er hat jahrelang selber Drogen konsumiert.

Skepsis weicht Überzeugung

«Die anfängliche Skepsis hat sich in wachsendes Interesse gewandelt», schaut Daniel Beutler zurück. Im Februar sprach er vor Ort mit André Waismann. Dieser praktiziert am «Barzilai Hospital», einer renommierten Traumaklinik in Ashkelon, im Südwesten Israels. «Der fachliche Austausch hat mich restlos überzeugt», sagt Daniel Beutler. Waismann ist leitender Arzt in Israel und hat sich als Intensivmediziner und Anästhesist weiter entwickelt. Neu ist er auch in den USA und China zugelassen. «In den letzten acht Jahren ist kein einziger Haftpflichtfall eingetreten - bei rund 18 000 behandelten Personen.»

Im Mai begleitete Beutler zwei Patienten nach Israel. Der Chefbeamte S.R. leidet seit mehreren Jahren an einer schweren Schmerzmittelabhängigkeit, der ehemalige Spitzensportler T.L. (Namen und Adressen der Redaktion bekannt) seit über zwanzig Jahren an Heroin- und Methadonabhängigkeit. Beutlers Fazit: «Die Behandlung war ein voller Erfolg. Ich kehrte mit zwei 'ehemaligen' Opiatabhängigen in die Schweiz zurück.»

Der «Störsender» ist weg

Wie funktioniert ANR? «Es geht darum, die Opiatrezeptoren im Gehirn zu entreizen. Die Patienten machen den schweren Entzug in der Narkose durch und sind die nächsten drei Tage miserabel dran», sagt Beutler. Während dieser Zeit stehen sie unter ständiger Beobachtung. Waismann und sein Team haben die Behandlung ständig verfeinert.

Da das «Reissen» nach der Suchtsubstanz nicht mehr vorhanden ist, gelten diese Menschen als «geheilt». «Allerdings setzt diese Methode wie jeder Drogenentzug eine grosse Eigenverantwortung voraus.» Diese ist beim Chefbeamten gegeben: «Ich bin überzeugt, dass ich nun keine Schmerzmittel mehr nehmen muss. Das lässt mich dranbleiben.»

Vor dem Heimflug meinte der frühere Spitzensportler unter Tränen: «Ich habe ein neues Leben erhalten.» Er erlebte den Letten und den Platzspitz, machte verschiedene Therapien durch und war während der letzten 20 Jahre im Methadonprogramm – mit Beikonsum anderer Substanzen. Der Chefbeamte und ehemalige Abhängige von Schmerzmedikamenten kann sein Problem nun in Worte fassen: «Es passiert alles im Kopf. Die Schmerzen werden aufgeschaukelt. Dieser Mechanismus konnte nun unterbunden werden.»

Der Mediziner ergänzt: «Der Eingriff in der Klinik bezweckte die Blockade der Rezeptoren im Gehirn. Ziel ist es, diese auf eine normale Dichte zu degenerieren, damit die Endorphine wieder wirken können.» Eine disziplinierte Lebenshaltung mit gesunder Ernährung und möglichst viel Bewegung ist Voraussetzung für den weiteren Fortschritt.

Waismanns Methode könnte zum Durchbruch in der Behandlung von opiatabhängigen Menschen führen. Den «Knackpunkt» ortet Daniel Beutler auch hier im Gehirn: «Ein Umdenken braucht Zeit. Mit Medikamenten und der Heroinabgabe lässt sich viel Geld verdienen.» Dass sich ein Umdenken lohnt, veranschaulicht er am Beispiel des Blinddarms: «Statt der Behandlung mit Antibiotika kam jemand auf die Idee, diesen herauszuoperieren – heute die normalste Sache der Welt.» Auch der Vergleich mit Minenopfern in Afrika überzeugt: «Weil Medikamente fehlen, ist der Organismus auf körpereigene Wirkungsweisen angewiesen. Betroffene spüren schon bald keine Schmerzen mehr, während Menschen in hochentwickelten Ländern oft unter schrecklichen Phantomschmerzen leiden.»

Vision für die Schweiz

Daniel Beutler ist überzeugt, dass Schmerzempfinden wie das Verlangen nach Suchtmitteln behandelbar sind. Seine Vision: Die Methode von André Waismann in der Schweiz etablieren. Obwohl ein Anfang gemacht ist, steht das schwierigste Wegstück wohl noch bevor.

Diesen Artikel wurde uns freundlicherweise von «ideaSpektrum Schweiz» zur Verfügung gestellt.


Autor: Thomas Feuz
Quelle: ideaSpektrum Schweiz

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