160'000 Euro-Gabe
Geldbündel auf Altar gelegt
Wer wünscht sich nicht, einen Haufen Geldscheine zu finden – und erst noch in einer Höhe, die mehr als nur den Kauf eines Bonbons ermöglicht? Was würden Sie mit 160'000 Euro tun? Und wie gerne würden Sie die wieder weggeben?
Genau das geschah im süddeutschen Bundesland Bayern, in einer katholischen Kirche. Also gibt es sie doch noch – die totgesagte Nächstenliebe und gute Nachrichten.
Die 500-Euro-Bündel wurden anonym in einem beschrifteten Umschlag auf dem Altar deponiert und lösten Erstaunen aus und eine Welle von Hilfeleistungen.
Andererseits kennen Sie das vielleicht selber: Geben macht glücklich und befreit, obwohl man in der Regel nicht selber direkt davon profitiert.
Glaube an Kirche
Die Kirche hat ja heftig an Glaubwürdigkeit und Vertrauen eingebüsst und ist bei weitem nicht mehr die erste Stelle, an die sich Bedürftige – oder auch Wohlhabende – wenden. Früher war die Kirche noch im Dorf und die Rolle in der Gesellschaft relevanter. Man ging in den Gottesdienst und suchte Rat beim Pfarrer. Umso erfreulicher ist diese aktuelle Begebenheit. Sie zeigt, dass noch ein Teil dieser Haltung gegenüber der christlichen Institution geblieben ist.
Hingegen bleibt ein gewisses Misstrauen. So stiegen bei einer ähnlichen Spendenaktion in der Paulanerkirche im Pfarrer sofort skeptische Gedanken auf, ob der Umschlag mit Milzbrand-Erregern infiziert oder wie sauber denn die Herkunft des Geldes sei.
Und dennoch offenbaren solche Gaben, dass der Kirche mehr zu- und anvertraut wird, als man gemeinhin denkt. Zweifelsohne war die Hoffnung vorhanden, dass die Finanzen einem guten Zweck dienen oder sinnvoll Not lindern können.
Gegen Geiz
In Zeiten von Schnäppchen-Jagd und «Geiz ist geil» ist diese gelebte Grosszügigkeit wohltuend. Sie eröffnet Weite, ein Gefühl von Freiheit und eine Sicht für neue Möglichkeiten. Weil man sich vom knausrigen Festklammern loslöst, kann durch grosszügiges Verschenken dieses Freisein erlebt werden.
Es ist schon sehr jesus-like, dem Ego-Trend ein Schnippchen zu schlagen und gleichzeitig Bedürftigen zu helfen. Und es macht ja nicht nur Spass, jemandem eine Freude zu bereiten, es erhöht auch die Chance, dass man selber wiedermal zum Beschenkten werden kann – eine Positiv-Spirale.
Diese Glücks-Dynamik des Loslassens und Gebens wurde in der Menschheitsgeschichte immer wieder entdeckt und gelebt; sei es durch Shane Claiborne aus Philadelphia mit seiner Kommunität «Simple Way» (einfacher Weg), Pfarrer Ernst Sieber oder den aktuellen Papst, welcher von Franz von Assisi mit seinem selbstlosen Lebensstil geprägt ist.
Von Christus selber stammt denn auch das beflügelte Wort: Geben macht seliger als nehmen. Und er riet beispielsweise einem reichen Jüngling, seinen Besitz zu verschenken, um damit noch gottgefälliger zu leben.
Gabe für Grundsätzliches
Der Umschlag auf dem Altar der bayrischen Kirche war beschriftet mit «Spende für Afrika» und hatte damit eine klare Bestimmung. Dem Geber war bewusst, dass die Geldnotenfächer in afrikanischen Ländern viel Gutes bewirken können. Oft fehlt es da an Grundsätzlichem wie Nahrung, sauberes Wasser, Bildung etc. und ist somit sinnvoll eingesetzt.
Bei der anonymen Gabe für eine andere Kirche war der Einsatzbereich der Kirchgemeinde überlassen und es wurde der Pfarrer zitiert mit «Bedarf für neue Lautsprecheranlage, eine vernünftige Orgel oder Ersatz für die Stühle aus dem Jahr 1976».
Grosszügig und glücklich
Den Beschenkten in Bayern bestätigte das zuständige Bistum, dass die Summe mehreren Projekten in Afrika zugutekommen wird. Wieviel damit bewirkt werden kann, zeigen zwei Beispiele des Schweizerischen Hilfswerks «Tearfund» für Malawi: Für Fr.90.- erhalten zwei Landwirtschaftsschulen Saatgut oder mit Fr.60.- wird eine Familie mit drei Schweinchen versorgt und beglückt. Ganz nach dem Motto: Schweinchen für Scheinchen. Also kann mit 160'000 Euro durchaus im grossen Stil bewegt und geholfen werden.
Die Hintergrundinfos belegen, dass hinter der Grossspende der Name eines verstorbenen Ehepaars steckt. Sie haben besonders mit dem Hilfehinweis für Afrika eine gewisse Orientierung gegeben, denn zu helfen gibt’s auf dieser Weltkugel fast unendlich viel. Es zeigt auch, dass Anonymität und Unklarheit rasch verwirrt, und es hilft, wenn der Beschenkte allfällige Absichten kennt.
Die spektakulär grosszügige Handlung passt besonders, wenn Christus der König vom Lebensthron ist und nicht das gierige Ego; ganz gemäss des Namens der beglückten Kirche: die Christkönigs-Kirche.
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Autor: Roland Streit
Quelle: Livenet