Der gute Ton
Jesus und das Kompliment
Tue Gutes und lass es dir zugutehalten: Echte Komplimente nehmen wir gern an. Gehört auch eine Dosis Schmeichelei zum guten Ton? Jesus fährt einen eigenen Kurs.Komplimente tun tief im Herzen wohl. Denn Kritik wird zur Genüge herumgeboten. Solange wir wissen, wer wir sind, und auf dem Boden bleiben, schaden auch Schmeichelworte nicht. Als wären sie ein Parfum, das wir versprühen, um Hindernisse auszuräumen, weiterzukommen oder eine Situation zu entschärfen.
Vermögend und fromm
Jesus ist für Schlagfertigkeit bekannt – und dass er unverblümt antwortet. Nicht selten nimmt ein Gespräch, kaum hat es begonnen, eine unerwartete Wendung. Denn der Mann aus Nazareth bringt die Dinge auf den Punkt, erhellt blitzartig Hintergründe und geht auf verborgene Motive des Herzens ein. Heute trifft er einen einflussreichen Mann, der seinerseits ohne Umschweife zur Sache kommt. Er ist nicht nur vornehm und vermögend, sondern auch fromm – sein Lebensstil sollte ihn dem Wanderprediger empfehlen.
Worauf es ankommt
Die Frage geht aufs Ganze: «Guter Meister, was muss ich tun, um ewiges Leben zu erben?» (Die Bibel, Lukasevangelium 18,18). Damit deutet der Mann an, dass ihm das bisher Erreichte nicht genügt und er ernsthaft nach Höherem strebt. Zu kaufen ist ewiges Leben nicht, vielleicht zu erben. Aber wie? Wie ist das letzte Gut von Gott zu erlangen?
Diese Frage wünscht sich Jesus wohl bei jedem Gegenüber. Denn davon, von Gott und dem, was er den Menschen schenkt, seinem Reich, spricht er die ganze Zeit. Er hört jedes Wort – und geht vorab aufs erste ein: «Was nennst du mich gut?», gibt er zurück. Will er den feinen Versuch des Mannes, übers Kompliment ins Gespräch einzutreten, als Schmeichelei abtun? Empfindet er, jener wolle sich durch die ungewöhnlich wohlwollende Anrede selbst als ethisch hochstehend qualifizieren?
Niemand gut – ausser dem Einen
Jesus lässt es offen. Und liefert gleich den Hauptgrund für seine Gegenfrage nach: «Niemand ist gut ausser Gott.» Den Rang, ganz gut zu sein, kann nur der Eine für sich beanspruchen, der über allen steht. «Niemand ist gut ausser Gott.» Das mag ernüchternd tönen. Jesus betont damit: Bei Gott, bei ihm allein, muss der Massstab für das Gute bleiben; es darf nicht aufgrund dessen, was Menschen leisten, verbilligt, unter Wert verkauft werden.
Über sich selbst sagt Jesus hier nichts: Weder stuft er sich herab, noch hebt er sich in übermenschliche Höhen. Er ist einfach des Lobes voll – für Gott. Mit untrüglichem Bewusstsein für das Echte hört er durch das Kompliment hindurch und misst es an der Wirklichkeit des ewigen Vaters, dem er hundertprozentig verbunden ist.
Gott ist gut – daran hält sich Jesus, das verleiht ihm Kraft und Bestimmtheit. Es gibt auch den Boden für das weitere Gespräch. Denn mit dem Mann, der die Frage nach dem ewigen Leben stellt, ist Jesus gewiss nicht fertig.
Quelle: Jesus.ch